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Starke Rekorde: Das Erfolgsgeheimnis der US-Traditionsblätter und ihrer Aktien

09.03.20 01:00 Uhr

Starke Rekorde: Das Erfolgsgeheimnis der US-Traditionsblätter und ihrer Aktien | finanzen.net

Trotz Branchenkrise melden große US-Zeitungen wie die "New York Times" oder das renommierte "Wall Street Journal" Rekord-Leserzahlen. Woran das liegt und wie die Perspektiven sind.

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von Tim Schäfer, Euro am Sonntag

Mit der Billigmasche ist es vorbei. Mark Thompson, der Verlagschef der "New York Times" ("NYT"), schuf die Schnäppchen-Abos ab. "Die Konsumenten wissen heutzutage, dass sie für Content bezahlen müssen", erklärte Thompson auf einer Investorenkonferenz der Schweizer Bank UBS im New Yorker Hilton Hotel. "Dieser Trend ist nicht nur in den USA zu beobachten, sondern zunehmend weltweit."

Der Chef der Zeitungslegende stellte die extremsten Auswüchse des Billigtrends ein, etwa dieses Sonderangebot: vier Wochen Digitalzugang zur "NYT" für 99 Cent. Viele Kunden hätten diese Abos nicht verlängert, so Thompson. Das digitale Angebot kostet stattdessen für Neukunden zwei Dollar pro Woche, ein ganzes Jahr gibt es für 96 Dollar. "Das läuft gut", sagt der Verlagschef. Aber selbst das genügt ihm nicht: Der Zeitungsboss läutet neue Preiserhöhungsrunden ein.

Thompson hat Grund zur Zuversicht. Das Jahr 2019 brachte einen Rekord an digitalen Abos, über eine Million Neukunden kamen hinzu. Einschließlich der Druckausgabe hat die "NYT" jetzt 5,25 Millionen Kunden - ein Rekord für die bereits 1851 gegründete "Gray Lady". Vor neun Jahren führte die überre­gionale US-Zeitung das Online-Abo ein. Mittlerweile setzt der Bereich 800 Millionen Dollar pro Jahr um.

Der digitale Boom hat die Leserschaft von Traditionsblättern wie der "NYT" oder des renommierten "Wall Street Journal" verjüngt. Die Verlage erweitern ihr Angebot um Podcasts, Radiosendungen und TV-Shows. "The Daily" der "NYT" ist einer der erfolgreichsten Pod­casts weltweit mit zwei Millionen Hörern täglich. Den 20 bis 25 Minuten langen Webstreams lauschen überwiegend Millennials. Auch beim Podcast denkt Thompson darüber nach, Geld zu verlangen. Die Herausforderung sei, das gibt er zu, aus den Podcast-Fans Zeitungsabonnenten zu machen.

Beim "Wall Street Journal" (WSJ), das zum Verlag Dow Jones & Company und damit zum Medienimperium News Corp des Patriarchen Rupert Murdoch gehört, ist die Stimmung ähnlich gut. Das "WSJ" überschritt jüngst erstmals die Marke von zwei Millionen digitalen Abos. Insgesamt hat der Verlag Dow ­Jones, zu dem auch die Börsenzeitung "Barron’s" gehört, über 3,5 Millionen Kunden - auch das eine neue Spitzenmarke. Das Anlegermagazin "Barron’s" baute binnen Jahresfrist seinen Abonnentenstamm um acht Prozent auf 615.000 Leser aus.

Der Chef von News Corp, Robert Thomson, brüstet sich damit, dass der Verlagsumsatz im Weihnachtsquartal 2019 um vier Prozent gestiegen sei. Der Umsatz von Dow Jones speist sich zu 57 Prozent aus digitalen Quellen. Zum Vergleich: Bei der New York Times Company sind es erst 44 Prozent.

Apps will die "NYT" künftig visueller machen. 200 Content-Produkte erstellt die Redaktion pro Tag, mit rund 1.600 Mitarbeitern die größte in den USA. Während das "WSJ" den Content hinter einer strikten Paywall hat, also alle Inhalte bezahlt werden müssen, ist die "New York Times" bewusst löchriger.

Goldgrube Rätselecke


Neben dem "The Daily"-Podcast ist auch die Fernsehsendung "The Weekly" eine Erfindung der "NYT". Beide Formate sorgen für zusätzliche Werbeeinnahmen. Chef Thompson hat weitere ungewöhnliche Ideen: Das Rätsel- und das Kochsegment der Zeitung etwa können Fans extra abonnieren, es sind Goldgruben. Künftig dürften auch Zukäufe hinzukommen: "Wir haben eine schlagkräftige Kriegskasse und sind sehr stolz darauf. Und wir haben einen positiven freien Cashflow. Angesichts der digitalen Zukunft ist es wichtig, flexibel zu sein", sagt Thompson.

Das vor allem bei Aktien-affinen Lesern beliebte "WSJ" setzt auf eine Hochpreisstrategie. Das Abo ist teurer als das der "NYT". Allerdings ködert die Dow-Jones-Gruppe, die auch durch Indizes wie den Dow Jones Industrial bekannt ist, gern mal Neukunden. Anlässlich des Presidents’ Day etwa warb das Wirtschaftsblatt Neukunden mit spottbilligen zwei Monaten für 1,00 Dollar.

Der Konzern wird derweil kräftig umgebaut. News Corp verkaufte seine Bildungssparte, stieg dafür bei Immobilienportalen in den USA sowie in Australien ein. In Melbourne beteiligte sich der Murdoch-Clan mehrheitlich am börsennotierten Immoportal Rea Group, das die iProperty Group in Malaysia übernahm, den Marktführer Südostasiens.

Superreiche lieben Zeitungen


Milliardäre legen sich gern eine Zeitung aus Imagegründen zu - oder um offiziell den Qualitätsjournalismus zu fördern. Amazon-Gründer Jeff Bezos etwa erwarb die "Washington Post", IT-Milliardär Marc Benioff das berühmte "Time Magazine".

Ein anderer Superreicher hingegen verabschiedete sich aus dem Geschäft: Warren Buffett. Eigentlich ist es Maxime der Investmentlegende, gekaufte Familienbetriebe ewig zu behalten. Doch bei 31 Regionalzeitungen, darunter "The Buffalo News", die er seit 1977 besaß, verlor Buffett die Geduld. Für 140 Millionen Dollar verkaufte er. Schließlich sind Lokalzeitungen mit am härtesten von der Branchenkrise betroffen. "Selbst in einer sich verbessernden Wirtschaft sinken Auflage und Werbeerlöse. Das Geschäft schrumpft in Gegenden, die Probleme haben. Und selbst in boomenden Städten schrumpft es", jammerte Buffett.

Andere Verlage versuchen sich in Fusionen zu retten. Die auf Lokales spezialisierte US-Gruppe New Media Investment verschmolz zuletzt mit dem Großverlag Gannett. Mehr als 250 Tageszeitungen, darunter die bekannte "USA Today", sowie Hunderte Wochenpublikationen sind nun unter einem Dach. Obwohl die Fusion enorme Synergien verspricht, war die Wall Street nicht begeistert. Der Kurs von Gannett fiel - wie auch im "WSJ" zu lesen war.

Investor-Info

New York Times Company
Wachstum schwarz auf weiß


Die Zeitung kehrt schwungvoll zurück. Der linksliberale Verlag fokussiert sich auf Online-Abos und exklusive Werbepartnerschaften wie etwa mit Verizon. Die Bereitschaft der Kunden, für digitale Inhalte zu zahlen, nimmt zu. Rund 1.600 Journalisten, so viele wie nie zuvor, sind im Einsatz und erschließen über Digitalkanäle auch jüngere Kundengruppen. Analysten rechnen im laufenden und im ­kommenden Jahr mit einem Umsatzplus von 4,8 beziehungsweise 5,8 Prozent. Die ­Gewinnmarge soll weiter steigen. Die Bewertung ist schon anspruchsvoll, die Dividendenrendite liegt unter einem Prozent. Aber der Wachstumstrend stimmt.






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Bildquellen: mbbirdy/iStock, andrearoad/iStock

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