Tencent: Geräuschlos voran

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Anders denken, Grenzen neu setzen: ein Charakteristikum von Querdenkern wie Tesla-Gründer Elon Musk oder Ma Huateng, Chef des größten chinesischen Internetkonzerns Tencent. Der Tencent-Gründer, auch als Pony Ma bekannt, will sein Unternehmen zu einem breit aufgestellten Technologiekonzern ausbauen. Der jüngste Coup: der Kauf von fünf Prozent der Anteile an Tesla, dem Pionier bei Elektroautos aus den USA, für 1,8 Milliarden Dollar. Tencent wird so fünftgrößter Aktionär der Kalifornier.

Elektromobilität und autonomes Fahren: Die Beteiligung, passt perfekt in Mas Masterplan. Erst im März hatte der Multimilliardär, der an der Uni in Shen­zhen Informatik und Ingenieurswissenschaften studiert hat, angekündigt, sein Unternehmen werde künstliche Intelligenz für autonomes Fahren entwickeln.

Der Konzern aus der Metropole Shenzhen ist bereits an Chinas Uber-Äquivalent Didi Chuxing beteiligt. Didi ist im größten Automarkt der Welt mit Taxis und Chauffeurdiensten gut im Geschäft. Darüber hinaus ist Tencent an den Kartendiensten NavInfo und Here beteiligt. Here, früher bei Nokia und dann bei Microsoft, gehört heute den deutschen Autobauern BMW, Audi und Daimler.

Vorteil für beide

Brian Johnson, Autoanalyst der britischen Investmentbank Barclays, sieht auch Vorteile für Tesla: "Tencent als Aktionär wird ihnen den Zugang zum chinesischen Markt erleichtern", sagt der Experte. Für Musk lief das Geschäft im Reich der Mitte, das nach Einschätzung von ­vielen Beobachtern der globale Leitmarkt für Autos mit Elektroantrieb und autonomes Fahren wird, bisher eher holprig. Der China-Umsatz, zuletzt eine Milliarde Dollar, macht weniger als ein Viertel des US-Geschäfts aus.

Obwohl es keine Pläne für Kooperationen zwischen den beiden Unternehmen gebe, wie Tencent mitteilte, haben die ­Asiaten den Zeitpunkt für ihren Einstieg gut gewählt: rechtzeitig vor dem Debüt des Model 3. Das Auto soll Modellen wie dem 3er von BMW Konkurrenz machen. In den USA soll Teslas 3er Ende des Jahres auf die Straßen rollen. Weil man das Modell im Reich der Mitte noch nicht vorgestellt habe, gebe es in China nur sehr wenige Vorbestellungen, twitterte Marketingprofi Musk soeben. Allerdings dürften die Bestellungen dort wohl schnell anziehen, wenn das Debüt in Amerika ein Erfolg wird.

Hart arbeitet Partner Tencent daran, seinen Vorsprung gegenüber Rivalen wie Alibaba und Baidu auszubauen. Eine Pole­position bei Zukunftstechnologien im chinesischen Automarkt würde helfen, den Abstand zu den anderen Technologiekonzernen zu vergrößern - und könnte auch die Parteiführung in Peking beeindrucken.

Videospiele sind bisher der stärkste Wachstumstreiber von Tencent. 2016 stieg der Umsatz des Konzerns um über 40 Prozent auf umgerechnet 20,6 Milliarden Euro. Für 2017 erwarten Analysten einen ähnlichen Zuwachs. Beim Nettogewinn waren es mit 6,2 Milliarden Euro rund ein Drittel mehr. 2017 sollen es laut Schätzungen über 25 Prozent Gewinnplus werden.

Chat-Primus in China

Knapp 890 Millionen Chinesen nutzen Tencents Kommu­nikationsdienst WeChat, eine Plattform zum Versenden von Nachrichten, Fotos oder Videos.

Zugleich ist WeChat eine digitale Brieftasche - ein Bezahldienst in Konkurrenz zu Alibabas Alipay. Über Tencents Dienst haben Nutzer Zugriff auf ihr Bankkonto. Kein anderes Unternehmen hat Kommunikations- und Bezahldienste auf mobilen Geräten in China so gut integriert wie Tencent. Dafür baut Ma Dienste wie Cloud, Strea­ming und Datenspeicherung aus. Und künftig benutzen auch die mit dem Web verbundenen Elektro- und Hybridautos in China diese Infrastruktur.