Euro am Sonntag-Meinung

Zeit für Aktien aus Europa: Noch reichlich Potenzial

03.02.18 15:00 Uhr

Zeit für Aktien aus Europa: Noch reichlich Potenzial | finanzen.net

Die Konjunktur brummt, die Bewertungen sind günstig, die Gewinne steigen: 2018 wird das Jahr der europäischen Aktien.

von Benjardin Gärtner, Gastautor in €uro am Sonntag

Für den Aktienmarkt des Euroraums geht es weiter bergauf. Anleger konnten sich auch 2017 allen politischen Unsicherheiten zum Trotz über kräftige Kursgewinne freuen: Rund 13 Prozent legte beispielsweise der deutsche Aktienindex DAX zu und kletterte im Verlauf des Jahres auf ein neues Allzeithoch. Für den europäischen Gesamtmarkt ging es ebenfalls weiter nach oben, der Euro Stoxx 50 ist damit bereits seit 2011 jedes Jahr im Plus.



Auch wenn sich die Aktien in den vergangenen Jahren bereits gut entwickelt haben, besteht noch Spielraum nach oben: Bei geringer Inflation brummt die Konjunktur, die Gewinne der Unternehmen steigen weiter und die Bewertungen auf dem Alten Kontinent sind immer noch vergleichsweise günstig. Jeder dieser Faktoren hat für sich genommen bereits das Potenzial, die Kurse anzutreiben. In Kombination erzeugen sie ein äußerst positives Umfeld.

Aus ökonomischer Sicht gibt es deutliche Zeichen, dass die Konjunktur im Euroraum ihren robusten Wachstumskurs fortsetzen kann. Nachdem die Wirtschaft im Währungsraum im vergangenen Jahr voraussichtlich um 2,5 Prozent gewachsen ist, rechnen wir für 2018 mit einem Plus von 2,4 Prozent. Besonders erfreulich ist der Blick auf den Einkaufsmanagerindex, der für den Euroraum im Dezember auf den Rekord von 60,6 Zählern gestiegen ist. Der Wert liegt damit weit über der Marke von 50 Punkten, die Expansion andeutet. Ehemalige Sorgenkinder wie Griechenland und Spanien erreichten in den vergangenen Monaten sogar mehrjährige Höchststände. Die Industrie der Eurozone startet also mit kräftigem Rückenwind ins neue Jahr.


Für Unternehmen ist das ein hervorragendes Umfeld. Bei Union Investment gehen wir davon aus, dass die Unternehmensgewinne in diesem Jahr zwischen sechs und acht Prozent im Euroraum wachsen werden. Auch die Gewinne der DAX-Unternehmen dürften weiter zulegen und 2018 nach aktuellen Schätzungen rund zehn Prozent wachsen. Die verbesserten Ertragsaussichten gelten an der Börse als solider Kurstreiber. Da die Konjunktur nicht nur in Europa, sondern weltweit brummt, haben vor allem zyklische Titel etwa aus dem Finanzsektor und exportstarke Firmen aussichtsreiche Perspektiven, was wiederum den DAX in seiner aktuellen ­Zusammensetzung besonders attraktiv macht.

Gleichzeitig sind europäische Titel immer noch moderat bewertet: Zwar sind die Aktien nach den Kursanstiegen der vergangenen zwei Jahre keine Schnäppchen mehr, im historischen Schnitt und im Vergleich mit den USA - wo der Aufschwung schon weiter fortgeschritten ist - aber auf keinen Fall besonders teuer. Das für 2018 erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt für die Konzerne des Währungsraums bei rund 15, das sind mehr als 20 Prozent weniger als am US-Markt. Hier besteht also Spielraum für die Kurse.


Zinsdifferenz zu den USA ist gut für europäische Unternehmen
Hinzu kommt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Anders als die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird die EZB auch 2018 an der lockeren Geldpolitik mit niedrigen Zinsen und der Fortsetzung des Anleihekaufprogramms festhalten, um die Zielmarke von zwei Prozent Inflation zu erreichen. Zum einen könnte sich die daraus entstehende Zinsdifferenz zwischen den beiden Seiten des Atlantiks günstig auf den Wechselkurs für Firmen innerhalb des Euro-Währungsraums auswirken, mit positiven Effekten für die starke ­exportorientierte deutsche Wirtschaft. Zum anderen dürfte die tendenziell steigende Inflation den Effekt negativer realer Zinsen verstärken, was die Aktienmärkte zusätzlich unterstützen sollte.

Trotz der überwiegend ermutigenden Vorzeichen dürfen einige Risiken nicht außer Acht gelassen werden: Denn gerade politische Themen könnten die Stimmung trüben - allen voran die Unsicherheiten rund um den Brexit, die ungeklärte Situation in der spanischen Region Katalonien und die Parlamentswahl in Italien. Solange die konjunkturelle Dynamik aber robust bleibt, stehen die Chancen gut, dass auch 2018 ein Jahr mit ordentlichen Kursgewinnen für ­Euro-Aktien wird.

Kurzvita

Benjardin Gärtner
Leiter des Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment

Der gelernte Bank- und Diplom-Kaufmann Gärtner ist eines von sechs stimmberechtigten ­Mitgliedern des Union Investment Committee, das auf monatlicher ­Basis die Kapitalmarkt­strategie von Union ­Investment formuliert.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit rund 320 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen ­einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.















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