Bremsklötze für die US-Marktrally: Was US-Anlegern 2024 die Stimmung verderben könnte
Nach einem starken Jahr 2023 lassen es die US-Märkte im neuen Jahr deutlich gemächlicher angehen. Experten sehen eine Reihe von Gegenwindfaktoren für Dow Jones & Co.
• US-Aktienmarkt 2023 mit neuen Rekorden
• 2024 durch zahlreiche Faktoren belastet
• Gegenwind aus dem In- und Ausland
Mit einem satten Plus haben die größten US-Aktienindizes das vergangene Jahr beendet: Der Bluechip-Index Dow Jones legte um fast 14 Prozent zu, für den NASDAQ 100 ging es um über 54 Prozent nach oben und der marktbreite S&P 500 verzeichnete 2023 ein Plus von mehr als 24 Prozent. Getrieben wurden die Märkte von einer sich abschwächenden Inflation einerseits und der Hoffnung auf nahende Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve auf der anderen Seite. Eine mögliche Lockerung der Geldpolitik hatte sogar für neue Allzeithöchststände an den US-Märkten gesorgt.
Geht dem Markt 2024 die Luft aus?
Nachdem das neue Jahr zunächst so hoffnungsvoll begonnen hatte, wie das alte geendet war, ging den US-Börsen aber bereits in den ersten Handelstagen etwas die Luft aus. Ob das Jahr 2024 ähnlich erfolgreich verlaufen wird, wie sein Vorgänger, bleibt abzuwarten, fest steht aber, es gibt eine Reihe von Gegenwindfaktoren für Anleger jenseits des Atlantiks.
So könnte ein rein psychologischer Effekt Anleger dazu verleiten, angesichts der hohen Kursniveaus kalte Füße zu bekommen: "Jedes Mal, wenn es zu einem solchen großen Ausbruch kommt, ist man meiner Meinung nach anfällig für Gewinnmitnahmen", so James St. Aubin, Chef-Investmentstratege bei Sierra Investment Management, in einem Interview mit MarketWatch. "Es würde niemanden überraschen, wenn sich der Markt nach einem starken Anstieg etwas abkühlen würde", so der Experte weiter.
Dafür spricht auch das derzeit hohe Bewertungsniveau von US-Titeln. Insbesondere mit Blick auf ihre europäischen Pendants sind US-Aktien deutlich teurer, was in den vergangenen Monaten immer mehr Skeptiker auf den Plan gerufen hat.
Schnelle Zinssenkungen weniger wahrscheinlich geworden
Zur gedämpften Marktstimmung dürfte auch beitragen, dass einer der Haupttreiber der 2023er-Marktrally, die Hoffnung auf baldige Leitzinssenkungen durch die US-Notenbank, zuletzt an Strahlkraft verloren hatte. Ein Blick auf den US-Aktienmarkt, der sich im Dezember unerwartet stark präsentiert hatte, bestätigt dies. "Die US-Beschäftigung steigt unerwartet stark und das Lohnwachstum bleibt kräftig", zitiert dpa-AFX Ralf Umlauf, einen Analysten der Landesbank Helaba. Daher dürften die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed weiter gedämpft werden. Es gebe also keine Gründe für einen schnellen Zins-Lockerungszyklus der Fed bereits ab dem Frühjahr.
Hinzu kommt: Selbst wenn die Währungshüter liefern und ihre Geldpolitik zeitnah lockern, könnten Anleger dies ebenfalls zum Anlass nehmen und Gewinne einstreichen. Die Sorge, dass mögliche Zinssenkungen in den deutlich gestiegenen Aktienkursen bereits eingepreist sind, hatten Kritiker bereits Ende 2023 formuliert. "Die Märkte glauben bereits dem Gerücht, dass wir 2024 ein besseres Jahr haben werden, dass die Fed die Zinsen senken wird und dass sich die Bandbreite vergrößern wird", zitiert MarktetWatch Experten von Goldman Sachs. "Vielleicht ist das bereits eingepreist."
Berichtssaison wirft ihre Schatten voraus
Zunehmend vorsichtiger werden Anleger auch mit Blick auf die startende Berichtssaison. Am Freitag legen große US-Banken ihre Quartalszahlen vor und geben damit den Startschuss für eine wenig vorhersagbare Saison. Nach drei Quartalen mit rückläufigen Gewinnen war es im dritten Quartal zu einer Gegenbewegung gekommen, auch bedingt durch den KI-Boom und die Tatsache, dass die US-Wirtschaft eine vielerorts vorhergesagte Rezession bislang vermeiden konnte. Ob sich diese Tendenz aber im letzten Jahresviertel fortsetzen und die Unternehmen die hohen Markterwartungen erfüllen können, bleibt unklar.
"Die Märkte erwarten schon seit einiger Zeit ein Gewinnwachstum von 11,7 %. Das ist sehr optimistisch", versuchen die Goldman-Experten die aktuellen Hoffnungen gegenüber MarketWatch in Perspektive zu setzen.
Geopolitik bleibt Risikofaktor
Neben hoch bewerteten Aktien, schwindenden Zinssenkungshoffnungen und einer unklaren Entwicklung der Berichtssaison sind es auch weiterhin insbesondere geopolitische Faktoren, die den US-Märkten im Jahr 2024 einen Dämpfer verpassen könnten. Denn die Konfliktherde aus 2023 bleiben auch im neuen Jahr heiß: Der Krieg in der Ukraine und der eskalierte Nahost-Konflikt dürfte Anleger noch geraume Zeit umtreiben. Hinzu kommt der Handelsstreit zwischen den USA und China, der sich zunehmend verschärft und bei dem kein Ende abzusehen ist. Zusätzlich wird dieser durch den Taiwan-Konflikt angeheizt, der China erst kürzlich dazu veranlasst hat, fünf US-Rüstungsfirmen wegen Waffenverkäufen zu sanktionieren. Die chinesische Regierung hatte den USA vorgeworfen, Waffen an Taiwan verkauft zu haben.
Gegenwindfaktoren auch im Inland
Auch im Inland droht dem US-Aktienmarkt Gegenwind: Die Präsidentschaftswahlen stehen an und noch ist unklar, wer auf republikanischer Seite gegen den voraussichtlich erneut gesetzten Demokraten Joe Biden ins Rennen gegen wird. Die Vorwahlen werfen bereits jetzt ihre Schatten voraus, sie beginnen am 15. Januar und dauern bis Anfang Juni. Dabei könnte besonders der 5. März vorentscheidenden Charakter haben, denn an diesem Tag finden Vorwahlen in gleich 15 Staaten statt.
Neben diesem auf politscher Ebene bedeutenden Ereignis richtet sich der Blick auch auf den US-Staatshaushalt. Es droht ein weiterer Showdown um die Schuldenobergrenze in den USA. Aktuell zeichnet sich keine Einigung zwischen dem amerikanischen Kongress und Präsident Biden ab. Zwar war es im Kongress unlängst zu einem Kompromiss gekommen, mit dem eine Haushaltssperre und damit ein Shutdown im Januar verhindert werden soll, insbesondere die Übereinkunft über die Ausgabenhöhe hatte aber Hardliner unter den Republikanern auf den Plan gerufen, die damit drohen, die Ausgabengesetze zu blockieren. Die Zeit wird knapp, denn bis zum 19. Januar müssen das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus und der von den Demokraten kontrollierte Senat eine Einigung erzielen und Details in einem Gesetz verabschieden.
Bullen vs. Bären am US-Aktienmarkt
Während Pessimisten unter den Analysten und Strategen angesichts der Fülle der Gegenwindfaktoren skeptisch für eine Fortsetzung der 2023-er Rally am US-Aktienmarkt auch im neuen Jahr sind, zeigen sich andere Experten deutlich zuversichtlicher. Ed Yardeni von Yardeni Research traut dem S&P 500 bis zum Jahresende 2024 einen Sprung bis auf 5.400 Punkte zu. Ende 2025 hält er dann sogar 6.000 Zähler für möglich. Auch Lori Calvasina, Analystin bei der RBC, sieht den Markt in 2024 in anhaltendem Rallymodus.
Dieser Einschätzung schließt sich auch Tom Lee von Fundstrat an, jener Experte, der bereits mit seiner Prognose für 2023 am dichtesten an der realen Entwicklung der Aktienmärkte gelegen hatte. Seiner Schätzung nach werde der S&P 500 das Jahr mit 5.200 Punkten beenden. Dabei rechnet Lee auch mit einer positiven Gewinnentwicklung: Der S&P 500 werde im Jahr 2024 ein Gewinnwachstum pro Aktie von elf Prozent auf 240 US-Dollar und im Jahr 2025 ein Wachstum von acht Prozent auf 260 US-Dollar verzeichnen, zeigt er sich zuversichtlich. Diese Prognosen werden vor allem auf eine zyklische Erholung der Gewinne zurückgeführt.
Redaktion finanzen.net
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