Knorr-Bremse: Zweite Großemission nach Healthineers
Mit bis zu 4,2 Milliarden Euro Volumen könnte der Konzern einen der größten Börsengänge des Jahres hinlegen. Vorstandschef Deller setzt auf globale Megatrends und Akquisitionen.
Werte in diesem Artikel
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Seit Montag läuft die Zeichnungsfrist für einen der größten Börsengänge des Jahres: Mit einem Volumen von bis zu 4,2 Milliarden Euro reicht die Emission von Knorr-Bremse an den bisherigen Spitzenreiter heran, die ebenfalls 4,2 Milliarden schwere Siemens-Medizintechniktochter Healthineers.
Heinz Hermann Thiele, seit 30 Jahren Mehrheitseigner des Münchner Bahn- und Lkw-Bremsenherstellers, will mit dem Verkauf von 30 Prozent seiner Anteile nicht nur Milliarden einnehmen, sondern auch sein Vermächtnis regeln. Das Unternehmen käme auf einen Börsenwert von 11,6 bis 14 Milliarden Euro und wäre ein Kandidat für den Nebenwerteindex MDAX. Doch hält die Familie auch nach dem Börsengang weiterhin 70 Prozent der Aktien und gibt keine Kontrolle ab. Knorr-Bremse fließen durch die Transaktion auch keine neuen Mittel zu.
Konzernchef Klaus Deller sieht darin kein Problem. Das Unternehmen wolle auch nach dem Börsengang an seiner "nachhaltigen Strategie profitablen Wachstums" festhalten, die es seit Jahrzehnten verfolge. "Akquisitionen sind Bestandteil dieser Strategie", sagte Deller in einem Gespräch mit €uro am Sonntag. Mit seiner Kapitalausstattung sei Knorr-Bremse jederzeit auch zu größeren Zukäufen fähig.
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traff geführter Konzern
Unter der langjährigen Führung von Heinz Hermann Thiele hat sich Knorr-Bremse zu einem Weltmarktführer bei Zug- und Lkw-Bremsen entwickelt. Zu den Hauptkunden zählen im Bahnbereich China Railway, Alstom und Siemens, im Lkw-Segment Daimler, Traton (MAN, Scania) und Volvo. Das Unternehmen gilt als gut im Markt positionierter, straff geführter Industriekonzern mit hohen Marktanteilen und Wachstumsperspektiven, die durch hohe Markteintrittsbarrieren abgesichert sind. Knapp ein Drittel des Umsatzes erzielt Knorr-Bremse in Asien. Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler verweist auf die hohe operative Rendite, die mit 15 Prozent etwa doppelt so hoch liege wie der Durchschnitt vergleichbarer Zulieferer, und zudem auf ein "sehr gutes Management".
Doch Pieper hält die Bewertung auch angesichts der Marktentwicklung und tendenziell rückläufiger Margen für vergleichsweise hoch. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende Jahr liegt in der Mitte der angedachten Bandbreite bei 20. Der Autozulieferer-Durchschnitt liegt nur etwa halb so hoch", erläutert der Analyst.
Emissionsbanken sind federführend Deutsche Bank, Morgan Stanley und JP Morgan. Wie Letztere mitteilte, waren die Orderbücher eine Stunde nach Öffnung am Montag nahezu gefüllt. Es lägen Zeichnungsaufträge für mehr als 40 Millionen Aktien vor. Neuere Angaben waren bis Redaktionsschluss nicht verfügbar. Die Knorr-Bremse-Aktien können noch bis 11. Oktober gezeichnet werden, die Preisspanne reicht von 72 Euro bis 87 Euro. Erster Handelstag soll der 12. Oktober sein.
Rekordjahr für Börsengänge
Unterdessen steuert Deutschland auf das beste Jahr für Börsengänge seit fast zwei Jahrzehnten zu. Im ersten Halbjahr konnten elf Firmen mit Emissionen im Prime-Standard-Segment rund 7,2 Milliarden Euro einsammeln. Neben Knorr-Bremse steht 2018 noch der Chipanlagenbauer Exyte am Start, der bis zu einer Milliarde Euro einsammeln will - außerdem die Beteiligungsgesellschaft Primepulse (250 Millionen), der Elektrorollerhersteller Govecs (90 Millionen) sowie der dänische Arzneimittelimporteur Abacus (40 Millionen). Der Online-Möbelhändler Westwing hat wegen starker Nachfrage die Zeichnungsfrist um zwei Tage auf diesen Montag verkürzt. Er will zwischen 132 und 147 Millionen Euro einnehmen.
Einschätzung der Redaktion von €uro am Sonntag
Teure Emission
Knorr-Bremse ist als Weltmarktführer gut in globalen Wachstumsmärkten positioniert und hat beste Chancen für einen Einzug in den MDAX. Die Zeichnungsspanne erscheint aber hoch gegriffen. Das schwierige Marktumfeld und zunehmender Margendruck könnten die Stimmung vermiesen. Bei Kursen unter 70 Euro dürfte das Papier interessant werden.
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Bildquellen: Jann Averwerser/Knorr Bremse AG , Knorr Bremse AG
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