Hier stimmt was nicht! Zwei Preise für eine Aktie

von Jörg Lang, €uro am Sonntag

Vor zwei Wochen hatten wir dieses Thema bereits am Beispiel der unterschiedlichen Anteilscheine von Drägerwerk beschrieben. Anders als institutionelle Investoren, die auch auf hohe Handelsumsätze in einer Aktie achten müssen, können Privatanleger problemlos auf die preiswertere Variante setzen, wenn sich der Preis zweier an sich gleichwertiger Titel deutlich unterscheidet.

Ein Beispiel sind die Vorzugs- und Stammaktien von Volkswagen. Die stimmrechtslosen Vorzüge sind im DAX gelistet und teurer als die Stämme. Smarte Anleger ignorieren jedoch auch die VW-Stammaktien und kaufen die Vorzugsaktie von Porsche Automobil Holding (PAH). Aus der gescheiterten Übernahme hat PAH noch etwas mehr als 50 Prozent der Stammaktien von Volkswagen. Zudem liegen in der Holding zehn Euro Bargeld pro Aktie. Umgerechnet erhält ein Anleger für zwei PAH-Aktien eine VW-Stammaktie oder - anders ausgedrückt - die Volkswagen-Aktie mit einem Abschlag von 30 Prozent.

Beteiligungsfirmen wie PAH dienen auch dazu, den Einfluss einer Familie oder einer Interessengruppe hochzuhalten. Bei PAH sind es die Familien Porsche und Piëch, die sich so das Sagen bei VW sichern. Hinter der französischen Beteiligungsfirma FFP steckt die Familie Peugeot. Das Unternehmen gibt es seit 1929, seit 1989 ist es börsennotiert. In der Gesellschaft, die zu 80 Prozent von der Familie gehalten wird, sind diverse Beteiligungen eingebracht.

Größter Brocken sind die Aktien von Peugeot, die rund die Hälfte des Vermögens ausmachen. Dazu kommen weitere Börsenpapiere wie die von Lisi, SEB oder Zodiac. Insgesamt sind diese abzüglich Schulden rund 90 Euro pro FFP-Aktie wert. Der Wert der nicht notierten Beteiligungen beträgt 600 Millionen. Daraus ergibt sich: In Summe wird die Aktie, die aktuell 69 Euro kostet, mit einem Abschlag von 39 Prozent zu ihrem inneren Wert gehandelt.

Auch zu der belgischen Großbank KBC Groep gibt es einen preiswerteren Zugang. Als KBC und der Finanzdienstleister Almanij 2005 zur KBC Groep fusionierten, erhielten die Anteils­eigner Aktien. Das galt auch für den börsennotierten Almanij-Großaktionär Ancora. Der firmiert heute unter KBC Ancora. Die Beteiligungsfirma besitzt 77,5 Millionen Aktien der KBC Groep. Nahezu genauso viele Anteilscheine gibt es von KBC Ancora selbst.

Die Gesellschaft hat Schulden, die sich auf rund fünf Euro pro Aktie belaufen. Im Moment kostet die KBC-Ancora-Aktie 31,80 Euro. Der innere Wert beträgt hingegen 52 Euro. Der Abschlag liegt also bei 38 Prozent. Würden nun KBC Groep und KBC Ancora fusionieren, was einem Aktienrückkauf entspräche, würde der Discount über Nacht aufgelöst werden. Denn eine KBC-Aktie ist nicht mehr wert als eine andere.