Experten: Bund braucht Strategie für den 'Globalen Süden'
BERLIN (dpa-AFX) - Eine Expertenkommission mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft fordert von der nächsten Bundesregierung eine strategische Zusammenarbeit mit den Ländern des sogenannten Globalen Südens. Bilaterale Partnerschaften zu den einzelnen Ländern sollten über einen nationalen Sicherheitsrat koordiniert werden, heißt es in dem Bericht, den die Kommissionsvorsitzende und frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in Berlin vorstellte.
Als Aufgabe für einen nationalen Sicherheitsrat in Deutschland sieht die Kommission den Aufbau einer Datenbank, in der ressortübergreifend Ansprechpartner, Projekte und geopolitische Analysen zu den einzelnen Ländern verwaltet werden sollen. Auf dieser Basis soll es mehr Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien geben.
Ein wichtiger Punkt für Deutschland sei auch die Einwanderung von dringend benötigten Arbeitskräften. Diese solle über eine nationale Einwanderungsagentur ebenfalls zentral organisiert werden, sagte Kramp-Karrenbauer. In Kanada und den Vereinigten Staaten gebe es solche Agenturen schon. "Das ist etwas anderes als ein Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, hat einen ganz anderen Impetus, und das ist das, was wir angehen wollen."
Länder wollen Verhandlungen auf Augenhöhe
Mit dem Begriff "Globaler Süden" sind oft Länder in Lateinamerika, Afrika, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Asien gemeint. Für den Bericht hat die Kommission Anhörungen mit mehr als 45 Expertinnen und Experten aus diesen Ländern sowie aus Europa ausgewertet. Behandelte Themen waren unter anderem Arbeitsmigration, staatliche und private Investitionen, Klimafinanzierung sowie der Wettbewerb um Rohstoffe.
Die Vertreter der anderen Länder hätten zwei Rückmeldungen besonders häufig gegeben, berichtete Kramp-Karrenbauer: "Wir wissen nicht genau, was die deutschen Interessen sind. Es wird immer ein bisschen verschämt verschwiegen. Und: Wir würden gerne mit euch auf Augenhöhe verhandeln." Junge Politiker und Unternehmer in afrikanischen und asiatischen Ländern seien selbstbewusster geworden, sagte die Kommissionsvorsitzende. Sie erwarteten, dass beide Seiten Interessen klar benennen könnten.
Die Kommission "Welt im Umbruch - Deutschland und der Globale Süden" wurde von der Initiative "Global Perspectives" (GPI) einberufen. Ihr gehören unter anderem der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) und Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgeforschung, an./rgr/DP/stk