Chaos oder Chance? Was die Regierungskrise für Ihr Geld bedeutet
Die Märkte haben das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen gut weggesteckt, die Wirtschaft mahnt. Welche Folgen die politischen Turbulenzen für Anleger haben.
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von C. Platt
und A. Zehbe, Euro am Sonntag
Der Knall war laut, als der Traum von einer Jamaika-Koalition am 29. November (Sonntag) platzte. Um 23.50 Uhr verkündete FDP-Chef Christian Lindner, seine Partei werde sich aus den Verhandlungen zurückziehen. Die drei willigen Parteien CDU, CSU und Grüne blieben zurück - irritiert, verärgert, brüskiert.
Was dann in den vergangenen Tagen in Berlin folgte, war eine Zeit der Schuldzuweisungen, der Forderungen und der Suche nach einem Weg aus der Krise. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier traf sich mit Angela Merkel und Vertretern der anderen Parteien, Martin Schulz blieb zunächst bei seinem Nein zu einer Großen Koalition, die verschiedenen Szenarien wurden durchgespielt. Sie reichen von Großer Koalition über Minderheitsregierung bis zu Neuwahlen. Auch die Möglichkeit, dass die Jamaika-Parteien doch noch zusammenfinden, wird diskutiert. "Noch sind nicht alle Stricke gerissen", sagt Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, mit Blick auf die Sondierer.
So sehr Deutschland politisch erschüttert ist, so gelassen gaben sich die Aktienmärkte. Wieder einmal scheint sich das Sprichwort von den politischen Börsen mit den kurzen Beinen zu bewahrheiten. Der DAX gab am Montagmorgen nur kurz nach und schloss am Ende von Tag eins nach dem Scheitern der Gespräche klar im Plus. Am Dienstag kletterte der deutsche Leitindex gar um 0,8 Prozent nach oben. Für die Kursschwäche am Mittwoch war der starke Euro verantwortlich, nicht jedoch die Unruhe in Berlin.
Politik und Gesellschaft mögen von der überraschenden Wendung betroffen sein, die deutsche Wirtschaft und die Finanzmärkte sind es nicht. "Die Stimmung in den Unternehmen ist so gut, dass die Wirtschaft eine solche Störung vertragen kann", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Deutschlands Konjunktur brummt, das Bruttoinlandsprodukt wird 2017 voraussichtlich um 2,3 Prozent wachsen. Die Konzerne sind extrem optimistisch - der Ifo-Geschäftsklimaindex etwa befindet sich auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Und die Arbeitslosigkeit ist mit 5,4 Prozent so niedrig wie seit mehr als 25 Jahren nicht mehr. "Selbst wenn nun drei Monate Unsicherheit bevorstehen, wäre das nur von begrenzter Bedeutung", meint Schmieding.
Auch wenn Anleger stets wachsam sein sollten: Die aktuelle politische Situation verursacht keinen Handlungsbedarf. An den Aussichten der Unternehmen hat sich durch das Scheitern der Sondierungsgespräche nichts geändert. "Eine grundlegende Politikänderung, die anlagerelevant wird, ist nicht erkennbar", sagt Schmieding. Und für die Weltwirtschaft, die sich in einem synchronen Aufschwung befindet, sind die Geschehnisse in Berlin ohnehin nicht mehr als eine Randnotiz.
Neu zu bewerten wäre die Situation nur, wenn es zu extremen Veränderungen in der politischen Landschaft in Deutschland kommen würde. "Eine Regierungsbeteiligung der Linken würde eine erhebliche Unsicherheit auslösen", erläutert Schmieding. Gleiches gilt für eine Beteiligung der AfD, die allerdings noch weitaus unwahrscheinlicher als die der Linken ist.
Obwohl sich die Finanzmärkte unbeeindruckt gezeigt haben, sollten Anleger nicht in Euphorie ausbrechen. "Wenn ich jetzt einen größeren Betrag anzulegen hätte, wäre ich kurzfristig etwas vorsichtiger. Mittelfristig sollte der Aktienmarkt aber Potenzial haben, solange der Konjunkturzyklus weiterläuft", sagt Johannes Müller, Leiter Macro Research der Deutschen Asset Management. Der Anlagestratege denkt bei dieser Warnung aber weniger an das Platzen der Sondierungsgespräche als vielmehr an mögliche Übertreibungen auf den Aktienmärkten in Form hoher Bewertungen und einer Hausse, die seit Monaten ohne nennenswerte Rücksetzer auskommt.
Vier Szenarien denkbar
Beim Blick auf die vier politischen Szenarien, die derzeit möglich erscheinen, zeigt sich, dass keines davon für die deutsche Wirtschaft ein Drama wäre. Die erste Variante wäre, dass sich die Jamaika-Parteien doch noch einmal zusammensetzen und eine Einigung erzielen. In diesem Fall erscheint es wahrscheinlich, dass die FDP gestärkt daraus hervorginge. Eine liberalere Wirtschaftspolitik würden Unternehmen und Aktienmärkte begrüßen.
In Variante zwei gibt die SPD ihre Verweigerungshaltung auf und ermöglicht eine Große Koalition. Medienberichten zufolge will Bundespräsident Steinmeier sich in dieser Woche mit Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Schulz zu einem gemeinsamen Gespräch im Schloss Bellevue treffen. Das "Weiter so", das in diesem Fall wahrscheinlich wäre, muss für die Wirtschaft nicht schlecht sein. "Die Große Koalition ist in den vergangenen vier Jahren für die Wirtschaft trotz einiger Reformrückschritte am Arbeitsmarkt insgesamt nicht schlecht gewesen, deshalb wäre eine Fortsetzung okay", sagt Volkswirt Schmieding.
Szenario Nummer drei ist eine Minderheitsregierung der Union. Zwar wurde Deutschland noch nie so geführt, doch Grund zu großer Sorge besteht nicht. "Auch eine Minderheitsregierung kann eine vernünftige und stabile Wirtschaftspolitik betreiben", sagt Anlagestratege Müller. Andere Länder in Europa zeigen regelmäßig, dass ein solches Modell funktionieren kann. Markantes Beispiel ist aktuell Spanien, das trotz Minderheitsregierung mit glänzenden Wachstumszahlen aufwartet.
Das vierte Szenario, Neuwahlen, birgt den größten Unsicherheitsfaktor, denn der Ausgang ist ungewiss. Dennoch dürften sich die Auswirkungen in Grenzen halten. "Bei Neuwahlen ist kein radikaler Politikwechsel zu erwarten", meint Schmieding.
Die deutsche Wirtschaft als Ganzes dürfte von der kurzfristigen Unsicherheit zwar nicht betroffen werden. Doch einzelne Branchen sind empfindlicher gegenüber Änderungen der politischen Landschaft und könnten - je nach weiterem Verlauf - profitieren oder belastet werden.
Insbesondere der Automobil- und der Energiesektor wären erleichtert, wenn die Grünen nicht ihre Handschrift als Regierungspartei hinterlassen könnten. Umgekehrt dürften alle Unternehmen, die mit regenerativen Energien ihr Geld verdienen, darunter leiden, wenn grüne Politik eine geringere Rolle spielt.
Von einer Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, wie sie CDU und FDP planen, hätten vor allem Hochlohnbranchen wie der Maschinenbau etwas, denn dies würde ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der ausländischen Konkurrenz stärken. Eine flexiblere Arbeitswelt kann aber auch negative Folgen haben: Sind Arbeitsplätze weniger sicher und fehlen soziale Instrumente wie Mindestlohn oder Mindestrente, wie sie die Grünen fordern, kann das Zukunftsängste verstärken. Ein schwächerer Konsum wäre die Folge.
Eine stärkere Rolle der FDP könnte zudem dazu führen, dass die Mietpreisbremse abgeschafft wird. Nutznießer wäre der Immobiliensektor.
Zu den Bereichen, die von einer möglichen Neuordnung der Parteien betroffen sein könnten, zählt auch das Gesundheitswesen. Sollte die SPD doch noch in eine Große Koalition einschwenken, käme das Thema Bürgerversicherung wieder auf den Tisch. "Das wäre ein kritisches Thema für die deutschen Versicherer", sagt Anlagestratege Johannes Müller.
Doch noch sind das viele Gedankenspiele, die sich auf die fundamentalen Unternehmensdaten mitnichten auswirken. Der Experte zeigt sich dementsprechend gelassen: "Wir haben keine Neueinschätzungen der Branchen vorgenommen." Anleger seien gut beraten, auch mit Blick auf Folgen für einzelne Sektoren mit ruhiger Hand vorzugehen.
Europäische Märkte gelassen
Nicht nur in Deutschland, sondern auch im übrigen Europa haben sich die Börsen vergleichsweise unbeeindruckt vom Scheitern der Sondierungsgespräche gezeigt. An den Anleihemärkten, die in der Regel wesentlich stärker auf politische Turbulenzen reagieren, legten die Kurse sicherer europäischer Staatspapiere am Montag zunächst leicht zu. Der Euro geriet gegenüber dem Dollar kurzzeitig unter Druck, er konnte seine Verluste im Tagesverlauf jedoch rasch aufholen. Und auch die europäischen Aktienmärkte öffneten zwar etwas schwächer, erholten sich dann jedoch schnell.
Dass eine Regierungskrise in der größten europäischen Volkswirtschaft die Märkte fast völlig kalt lässt, dürfte vor allem an der gut laufenden Konjunktur in Europa liegen. Die Wirtschaft in der Eurozone wächst so stark wie zuletzt vor zehn Jahren: Im dritten Quartal 2017 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Der Internationale Währungsfonds erwartet für das Gesamtjahr ein Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent.
Die gute Entwicklung spiegelt sich in den Unternehmensgewinnen in Europa wider: In der laufenden Berichtssaison lagen sie laut Commerzbank bislang im Durchschnitt um 2,2 Prozent über den Konsensprognosen. Und die Aussichten sind weiter positiv: "Das Wirtschaftswachstum bleibt solide und weit gefächert über Länder und Sektoren in
der Eurozone", sagte EZB-Chef Mario Draghi Anfang vergangener Woche vor dem Europäischen Parlament.
Der Italiener hat erheblichen Anteil am Börsenaufschwung in der Eurozone. Seit Jahren versucht die Europäische Zentralbank, mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik der Währungsunion zu neuer wirtschaftlicher Kraft zu verhelfen. Die damit einhergehenden Niedrigzinsen hatten zur Folge, dass Investoren auf der Suche nach Rendite ihr Geld in die Aktienmärkte pumpten.
Daran wird sich vorerst auch nichts ändern - egal wie die Regierungsbildung in Berlin am Ende ausgeht. Denn nach Einschätzung Draghis wird die Eurozone weiter auf die geldpolitische Unterstützung der Zentralbank angewiesen sein. Mit einem grundlegenden Kurswechsel könne erst dann gerechnet werde, wenn die Inflation in der Eurozone stabil anzieht, so der Währungshüter. Dafür wäre es vor allem wichtig, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt und die Löhne steigen - beides entwickelt sich schleppender als erwartet, sodass der Inflationsdruck gering bleibt.
Doch selbst wenn die Preise - wovon viele Ökonomen ausgehen - künftig steigen werden, wird die EZB wahrscheinlich nur verzögert mit einer Straffung ihrer Zinspolitik reagieren. Zunächst wollen die Notenbanker ab Januar 2018 ihr milliardenschweres Anleihekaufprogramm reduzieren, Zinserhöhungen werden frühestens für 2019 erwartet. Die EZB will keinesfalls riskieren, dass die Wirtschaft durch zu hohe Zinsen abgewürgt wird - etwa weil eine teurere Kreditaufnahme die Investitionstätigkeit von Unternehmen hemmen würde. Zudem könnte der Euro bei einem höheren Zinsniveau aufwerten und den Exportsektor belasten.
Unternehmen verlangen Klarheit
Der große Einfluss der EZB auf das Wohl und Wehe der europäische Wirtschaft macht das vorübergehende Machtvakuum in Deutschland für die Märkte zu einem vernachlässigbaren Risiko - zumal das Land nicht von heute auf morgen in Stillstand verfällt (siehe "Rente & Co", unten).
Für Unternehmen ist der Zustand aber eine Belastung. Ohne handlungsfähige Regierung mit klaren Zielen, wie sie DIW-Chef Fratzscher fordert, ist die politische Unsicherheit hoch. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer nennt den Zustand sogar "Gift für die Wirtschaft".
"Problematisch wird es, wenn Unternehmen die Planbarkeit für Investitionen in die Zukunft fehlt", sagt der Vermögensverwalter Bert Flossbach. Wichtige Themen wie Digitalisierung müssten schnell angegangen werden. "Sonst laufen Unternehmen in der Region im wahrsten Sinne des Wortes Gefahr, den Anschluss zu verlieren", so Flossbach.
Für Mario Ohoven, Präsident beim Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) sowie der Europäischen Vereinigung der Verbände kleiner und mittlerer Unternehmen, ist das Regierungsvakuum auch ein verheerendes Signal ans Ausland: "Wirtschaft ist immer auch Psychologie. Mit jedem Tag ohne handlungsfähige Regierung wachsen die Zweifel bei ausländischen Investoren." Das schade dem Ansehen des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Ein großer Rückschlag ist das vorläufige Scheitern der Regierungsbildung in Deutschland auch für die Europäische Union. Nach Jahren der Krisenverwaltung läuft es in der Staatengemeinschaft endlich wieder besser. Dieser Schub, so hofften viele, würde genutzt, um die EU und vor allem die Eurozone zu modernisieren.
Einer, der diesbezüglich vorprescht, ist Emmanuel Macron. Der französische Staatspräsident will die EU umfassend reformieren. Wichtigstes Ziel dabei: die Vertiefung der Währungsunion, um gegen künftige Krisen besser gerüstet zu sein. Macrons Ideen stellen allerdings geradezu einen Gegenentwurf zur lange gehegten deutschen Vorliebe für Defizitgrenzen und Schuldenquoten dar. Der französische Staatschef will einen Euro-Finanzminister, ein gemeinsames Eurogruppen-Budget sowie die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds. Kanzlerin Angela Merkel hatte vor der Wahl Zustimmung für diese Ideen signalisiert.
Dass sie nach der Bundestagswahl in Sondierungsverhandlungen mit der FDP geht, hatte bei Macron Entsetzen ausgelöst: Mit den Liberalen in der Regierung wäre ihm heftiger Widerstand entgegengeschlagen, ist die FDP doch eine Verfechterin strenger fiskalpolitischer Disziplin. Der Abbruch der Jamaika-Verhandlungen dürfte im Pariser Élysée-Palast darum gemischte Gefühle ausgelöst haben: Erleichterung darüber, dass eine Regierungsbeteiligung der FDP - sofern es nicht zu Neuwahlen kommt - wohl vorerst ausgeschlossen ist. Aber auch Ernüchterung, weil Deutschland als wichtiger Partner bei den französischen Reformvorhaben vorerst ausfällt.
Führungsrolle unbesetzt
Raufen sich die Parteien in Deutschland nicht doch noch zusammen, droht Deutschland als Stabilitätsanker auf der politischen Bühne Europas auszufallen, zumindest vorübergehend: Kommt es zu Neuwahlen, bleibt Deutschland für mehrere Monate handlungsunfähig. Mit einer Minderheitsregierung wäre das Land, das in den vergangenen Jahren oft richtungsweisende Entscheidungen auf den Weg gebracht hat, womöglich auf Jahre unberechenbar. Ausgerechnet jetzt, wo mehrere Gesetzesvorhaben anstehen, der EU-Austritt der Briten verhandelt wird und für Dezember ein Gipfeltreffen der europäischen Regierungschefs geplant ist, bei dem Macrons Reformvorschläge erstmals in großer Runde diskutiert werden sollen.
Zumindest Letzteres wäre wohl auch mit einer schwarz-grün-gelben Regierung nicht zum Spaziergang geworden - das machen die publik gewordenen Verhandlungsdokumente der Sondierungen in Berlin deutlich. Demnach war der einzige Punkt, auf den sich die vier Parteien bezüglich der Europapolitik einigen konnten, ausgerechnet die "konsequente Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumspakts". Einen großen Knall wie am Sonntagabend in Berlin hätte es damit wohl auch Mitte Dezember in Brüssel gegeben.
Sehnsucht nach neuen Gesichtern
von Wolfgang Ehrensberger
Das Scheitern der Jamaika-Sondierungen und die schwierige Regierungsbildung in Berlin gefährden nach Einschätzung führender Ökonomen nicht die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. 87 Prozent der im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv befragten Volkswirte rechnen derzeit weder mit Einbußen beim Wirtschaftswachstum noch mit noch stärkeren Verzögerungen bei wichtigen Zukunftsthemen wie Infrastrukturausbau oder Digitalisierung.
"Erfahrungen anderer Länder wie Belgien zeigen: Ein Staat kann auch längere Zeit mit einer geschäftsführenden Regierung gut leben", bringt Volker Nitsch von der TU Darmstadt die Mehrheitsmeinung der Volkswirte auf den Punkt. Etwas zynischer formuliert es Tim Krieger von der Uni Freiburg: "Die Digitalisierung wird schon so lange verschlafen, da kommt es auf ein paar Monate auch nicht mehr an."
Die Meinungen darüber, wie die Regierungsbildung weitergehen könnte, weichen dagegen stark voneinander ab. Während Wolf Schäfer (Bundeswehr-Uni Hamburg) oder Andreas Ziegler (Uni Kassel) eine schwarz-grüne Minderheitsregierung favorisieren, hält Juergen B. Donges (Uni Köln) eine solche Lösung für sehr problematisch.
"Minderheitsregierungen öffnen Erpressungsversuchen Tor und Tür", warnt Donges. Neuwahlen wiederum wären ein Armutszeugnis, so der Emeritus am Institut für Wirtschaftspolitik. "Eine Neuauflage der Großen Koalition würde die meisten Schnittmengen beinhalten. Frischen Wind mit neuen Ideen gäbe es dabei aber wohl nur mit anderem Führungspersonal."
Das Ökonomen-Barometer hat in der November-Umfrage seinen Rekordlauf fortgesetzt. Die aktuelle wirtschaftliche Lage wird mit 76,4 Punkten (plus 3,7 Prozent zum Vormonat) so gut wie noch nie seit dem Start der Erhebung im Jahr 2006 bewertet. Der bisherige Höchststand lag bei 76,08 Punkten im Mai 2011. Den niedrigsten Wert markierte der Konjunktur-Indikator im Juni 2009 mit 15,9 Punkten.
Die Prognose für die nächsten zwölf Monate verbessert sich in der November-Erhebung um sieben Prozent auf 87,7 Punkte. Das ist ebenfalls ein neues Allzeithoch.
Rente & Co
von M. Hinterberger und M. Reim
Kein Stillstand, aber auch keine Überraschungen
Auch wenn sich bis zum Jahreswechsel keine neue Bundesregierung gefunden hat, bedeutet das keineswegs, dass nichts mehr entschieden wird. Zwar wird die geschäftsführende Regierung keine umfassende Steuerreform mehr anstoßen und auch der umstrittene Solidaritätszuschlag wird vorerst nicht abgeschafft, aber das Tagesgeschäft wird weiter erledigt. Hier die Neuerungen, die
bereits beschlossen wurden:
Rente und Versicherungen
Der Beitrag zur gesetzlichen Rente wird von derzeit 18,7 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens auf 18,6 Prozent sinken. Denn die Rentenversicherung hat wegen der guten Konjunktur ein ordentliches Finanzpolster und die schwarz-rote Noch-Bundesregierung hat diesen Spielraum genutzt, um den Beitrag zu senken. Wirklich spürbar wird der gesunkene Beitrag allerdings kaum sein: Wer 3.000 Euro brutto pro Monat verdient, spart sich 1,50 Euro.
Zudem werden die Bemessungsgrenzen für die verschiedenen Sozialversicherungen turnusgemäß angehoben. So steigt etwa die Grenze, ab der gesetzlich Versicherte in eine private Krankenversicherung wechseln dürfen, von einem Jahresbrutto von 57.600 Euro ab dem neuen Jahr auf 59.400 Euro.
Geförderte Altersvorsorge
Mehr gibt es auch bei der geförderten Altersvorsorge: So steigt bei der Riester-Rente der Grundzuschuss von 154 auf 175 Euro pro Jahr. Der Kinderzuschuss bleibt gleich. Für Kinder, die seit 2008 geboren wurden, gibt es 300 Euro, für ältere Kinder 185 Euro jährlich. Auch die Reform der betrieblichen Altersversorgung wird in Kraft treten. Eine Betriebsrente ohne die sonst üblichen Garantiezusagen wird ab Januar eingeführt.
Lebensversicherungen
Unangenehm könnte es für die Lebensversicherer werden, wenn ein Gesetzespaket, das für Anfang 2018 geplant war, nicht ausverhandelt und verabschiedet wird. Hintergrund: Da die Gesellschaften durch die niedrigen Zinsen immer weniger Gewinne machen, müssen sie viel Geld zurücklegen, um ihren Verpflichtungen auch in Jahrzehnten nachkommen zu können. Das Gesetz soll diese Pflicht, Rücklagen zu bilden, aufweichen. Kommt das Gesetz nicht, könnten einige Versicherer gezwungen sein, noch mehr Geld zurückzulegen. Für die Kunden bedeutet das, dass sie möglicherweise niedrigere Ausschüttungen bekommen.
Investor-Info
Geldpolitik
Inflationsdruck zu gering
Zwar entspannt sich die Jobsituation in der Eurozone langsam, mit rund neun Prozent ist die Arbeitslosenquote aber dennoch hoch. Entsprechend verhalten ist das Lohnwachstum - mit der Folge, dass die Kerninflationsrate, bei der Energie- und Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt werden, bislang nicht nachhaltig gestiegen ist. Erst wenn dies der Fall ist, wird die EZB die Zinsen erhöhen, vermutlich allerdings nicht vor 2019. Geld bleibt also billig - gut für Aktien.
DWS Aktien Str. Deutschland
Qualität made in Germany
Deutschlands Wirtschaft ist ungeachtet der politischen Turbulenzen im Stimmungshoch. Breit gestreut in heimische Unternehmen investieren Anleger mit dem DWS Aktien Strategie Deutschland. Der Fonds liefert einen bewährten Mix aus DAX-Titeln wie SAP, Allianz und BASF sowie Nebenwerten. Derzeit sind die Sektoren IT, Industrie und Finanzen am höchsten gewichtet.
Jupiter European Growth
Auf Europas Firmen setzen
Auch für das kommende Jahr erwarten Ökonomen ein solides Wachstum in der Eurozone. Der Jupiter European Growth, dessen Anlageschwerpunkt vor allem global ausgerichtete, margenstarke Unternehmen aus Europa sind, dürfte davon ebenso profitieren wie von der weltweit guten Konjunkturlage. Rund ein Viertel des Fondsvermögens ist in deutsche Aktien investiert. Auf Dreijahressicht liegt der Fonds 45 Prozent im Plus.
Daimler
Druck machen
Die Autoindustrie steht unter Druck, Fahrzeuge mit umweltschonendem Antrieb auf den Markt zu bringen. Die Grünen würden dabei wohl stärker auf staatliche Regulierung setzen als eine schwarz-gelbe Regierung. Der wahre Tempomacher aber ist Tesla mit seinen Elektrofahrzeugen. Daimler hat reagiert, verstärkt seine Investitionen. Das operative Geschäft entwickelt sich derweil gut: Im Oktober verbuchte der Konzern mit 183 000 Fahrzeugen erneut einen Verkaufsrekord.
RWE
Kurs halten
Der deutsche Atomausstieg hat die Energiekonzerne hart getroffen. RWE hat sich inzwischen neu aufgestellt und an der Börse die Wende geschafft. Der Konzern ist stark vom deutschen Markt und der Politik abhängig. Eine Regierungsbildung ohne Grüne wäre für die stark auf konventionelle Energieerzeugung ausgerichtete RWE die angenehmere Variante. Weitere Kurstreiber für die Aktie sind Spekulationen um einen Verkauf der Ökostromtochter Innogy.
Vonovia
Bremse lockern
Die Mietpreisbremse ist ein politisch heißes Thema. Eingeführt von der Großen Koalition, könnte sie in einer Regierung aus Union und FDP auf der Kippe stehen. Erste Voraussetzung wären Neuwahlen mit deutlichen Zugewinnen für Schwarz-Gelb. Ein Profiteur an der Börse wäre Vonovia, der größte börsennotierte Immobilienkonzern Deutschlands. Auch ohne politischen Rückenwind ist die Aktie derzeit gefragt. Das Geschäftsmodell ist relativ krisensicher, die Dividendenrendite liegt leicht über dem Niveau des DAX.
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