Geldanlage-Report Armin Brack

Bei Air Berlin geht es weiter drunter und drüber!

31.03.14 14:46 Uhr

Bei Air Berlin geht es weiter drunter und drüber! | finanzen.net

Ja, was denn nun? Am späten Mittwochabend wurde die Bilanzvorlage der strauchelnden Billig-Airline bereits ein zweites Mal verschoben.

Es werde weiter an Maßnahmen für eine Rekapitalisierung gearbeitet, "die zu einer Stärkung des Eigenkapitals und der Liquidität der Air Berlin-Gruppe führen" würden.

Hierzu befindet sich die Gesellschaft in Gesprächen mit Gesellschaftern und Finanzierungspartnern.

"Ein neuer Termin wird im April mitgeteilt werden", hieß es auf der Homepage von Air Berlin.

Spekulationen, dass der Großaktionär Etihad seinen Anteil an der zweitgrößten deutschen Airline von bislang fast 30 Prozent auf knapp 50 Prozent erhöhen will, reißen nicht ab.

Mittelfristig könnte Air Berlin nach einem solchen Coup von der Börse genommen und mit Alitalia verschmolzen werden, wo Etihad derzeit ebenfalls über einen Einstieg verhandelt.

Dafür soll die Airline von der derzeitigen britischen Rechtsform "plc" in eine GmbH umgewandelt werden.

An der Börse sorgten die Gerüchte für Kursaufschläge, weil die Araber ab der kritischen Schwelle von 30 Prozent allen Aktionären ein Übernahme-Pflichtangebot machen müssten.

Einige Kleinanleger hoffen da offenbar auf eine satte Abfindung, könnten aber enttäuscht werden. Schließlich ist die Aktie vergleichsweise hoch bewertet, trotz der miserablen Performance seit Börsenstart.

Wer die Aktien beim Börsenstart im Mai 2006 für rund 12 Euro gekauft hat, sitzt heute bei einem aktuellen Preis pro Wertpapier von knappen 2 Euro auf einem fetten Minus. Für die Alt-Aktionäre wäre ein Abflug von Air Berlin vom Börsenparkett darum auch "eine absolute Frechheit", meint Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Etihad aus dem Emirat Abu Dhabi ist seit Anfang 2012 größter Einzelaktionär bei Air Berlin und hat den Partner in schwieriger Lage mit dreistelligen Millionensummen unterstützt. Noch im Januar wies Etihad-Chef James Hogan zwar Gerüchte zurück, dass er an weiteren Anteilen Air Berlins interessiert sei. Doch das geschah eher halbherzig.

Irgendwie würde ein trickreiches Manöver auch zu Hogan passen. Dieser gilt als kantiger, eisenharter Manager und sein Credo soll angeblich sein: "Zuerst kommt mein Unternehmen, dann lange nichts und was danach noch kommt, interessiert mich ohnehin nicht mehr". Der Spiegel schrieb despektierlich: "Die Namensverwandtschaft des bulligen Hogan mit der Wrestling-Legende Hulk Hogan ist nicht ganz unpassend."

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Hogan bzw. Etihad unzufrieden mit der Sanierung von Air Berlin ist. Das ist auch mehr als verständlich, denn Fortschritte macht das Unternehmen kaum noch: Air Berlin ist seit Jahren angeschlagen und steckt im zweiten Sparprogramm. Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer und sein Finanzchef Ulf Hüttmeyer hatten bereits im November ein Negativ-Ergebnis für 2013 angekündigt - es wäre schon das fünfte in sechs Jahren.

Erwartet wird im operativen Bereich ein Minus (EBIT) zwischen 114 und 132 Millionen Euro nach rund 70 Millionen Euro Plus im Jahr zuvor.

Das Plus kam auch nur deshalb zustande, weil der Konzern von Extraeinnahmen aus dem Verkauf seines Vielfliegerprogramms an Etihad profitierte. Inzwischen ist das Tafelsilber größtenteils verkauft, das Eigenkapital aufgezehrt und die Schulden auf über 800 Millionen Euro gestiegen.

Immer wahrscheinlicher wird, dass Hogan sich mit dem Gründer und ehemaligen Vorstandschef von Air Berlin, Jürgen Hunold, verbünden könnte. Beide trafen sich zuletzt öfter. Hogan als Strippenzieher braucht einen Verbündeten aus der EU:

Eine komplette Übernahme Air Berlins durch Etihad wäre kontraproduktiv, da die Fluggesellschaft dann auf einen Schlag alle Start- und Landerechte verlieren würde bzw. über diese neu verhandelt werden müsste.

Indiz für das neue Dreamteam Hunold und Hogan ist, dass Hunold in den vergangenen Monaten immer öfter Kontakt zum Etihad-Chef hatte und auch in der Air-Berlin-Zentrale in der Hauptstadt öfter präsent war. Außerdem ist er gut bekannt mit dem Ex-Deutschlandchef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, der offenbar eine Schlüsselrolle spielt.

Notheis war 2012 nach einer hochnotpeinlichen "E-Mail-Affäre" in Zusammenhang mit dem milliardenschweren Rückkauf des Energiekonzerns EnBW durch das Land Baden-Württemberg zurückgetreten. "Du solltest nach Aufforderung durch mich Folgendes ausführen ...", diktierte Notheis seinem Kumpanen, dem damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) vor einer Kaufverhandlung - ganz so, als führe er ihn wie einen Tanzbären durch die Manege.

Notheis fädelte den 4,8 Milliarden Euro teuren Aktienkauf für seinen Parteifreund Mappus ein, für den er offenbar auch das Regieren gleich mitbesorgte: Angela Merkel titulierte er in den Mails als "Mutti" und forderte Mappus auf, gegen die Kanzlerin zu opponieren: Weil der Baden-Württemberger drei von zehn Delegierten auf einem CDU-Bundesparteitag stelle, könne er "Angela mit seinen Truppen töten".

Inzwischen arbeitet der ehemalige Investmentbanker als Geschäftsführer von Rantum Capital, einem von Unternehmern und Managern ins Leben gerufenen Fonds, der Geld einsammelt, um es kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

Mit von der Partie in dem exklusiven Club sind unter anderem Joachim Hunold sowie der frühere Metro-Chef Hans-Joachim Körber.

Körber ist derzeit aber auch Aufsichtsratschef der Air Berlin. So schließt sich der Kreis...

MEIN FAZIT:

Wie es mit Air Berlin weitergeht, ist noch offen. Alles spricht nach der blamablen erneuten Verschiebung der Bilanzvorlage aber für die große Lösung: Etihad wird die Macht im Unternehmen ausbauen, vermutlich mithilfe einer deutschen oder einer europäischen Investorengruppe. Und dann wird der Abflug von der Börse wahrscheinlich. Schon allein um Air Berlin "intransparenter" zu machen. Berichterstattungspflichten würden dann wegfallen - Etihad könnte nach eigenem Gutdünken einfach Geld nachschießen.

Kleinanleger, die seit Börsenstart bei Air Berlin investiert sind, müssen sich damit abfinden. Zu lange hat Air Berlin gezeigt, dass es das Unternehmen "allein" offensichtlich nicht schafft. Eine noch engere Kooperation mit dem Konzern vom Golf, der große globale Pläne verfolgt, könnte langfristig sogar positiv sein.

Denn Etihad wird Air Berlin unbedingt am Leben erhalten wollen: Immerhin ist die Fluggesellschaft bedeutender Zubringer für Etihad-Flüge und den Flughafen des Heimat-Emirats Abu Dhabi und damit Türöffner in Europa. Ob das allerdings auch steigende Kurse für die Aktie bringt ist mehr als fraglich. Ich rate von einem Kauf ab.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Nachrichten zu Air Berlin plc

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14.08.2015Air Berlin buyCommerzbank AG
28.04.2015Air Berlin buyCommerzbank AG
18.02.2013Air Berlin kaufenDeutsche Bank AG
26.03.2012Air Berlin kaufenDie Actien-Börse
12.08.2011Air Berlin buyCommerzbank Corp. & Markets
DatumRatingAnalyst
28.04.2015Air Berlin HoldHSBC
15.01.2015Air Berlin NeutralHSBC
13.11.2014Air Berlin HoldCommerzbank AG
04.11.2014Air Berlin HoldCommerzbank AG
05.09.2014Air Berlin HoldCommerzbank AG
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08.12.2014Air Berlin VerkaufenNorddeutsche Landesbank (Nord/LB)
29.08.2014Air Berlin VerkaufenNorddeutsche Landesbank (Nord/LB)
28.08.2014Air Berlin UnderweightHSBC
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19.05.2014Air Berlin VerkaufenNorddeutsche Landesbank (Nord/LB)

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