Terror und Tourismus: Nordafrikas Wirtschaft in Gefahr
Längst nicht alle Hoffnungen haben sich nach den Protesten und Umstürzen in Nordafrika vor vier Jahren erfüllt. Nun lähmt ein Anschlag das demokratische Vorbild Tunesien erneut.
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von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Es war eine Tragödie in paradiesischer Umgebung. Am Strand des tunesischen Badeorts Sousse erschoss ein Attentäter vor über zwei Woche 39 Menschen. Niemals zuvor hatte ein Anschlag in Tunesien so viele Opfer gefordert. Sowohl Touristen als auch Einheimische trauern seitdem um die Toten.
Für das kleine nordafrikanische Land ist das Attentat nicht nur menschlich, sondern auch wirtschaftlich eine Katastrophe. Eine der Haupteinnahmequellen ist der Tourismus. Der dürfte in den kommenden Monaten deutlich zurückgehen.
Der Anschlag hat eine hohe Symbolkraft, weil er mit Tunesien ein Land getroffen hat, das als Musterbeispiel für einen demokratischen Wandel in Nordafrika gilt. Im Herbst 2014 hatten die Bürger erstmals ein freies Parlament gewählt, nachdem sie 2011 den autokratischen Herrscher Ben Ali während des sogenannten Arabischen Frühlings gestürzt hatten.
Für diesen Prozess erhielt das Land international viel Lob. "Das Land braucht aber kein Lob, sondern wirtschaftliche und finanzielle Hilfe", mahnt Malek Bou-Diab, der mit seinem Aktienfonds BB African Opportunities in Tunesien investiert ist (siehe Investor-Info). Die Bewohner des Landes hätten die Hoffnung, dass Demokratie gleichbedeutend sei mit einer besseren Wirtschaft. "Kommt diese nicht, kann sich die Stimmung auch schnell umkehren", sagt Bou-Diab. Die Lage in Tunesien sei schon vor dem Attentat schwierig gewesen, jetzt werde sie noch schwieriger. Auch andere Wirtschaftszweige sind mit dem Tourismus verknüpft.
Ägypten aussichtsreicher
In Ägypten, das sich ebenfalls während des Arabischen Frühlings von seinem Dauerpräsidenten Husni Mubarak befreit hatte, sind die wirtschaftlichen Aussichten besser. Dies liegt in erster Linie an den umfangreichen Investitionen, die insbesondere die Staaten der Golfregion dort tätigen. Sie treiben vor allem den Infrastruktursektor mit den Bereichen Bau und Energieversorgung an. Auch Banken profitieren.Politisch erhält Ägypten von internationaler Seite aber deutlich weniger Zuspruch als Tunesien. Denn Präsident Abd al-Fattah as-Sisi regiert per Dekret - ein Parlament gibt es nicht, seit Sisi vor zwei Jahren gegen den damaligen Präsidenten Mursi putschte. Zudem ist auch Ägypten Ziel von Anschlägen: Erst am Montag wurde der Generalstaatsanwalt des Landes bei einem Attentat getötet, Mitte der Woche kamen über 100 Menschen bei einem Angriff der Terrororganisation IS ums Leben. "Doch zumindest ist derzeit eine wirtschaftliche Stabilität erkennbar", sagt Akhilesh Baveja, der den Magna MENA managt.
Auch in Marokko gab es während des Arabischen Frühlings Proteste, ein Umsturz blieb aus. Stattdessen wurde die Verfassung geändert und die Befugnisse des Königs etwas eingeschränkt. Das Land gilt als eines der stabilsten Länder der Region und die Regierung bemüht sich, die Wirtschaft anzukurbeln. "Das Land ist auf gutem Weg, aber es könnte noch etwas schneller gehen", so Bou-Diab.
Wegen der soliden ökonomischen Aussichten, aber auch wegen des größeren Markts finden beide Fondsmanager vor allem in Ägypten Investitionsgelegenheiten. Bou-Diab erwartet, dass der breite Markt binnen sechs bis neun Monaten wieder anziehen wird. Weil sich der volatile Leitindex seit Januar schlecht entwickelt hat, liegt er auf Jahressicht nur drei Prozent im Plus. Für Marokko rechnet der Manager vor allem dann mit einem Aufschwung, wenn die Zahl der Börsengänge zunimmt. In Tunesien hält er ein breites Anziehen der Kurse dagegen für unwahrscheinlich.
Investor-Info
BB African Opportunities
Ganz Afrika in einem Produkt
Wer in Nordafrika investieren will, hat die Wahl zwischen zwei Arten von Fonds. Die einen verknüpfen die Region mit den Golfstaaten (siehe unten), die anderen konzentrieren sich auf den afrikanischen Kontinent. Der BB African Opportunities gehört zur zweiten Kategorie. Im Portfolio von Malek Bou-Diab finden sich zurzeit besonders viele ägyptische Aktien (40 Prozent). Titel aus Südafrika, Kenia und Marokko haben einen Anteil von jeweils elf Prozent. Der Fonds ist das beste reine Afrika-Produkt über drei Jahre.
Magna MENA
Nordafrika und Golfregion
Der Fonds von Charlemagne Capital investiert in die Länder Nordafrikas und in Golfstaaten wie Saudi-Arabien. Letztere dominieren das Portfolio bei Weitem, Ägypten macht als einziges Land Nordafrikas immerhin knapp ein Fünftel des Fondsvermögens aus. Wegen des Fokus auf die Golfregion erzielte Manager Akhilesh Baveja eine enorme Rendite von rund 130 Prozent in den vergangenen drei Jahren.Weitere News
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