Mobilcom-Gründer Schmid: "Wer verbittert, geht kaputt"
Mobilcom war das erste Unternehmen am Neuen Markt. Sein Gründer Gerhard Schmid war einst Milliardär, aber einer ohne Attitüden. Deshalb hat er auch den Absturz verkraftet.
Werte in diesem Artikel
von Peter Balsiger, €uro am Sonntag
Es brauchte nur acht Jahre, bis
der ehemalige Eishockey-Profi
Gerhard Schmid aus einem Nischenanbieter
einen Börsenstar
geschmiedet hatte. Seine Mobilcom -
das erste Unternehmen am Neuen
Markt - forderte mit Billigangeboten
den Branchenriesen Telekom heraus.
Auf dem Papier waren Schmids Anteile
an der Firma einmal sagenhafte sieben
Milliarden Euro wert.
Dem kometenhaften Aufstieg folgte ein jäher Absturz in Pleite und Prozesse. "Wer in den Boxring steigt, kann sich eine blutige Nase holen", sagt Schmid heute ohne Bedauern: "Man muss das Leben annehmen, wie es ist. Wer verbittert, geht kaputt. Ich habe immer gekämpft. Man darf nie aufgeben und muss sich immer neue Ziele setzen."
Der Aufstieg, der ihn einst zu einem der reichsten Deutschen machen sollte, begann unspektakulär. Der 1952 geborene Sohn eines Maurers und einer Hausfrau aus dem fränkischen Selb absolvierte eine kaufmännische Lehre und studierte anschließend Betriebswirtschaft an den nahe gelegenen Universitäten Nürnberg/ Erlangen und Regensburg. Das Studium finanzierte er als Eishockey-Profi in Bayreuth und später als Spielertrainer.
Eishockey - das hat ihn als Mensch und Manager geprägt. Keine andere Sportart würde so hohe Anforderungen stellen: "Im Eishockey gibt es permanent Situationen, in denen man sich durchsetzen muss, vielleicht 40 bis 50 Mal in einem Spiel", erklärte er der "Welt am Sonntag". "Einen direkten Zweikampf zu gewinnen, das ist ein tolles Erlebnis."
Schmids nächste Karrierestationen: Vorstandsassistent bei der Porzellanfabrik Hutschenreuther in seiner Heimatstadt Selb, dann Geschäftsführer beim Ostseebad Damp und schließlich Vorstand des Münchner Autovermieters Sixt, verantwortlich für Marketing und Vertrieb. Von Erich Sixt lernte er all die coolen Sprüche und raffinierten Marketingtricks, die später zu seinem Markenzeichen werden sollten. Sixt setzte damals zum Beispiel Pin-up-Girls auf Kühlerhauben und behauptete: "Niedriger als das Niveau dieser Anzeige sind nur unsere Preise."
Jagd auf die Telekom
Als einer der Ersten erkannte Schmid die riesigen Chancen, die sich mit der Liberalisierung des deutschen Telefonmarkts ergaben. Mit 38 stieg er bei Sixt aus, verzichtete auf seinen gut dotierten Vorstandsposten und gründete 1991 mit einer einzigen Mitarbeiterin und einer Mobilfunklizenz in Schleswig-Holstein die Mobilcom AG. Er setzte dafür sein gesamtes privates Vermögen ein.
Clever nutzte Schmid ab 1992 die Leitungen der Deutschen Telekom und jagte dem Ex-Monopolisten erfolgreich Kunden ab, indem er Gespräche im Festnetz zu deutlich niedrigeren Preisen anbot. 1995 war Mobilcom bereits in der Gewinnzone, und zwei Jahre später erreichte die Firma als reiner Mobilfunk- Dienstleister mit inzwischen 300 Mitarbeitern mehr als 300 Millionen Mark Umsatz.
Um das rasante Wachstum des Unternehmens aus Büdelsdorf bei Rendsburg zu finanzieren, brachte es Schmid 1997 als erstes Unternehmen an den Neuen Markt. Die Emission wurde ein voller Erfolg: Die Mobilcom-Aktie entwickelte sich bereits nach einigen Monaten zu einem Senkrechtstarter, wurde zur "Gelddruckmaschine", so der Julius-Bär-Analyst Joeri Sels. 1998 stieg der Umsatz von Mobilcom explosionsartig von 323 Millionen auf 1,47 Milliarden Mark hoch.
Als "rotzfrecher David" lieferte sich Gerhard Schmid, der 60 Prozent der Mobilcom-Anteile hielt, dabei regelrechte Werbeschlachten mit dem übermächtigen Goliath Telekom. In ganzseitigen Anzeigen, die in Schrift und Erscheinungsbild bis ins Detail der Werbung des Großkonzerns glichen, forderte er die Telekom-Kunden auf, ihren Anschluss dauerhaft auf die ihm von der Regulierungsbehörde zugeteilte Netzvorwahl 01019 umstellen zu lassen. Die Gegenseite reagierte und schlug mit einem eilig getexteten TV-Spot über die "Mogelcom" zurück. Als "Telefon-Aldi" wurde Mobilcom tituliert - Schmid störte das nicht, solche Angriffe machten seine Firma nur noch bekannter.
Fast über Nacht wurde Schmid nun zu einem der reichsten Männer Deutschlands. Er kaufte ein Gestüt mit teuren Reitpferden, "Bild" berichtete über seine Hochzeit, die er mit 500 Gästen auf einem Mississippi-Dampfer auf der Schlei gefeiert hatte, er war Gast in Talkshows, klopfte freche Sprüche. In seinem mit weißen Fliesen ausgelegten Reethaus bei Schleswig, in dem man vom Esszimmer direkt in den Swimmingpool steigen konnte, organisierte er rauschende Feten. "Aus dem quirligen Mittelständler ist ein Superreicher geworden, dessen Image zwischen Rambo und Schlitzohr pendelt, der aber immer noch mehr Malocher als Snob ist", schrieb der "Stern".
Der Traum vom Handynetz
Die etablierte High Society mied den Neureichen wie einen Paria. Das beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. Ja, er war Milliardär - aber ohne Milliardärsallüren. Er schrieb seine Briefe selbst und trug statt einer teuren Rolex lieber eine Mobilcom-Plastikuhr. Sein großer Traum war, ein eigenes Handynetz aufzubauen. Für mehr als acht Milliarden Euro ersteigerte Schmid deshalb 2000 eine der von der Bundesregierung vergebenen UMTS-Lizenzen.
Zuvor hatte er sich einen starken Partner an seine Seite geholt, den französischen Staatskonzern France Télécom: Für 3,7 Milliarden Euro beteiligten sich die Franzosen mit 28,5 Prozent an Mobilcom und sagten zu, zehn Milliarden Euro in den Netzausbau zu investieren. Mit dieser Garantie habe sich jedoch France Télécom finanziell übernommen, sagt Schmid heute.
Während der Partner aus Frankreich seinen Verpflichtungen nur zögerlich nachkam, drückte Schmid aufs Tempo. Die Situation eskalierte, als die Ausgaben für die Lizenzen zu einem gewaltigen Schuldenberg führten. Mobilcom schrieb rote Zahlen, es kam zum Streit mit dem Mitgesellschafter aus Frankreich. 2002 kündigte France Télécom die Zusammenarbeit mit Schmid und warf ihm Vertragsbruch vor.
Dank eines Sanierungsprogramms, dem mehr als die Hälfte der 5000 Mitarbeiter zum Opfer fiel, und mit einem Staatskredit von 100 Millionen Euro konnte Mobilcom in abgespeckter Form überleben. Aber Schmid musste seinen Chefsessel räumen und alle Anteile verkaufen, während die Franzosen 7,1 Milliarden Euro Schulden des Unternehmens übernahmen.
"Der größte Maulheld"
Im Februar 2003 musste Schmid beim Amtsgericht Flensburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung in dreistelliger Millionenhöhe stellen. Für "Bild" gehörte der einst so hochgelobte Überflieger nun zu den "größten Maulhelden unter den deutschen Firmenchefs".
Schlimm war die Situation für seine Kinder. Sie wurden oft gehänselt, erzählt er: "Na, haben die deinen Vater schon eingesperrt?"
Schmid wurde Geschäftsführer einer kleinen Stromfirma, die mit Billigangeboten den Energieriesen Konkurrenz machen wollte. David gegen Goliath - wie schon einmal. Zurzeit berät er zwei Start-ups: eine Firma, die alte Beleuchtungssysteme zu modernen LED-Anlagen umbaut, und ein Finanzportal, das Freiberuflern und Selbstständigen helfen soll, Liquidität zu beschaffen. "Mir geht es sehr gut", sagte er dem "Stern".
Schmid wohnt in Hamburg an der vornehmen Elbchaussee, fährt Harley, joggt die Elbe entlang. Eishockey spielt er nicht mehr. Vor 15 Jahren war er zum letzten Mal auf dem Eis, "nur um mir zu beweisen, dass es noch geht". Früher lief er auch Marathons. Er erinnert sich: "Auf dem T-Shirt eines Läufers stand der Spruch: ‚Die Schmerzen vergehen, der Stolz bleibt‘." Das könnte eigentlich auch sein Lebensmotto sein.
Die Aktie
Atemberaubende Gewinne, dramatische Verluste Mit dem richtigen Timing hat Mobilcom Anleger reich gemacht. Es gab aber auch viele Verlierer. 1997 ging das Unternehmen 100-fach überzeichnet an die Börse. Der erste Kurs lag 52 Prozent über dem Ausgabepreis. Aus 10 000 Mark wurden bis März 2000 rund 1,2 Millionen. In den folgenden zweieinhalb Jahren brach der Kurs dann um über 99 Prozent ein. Anschließend erlebte die Aktie ein Comeback und zog um mehr als 3000 Prozent an. 2007 fusionierte Mobilcom mit Freenet.
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