Gesunder Boom?

Fitnessarmbänder: Muckibude am Handgelenk

19.07.15 21:43 Uhr

Fitnessarmbänder: Muckibude am Handgelenk | finanzen.net

Gesund zu leben wird für viele Menschen immer wichtiger. Trendige Motivationshelfer spornen Sportmuffel an - ein großer Wachstumsmarkt.

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von Sonja Funke, Euro am Sonntag

Der Sommer ist da! Der strandtaugliche Body noch nicht? Macht nichts: Einfach das passende Armband übergestreift, schon werden die Schritte zum Astralkörper gezählt. Fitnessarmbänder liegen voll im Trend und sind viel mehr als ein schickes Accessoire. Sie zählen die Schritte und den Herzschlag, messen den Kalorienverbrauch und ermitteln den Schlafzyklus.

Als Personal Trainer am Handgelenk sollen sie den Weg ins Fitnessstudio überflüssig machen und ihren Träger zu mehr Bewegung und einem gesunden Lebensstil animieren. Orientiert an Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht schlagen sie dazu in Verbindung mit einem Smartphone Bewegungsziele vor, erinnern an deren Einhaltung und loben bei ihrem Erreichen.

Multimilliardenmarkt

Die als sogenannte "Wearable Devices", kurz Wearables, bezeichneten tragbaren Minicomputer begannen einst das Gesundheits- und Fitness-Monitoring für den gelegentlichen ­Gebrauch, sind längst hippe Trendprodukte geworden und entwickeln sich immer mehr zu persönlichen Medizingeräten, die in der Lage sind, Gesundheitsindikatoren wie Blutdruck- oder Zuckerwerte präzise zu messen. Bereits 17 Prozent der Bundesbürger besitzen laut der Wirtschaftsberatungsgesellschaft PwC einen oder mehrere dieser Helfer. Jeder Vierte wäre demnach bereit, für ein solches Gerät bis zu 300 Euro hinzublättern. Und fast drei Viertel würden immerhin noch 100 Euro dafür ausgeben.

Ein Multimilliardenmarkt tue sich da weltweit auf, frohlockt die amerikanische Großbank Morgan Stanley. Experten wie der Branchenverband Bitkom rechnen mit jährlichen Wachstumsraten von über 20 Prozent.

Die Armbänder, auch Fitness-­Tracker genannt, gibt es inzwischen von zahlreichen Firmen wie Jawbone, Garmin, Fitbit, Sony und Nike. Je nach Funktion kosten sie meist etwa 100 Euro oder etwas mehr. Die ­Daten über die körperliche Fitness werden mithilfe einer App auf dem Smartphone ausgewertet und visualisiert, sie tragen dem Wunsch nach Feedback Rechnung.

Grundsätzlich seien die Fitnessarmbänder als Motivationshilfe für jeden geeignet, sagt Thomas Niewöhner von der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung in Baunatal. Vor allem für Nichtsportler und Breitensportler sei es interessant, anhand der Aufzeichnungen zu sehen, wie viel oder wie wenig sie sich bewegten. Der große Durchbruch steht den Geräten wohl auch in Deutschland erst noch bevor: Die Analysefirma Gartner rechnet damit, dass der weltweite Absatz in den kommenden fünf Jahren von derzeit 68 Millionen auf 213 Millionen Stück steigen wird.

Konkurrenz macht die im April eingeführte und mit knapp 400 Euro deutlich teurere Apple Watch Sport. Auch sie ermittelt die körperliche Verfassung ihres Trägers und beschert den Fitness-Trackern in diesem Jahr eine kleine Absatzdelle. Und während einige Experten angesichts des Booms von Computer­uhren den anhaltenden Erfolg der Armbandanbieter bezweifeln, sind die Manager des amerikanischen Unternehmens Fitbit überzeugt: Der unerschlossene Markt ist noch so groß, dass für unterschiedliche Geräte Platz ist.

Starkes Börsendebüt

Dem Fitnessspezialisten war Mitte Juni ein starkes Börsen­debüt gelungen. Die Aktie sprang zum Handelsstart um gut 50 Prozent nach oben. Die Firma mit Sitz in San Francisco, die vor allem für ihre Fitness­armbänder bekannt ist, war damit insgesamt mehr als sechs Milliarden Dollar wert.

Mit einem Marktanteil von gut 34 Prozent im ersten Quartal gilt Fitbit als führender Anbieter, der explosiv gewachsen ist. 2014 verdreifachte Fitbit den Umsatz auf 745 Millionen Dollar, der Gewinn kletterte von 51,6 auf 131 Millionen Dollar. 2012 hatte der Umsatz noch bei gut einem Zehntel gelegen. Seit dem Start 2007 verkaufte Fitbit insgesamt 20 Millionen Fitness-­Tracker. Einziger Rückschlag bislang: Das einstige Topmodell Force musste vom Markt genommen werden, nachdem sich Nutzer über Haut­ausschlag beschwert hatten.

Billige Chinesen

Härtester Konkurrent der Amerikaner ist derzeit der chinesische Smartphone-Überflieger Xiaomi. Der Renner, das Band Mi, ist bereits für knapp 20  Euro zu haben. Damit hat ­Xiaomi etwa ein Viertel des weltweiten Geschäfts erobert. Im ersten Quartal - noch vor dem Start der Apple Watch - verkaufte Xiaomi 2,8 Millionen Geräte. Die Chinesen setzen weiterhin auf Angriff: Mit einem Fitness­armband für etwas über zehn Euro will der Konzern weitere Anteile erobern.

Längst interessieren sich auch die Krankenkassen und Versicherer für die Motivationshelfer in Sachen Bewegung. Wer keine Bedenken hat, Daten zum persönlichen Gesundheitszustand preiszugeben, spart womöglich bares Geld. Die Barmer Ersatzkasse etwa lässt Kunden mit Fitnessbändern bereits Punkte sammeln, die in Prämien getauscht oder in Zuzahlungen etwa für Brillen oder Zahnreinigung gewandelt werden können. Das Geschäft der Hersteller dürfte dies weiter antreiben.

Investor-Info

Wearable-Markt
Geschäft im Aufwind

Der weltweite Markt für tragbare elektronische Fitnessgeräte (Wearables) wächst im Schnitt jährlich um 17 Prozent - trotz der Konkurrenz der Computeruhren. Für 2020 prognostiziert die US-Analysefirma Gartner Group einen Absatz von mehr als 200 Millionen Stück. Der Umsatz soll von derzeit 9,1 auf dann 15,8 Milliarden US-Dollar steigen.

Fitbit
Fulminanter Börsenstart

Im Juni gelang dem Fitnessspezialisten ein starkes Börsendebüt. Im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups arbeitet Fitbit klar profitabel. Der Gewinn wurde im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr mit 48 Millionen Dollar fast verfünffacht. Die Aktie ist teuer, als spekulatives Investment aber interessant.

Apple
Auf Erfolgskurs

Die Watch führte das Unternehmen mit lautem Werbegetrommel ein - die erste echte Produktinnovation unter Chef Tim Cook. Wie viele davon die Amerikaner verkauft haben, bleibt indes geheim. Der Umsatzbeitrag dürfte überschaubar sein. Viel wichtiger: das neue iPhone, das im Herbst kommt. Gerüchten zufolge sollen die Kalifornier neue Rekordmengen bei ihren Zulieferern bestellt ­haben. Basisinvestment im Techbereich.

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Bildquellen: JOE KLAMAR/AFP/Getty Images, Ohmega1982 / Shutterstock.com

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