Italienische Aktien verlieren nach Populisten-Aus an Rückenwind
Das politische Chaos in Italien hat am Montag den Aktienmarkt in Mailand erheblich unter Druck gesetzt.
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Aus dem anfänglichen Rückenwind durch die geplatzte Regierungsbildung aus europakritischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Partei Lega wurde schnell Gegenwind. Gewann der FTSE MIB im frühen Handel in der Spitze noch mehr als 2 Prozent, rutsche er danach rasch ins Minus. Am frühen Nachmittag stand er kurzzeitig sogar 2,68 Prozent tiefer.
Zum Handelsschluss verbuchte der italienische Leitindex dann einen Abschlag von 2,08 Prozent auf 21 932,69 Punkten. Die Renditen auf italienische Staatspapiere stiegen am Montag rasant. Am Abend rentierten zehnjährige Anleihen mit bis zu 2,68 Prozent. Dies war der höchste Stand seit der Griechenlandkrise im Sommer 2015. Auch über Italien hinaus gab es starke Verunsicherung. Der Euro fiel am Nachmittag mit 1,1608 US-Dollar auf den tiefsten Stand seit November 2017.
Der italienische Aktienmarkt war von Ende März bis Anfang Mai gut gelaufen. Mit der Verschärfung der politischen Turbulenzen in dem südeuropäischen Land war es mit dem Kurszuwachs dann aber schnell vorbei. Seit seinem Hoch bei 24 544 Punkten am 7. Mai, das den höchsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2009 bedeutete, hat der FTSE MIB inzwischen mehr als 2600 Punkte verloren.
Der gemeinsame Kandidat der bislang angestrebten Populisten-Koalition für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, hatte am Sonntag nach nur vier Tagen den Regierungsauftrag an Staatspräsident Sergio Mattarella zurückgegeben. Grund dafür war vor allem der Streit über die geplante Ernennung des Euro- und Deutschland-Kritikers Paolo Savona zum Finanzminister. Am Montag erteilte der Präsident dem Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli, einem ehemaligen Direktor beim Internationalen Währungsfonds (IWF), den Auftrag zur Bildung einer Übergangsregierung, die das Land in eine Neuwahl führen soll.
Die frühen Kursgewinne bei italienischen Aktien begründeten Marktteilnehmer mit spontaner Erleichterung, denn die Koalitionspläne von Sterne und Lega ließen Konfliktpotenzial mit der EU erkennen und sorgten an den Kapitalmärkten zuletzt für Unsicherheit. Es dauerte aber am Montagvormittag nicht lange, bis sich die Auffassung durchsetzte, dass der Regierungsbildungsprozess vor dem Hintergrund erwarteter Neuwahlen wohl ein Unruhefaktor bleibt. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, hält es für unwahrscheinlich, dass sich die politisch vertrackte Situation dabei in irgendeiner Weise auflösen wird.
"Italien droht für Europa zu einer handfesten Belastungsprobe zu werden", warnte Analyst Daniel Lenz von der DZ Bank. Ohne eine Lösung der politischen Krise werde auch Europa nicht in ruhigeres Fahrwasser einmünden können - die Gefahr einer Rückkehr der Eurostaaten-Finanzkrise eingeschlossen. Angesichts hoher Erfolgsaussichten der Lega bei Neuwahlen seien Spannungen innerhalb des Währungsraums wohl nur aufgeschoben, kommentierte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Italien droht zudem eine Verfassungskrise, weil die Fünf-Sterne-Bewegung ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsident Mattarella einleiten will, da er die Regierungsbildung blockiert hat.
Finanzwerte verloren in Mailand vor diesem Hintergrund besonders stark. Intesa Sanpaolo fielen um 3,24 Prozent und UniCredit um 3,83 Prozent. Mediobanca rauschten um 6,08 Prozent nach unten, Banca Generali um 6,73 Prozent und Fineco Bank als Schlusslicht im FTSE MIB gar um 7,22 Prozent.
Die Experten der Societe Generale blieben angesichts des festgefahrenen politischen Situation in Rom bei ihrer "Underweight"-Einschätzung für italienische Aktien und favorisieren Papiere aus den Kernländern der Eurozone wie Frankreich und Deutschland./ajx/he
MAILAND (dpa-AFX)
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