Deutsche Bank und Commerzbank loten offiziell Fusion aus - Aktien ziehen deutlich an
Die Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank haben am Montag die Fantasien von Börsianern beflügelt.
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Auch wenn ein Zusammenschluss weiterhin in den Sternen steht, legten die Aktienkurse der Großbanken und der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS deutlich zu. Ob die Euphorie gerechtfertigt ist, könnte sich schon in wenigen Wochen zeigen. Dem Vernehmen nach soll spätestens vor den Hauptversammlungen der Banken am 22. und 23. Mai klar sein, ob die Verhandlungen weitergehen - oder das Thema "Deutsche Commerz" zu den Akten gelegt wird.
Beide Banken hatten am Sonntag nach monatelangen Spekulationen angekündigt, dass sie Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss aufnehmen. Sie betonten jedoch, dass eine Fusion keine ausgemachte Sache sei. Beide wollen sich nun gegenseitig in die Geschäftsbücher schauen. Am Donnerstag treffen sich getrennt voneinander auch die Aufsichtsräte beider Konzerne. Diese Termine stehen schon länger fest. Trotzdem dürfte das Fusionsthema in den Kontrollgremien zur Sprache kommen.
Tausende Arbeitsplätze bedroht?
Angesichts der Fusionsgespräche wächst die Sorge vor dem Verlust Tausender Jobs bei den Instituten. "Wir schauen natürlich auf die Zukunft der Arbeitsplätze, um die es geht", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun am Montag bei einem "Bild"-Talk in Berlin. Wenn es - wie berichtet - zu tausenden Arbeitsplatzverlusten käme, "dann ist das natürlich ein schwieriger Befund", sagte der CDU-Politiker. Der Bund ist seit der Finanzkrise mit 15 Prozent größter Aktionär der Commerzbank. An der Börse beflügelte die Aussicht auf eine Großbanken-Fusion die Kurse der beiden Institute.
Die Gewerkschaft Verdi will aktiv gegen einen möglichen drastischen Arbeitsplatzabbau im Fall eines Zusammenschlusses der beiden führen deutschen Privatbanken eintreten. "Dass da einfach zugeguckt wird, davon kann niemand ernsthaft ausgehen", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Es sei damit zu rechnen, dass bis zu 30 000 Arbeitsplätze dort "im Feuer" stehen: "Wir werden das sehr kritisch begleiten, und das auch mit unseren Möglichkeiten in den Aufsichtsgremien in der Deutschen Bank und der Commerzbank." Ende 2018 beschäftigten beide Institute zusammen gut 133 000 Vollzeitkräfte.
Das Finanzministerium ist nach Angaben eines Sprechers nicht an den Fusionsgesprächen beteiligt. Man nehme die Gespräche zur Kenntnis, man begleite sie aber nicht, sagte Sprecher Steffen Hebestreit.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken. Zuletzt hatte es Medienberichte gegeben, Scholz und Kukies hätten die Bankchefs Christian Sewing und Martin Zielke gedrängt, ein Zusammengehen zu prüfen - idealerweise vor der Europawahl Ende Mai. Hebestreit sagte: "Ich habe keinen Druck wahrgenommen seitens des Bundesministeriums der Finanzen."
Zu den Gesprächen zwischen beiden Instituten wollte Scholz bei einer Konferenz in Berlin keine Stellung beziehen. "Es sind private Banken, sie treffen ihre eigenen Entscheidungen", sagte er. Grundsätzlich sieht Scholz auch große Banken durch EU-Regeln gut abgesichert.
Bankenfusion im Sinne der Politik
Die Politik macht schon lange Druck in Richtung einer Fusion. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken. Zuletzt hatte es wiederholt Medienberichte gegeben, Scholz und Kukies hätten die Bankchefs Sewing und Zielke gedrängt, ein Zusammengehen zu prüfen - idealerweise vor der Europawahl Ende Mai. Ministeriumssprecher Hebestreit sagte am Montag: "Ich habe keinen Druck wahrgenommen seitens des Bundesministeriums der Finanzen."
Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, sieht bei einer Fusion kaum Wettbewerbsprobleme, aber ein Systemrisiko. "Einiges deutet darauf hin, dass die Kartellbehörden den Zusammenschluss, gegebenenfalls unter Auflagen, freigeben würden", sagte Wambach, dessen Kommission die Bundesregierung berät, der "Rheinischen Post". Aber: "Durch den Zusammenschluss entsteht möglicherweise eine neue Bedrohung für die Finanzwelt, nämlich durch einen Anstieg des Systemrisikos."
Commerzbank-Aktionäre dürften am meisten profitieren
Nach Ansicht des Banken-Analysten Kian Abouhossein von JPMorgan Chase könnten von einer Fusion vor allem die Aktionäre der Commerzbank profitieren. Das Institut sei für jede am deutschen Markt interessierte Bank eine gute Wahl, schrieb der Experte. Sollte es zu einer "deutschen Lösung" kommen, müsste der Käufer einen Bewertungsaufschlag zahlen, schätzt er. Größter Aktionär der Commerzbank ist mit 15 Prozent der deutsche Staat, der das Institut in der Finanzkrise vor zehn Jahren mit Milliardensummen vor dem Untergang gerettet hatte.
An der Börse ist die Deutsche Bank - immerhin Deutschlands größtes Geldhaus - aktuell gerade noch gut 16 Milliarden Euro wert, die Commerzbank rund 9 Milliarden Euro (Stand 15.3.2019). In der Weltspitze spielen die beiden größten börsennotierten deutschen Banken damit nicht mehr mit.
Verkauft die Deutsche Bank DWS-Anteile?
Um das Geld für eine Fusion und einen voraussichtlich teuren Stellenabbau zusammenzubekommen, müsste die Deutsche Bank laut Experten eine Milliardensumme aufbringen. Dafür könnte die Deutsche Bank laut Insidern ihre Fondstochter DWS verkaufen. Seit dem Börsengang des Fondsanbieters vor einem Jahr hält die Bank noch rund 78 Prozent der DWS-Aktien. Nach dem jüngsten Kurssprung bei der DWS wären diese Anteile zusammen rund 4,75 Milliarden Euro wert.
Als möglichen Kaufinteressenten haben Investmentbanker offenbar Europas größten Versicherer Allianz im Auge. Dessen Interesse gilt Händlern zufolge jedoch keineswegs als sicher. Der Münchner Konzern ist bereits mit seinem Vermögensverwaltern Pimco und Allianz Global Investors im Fondsgeschäft vertreten. Sprecher von Deutscher Bank und Allianz wollten sich dazu am Sonntag nicht äußern. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg sträubt sich Deutsche-Bank-Chef Sewing gegen einen Verkauf der DWS.
Banken-Aktien in der Gunst der Anleger
Die Anleger im deutschen Bankensektor haben am Montag in Fusionseuphorie geschwelgt. Den Aktien der großen Frankfurter Finanzhäuser gab es kräftigen Rückenwind, dass die lange spekulierten Fusionsgespräche am Wochenende offiziell geworden sind - wenn auch ergebnisoffen. Im DAX nahmen die Aktien der Deutschen Bank mit einem Sprung um 4,15 Prozent die Spitze ein. Im MDAX wurde dies von jenen der Commerzbank mit einem Kurssprung um 7,2 Prozent noch übertrumpft. Sie erreichten ein Hoch seit Anfang Dezember.
Laut Analyst Christian Koch von der DZ Bank reagieren beide Seiten mit dem Schritt auf den Druck seitens der Politik, die einen nationalen Champion im Bankensektor schmieden wolle. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken. Gerade die Commerzbank kann aber größenmäßig im europäischen Vergleich nicht mithalten. Gemeinsam könnten es beide Institute hinsichtlich der Bilanzsumme mit Größen wie etwa der französischen BNP Paribas aufnehmen.
Im Erfolgsfalle äußerten einige Analysten eine gewisse Präferenz für die Commerzbank-Titel. Laut dem DZ-Experten Koch wäre es im Falle einer tatsächlichen Fusion das wahrscheinlichste Szenario, dass die Commerzbank-Aktionäre neue Aktien der Deutschen Bank mit einer Prämie von weniger als 10 Prozent erhalten.
Entsprechend rechnet auch der bekannte Banken-Analyst Kian Abouhossein von JPMorgan im Erfolgsfall mit einem Bewertungsaufschlag für die Commerzbank-Papiere, bei denen er Lob für das Verhältnis von Chancen und Risiken übrig hat. Er sieht in dem zweitgrößten deutschen Institut zwar auch ein interessantes Objekt für ausländische Institute, um in den großen deutschen Markt einzusteigen. Eine inländische Lösung sei derzeit aber wahrscheinlicher als eine über Grenzen hinweg.
Viele Experten warnen derweil aber vor zuviel Optimismus. Angesichts zurückhaltender Äußerungen beider Institute betonte Michael Seufert von der NordLB, dass sich Hoffnung auf einen großen Wurf sicherlich anders anhöre. "Aus unserer Sicht löst eine Fusion der beiden deutschen Großbanken kein einziges ihrer Probleme", gab sich der Experte am Montag kritisch. Er hält es für möglich, dass der Markt zunächst die Chancen einer Fusion überbewerten und die Risiken vernachlässigen wird - und sieht daher in steigenden Kursen bei den Commerzbank-Titeln eine gute Ausstiegsgelegenheit.
Auch nach Ansicht von DZ-Bank-Analyst Koch überwiegt nach derzeitigem Stand die Wahrscheinlichkeit, dass beide Banken am Ende auf eine Fusion verzichten und die Spekulationen zu einem Ende kommen werden. Unter anderem sprächen Umsetzungrisiken, Synergiepotenziale und drohende Kapitalanforderungen gegen eine Fusion, die nur unter optimistischen Annahmen für die Aktionäre wertschaffend erscheine.
Zum Treiber wurden die jüngsten Berichte am Montag derweil auch bei der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS, deren Aktien zeitweise um 15 Prozent auf den Stand von Mai 2018 nach oben schossen. Am Ende behaupteten sie immerhin noch ein Plus von mehr als 9 Prozent. Für eine mögliche Fusion könnte die Deutsche Bank laut Insidern Finanzmittel frei machen, indem sie sich von der DWS trennt.
Analysten von JPMorgan oder der DZ Bank sprachen von einem Szenario, bei dem Investmentbanker auch über die Allianz als potenziellen Käufer diskutierten - dies gelte jedoch als eher unwahrscheinlich. Aktien des Versicherers gaben gleichauf mit dem DAX leicht nach. Sprecher der Unternehmen wollten all dies nicht kommentieren.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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08.11.2023 | Commerzbank Underweight | Barclays Capital |
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