Banken: Verschleppte Neustrukturierung kostet
Deutsche Banken müssen ihre Personalpolitik umstrukturieren - nicht zuletzt die zunehmende Digitalisierung und die niedrigen Zinsen zwingen zum Sparen. Welche Perspektiven sich für Mitarbeiter und Management eröffnen.
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von Eckart Eller, Gastautor von Euro am Sonntag
Die deutsche Bankenwirtschaft steht heute vor einer in ihrer Größe bisher nicht erlebten personellen Umorientierung. Für die Notwendigkeit der Banken, ihren Personalbestand nicht nur drastisch zu verringern, sondern auch erheblich zu verändern, gibt es eine Reihe von Gründen, von denen jeder für sich noch nicht unbedingt weitreichende Folgen für die Branche hätte, die in ihrem zeitlichen Zusammenfallen aber eine Dynamik entfalten, die die Banken unter erheblichen Zugzwang setzen - nicht nur in Abhängigkeit von ihrer Strategie, wie es gerade die Deutsche Bank erfährt.
Dies sind zum einen externe Faktoren: niedrige Zinsen, schärfere Regulierungen mit zunehmenden Dokumentationspflichten und eine immer schneller voranschreitende Digitalisierung. Diese drei Faktoren setzen die Erträge des deutschen Kreditwesens massiv unter Druck. Besonders werden in den nächsten Jahren das Umfeld anhaltend niedriger Zinsen und die Digitalisierung den Banken zusetzen. Ohne Gegenmaßnahmen werden, so eine McKinsey-Studie, die niedrigen Zinsen die Banken etwa zwei Prozent der Eigenkapitalrendite kosten, die Digitalisierung weitere zwei Prozentpunkte und die Regulierungen 1,7 Prozentpunkte.
Um wieder eine Eigenkapitalrendite von sechs Prozent zu erreichen - dies entspricht dem Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre -, müssen also die Institute entweder ihre Erträge um 30 Prozent steigern oder ihre Kosten um 30 Prozent senken. Da aber Quellen für nennenswerte Ertragssteigerungen nicht in Sicht sind, wird den Instituten nichts anderes übrig bleiben, als die Kosten zu senken.
Maßnahmen wie die Schließung von Filialen sind ein erster Schritt, dürften aber kaum ausreichen. Insgesamt durchläuft die Kreditwirtschaft in Deutschland einen massiven Schrumpfungsprozess: So gab es 2004 in Deutschland noch 2.400 Banken, Ende 2016 waren es nur noch knapp 1.900. Ebenso drängend sind die internen Herausforderungen. Dabei ist die Veränderung der internen Kultur die schwerste. In der Vergangenheit versprach eine Anstellung in der Kreditwirtschaft eine fast beamtenähnliche Jobsicherheit. Entsprechend schwach entwickelt war die Veränderungsbereitschaft der Arbeitnehmer. Dies schlägt sich in Zahlen nieder: Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten in dieser Branche liegt heute bei deutlich über 40 Jahren, Tendenz weiter steigend. Zudem ist die Verweildauer der Beschäftigten in den Banken weit überdurchschnittlich.
All das spricht eher nicht für ein dynamisches Umfeld. Auch beim Management bleibt einiges zu tun: So hat die Steinbeis-Universität in einer Umfrage mit dem ZEB Münster ermittelt, dass die Personalarbeit in den Banken in der Umbruchsituation "zu oft als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung gesehen" werde.
Dabei ist die Kritik nicht immer gerechtfertigt: Angesichts einer immer stärkeren Orientierung an Regulation, Digitalisierung und Kostensenkung wird eine längerfristige, strategisch ausgerichtete Personalplanung immer schwieriger. Damit steht die Branche vor einem schwer lösbaren Widerspruch: Strategische Personalarbeit wird immer wichtiger, die Notwendigkeit, auf kurz- und mittelfristige Herausforderungen wie Regulation und Kostensenkungen zu reagieren, jedoch immer drängender.
Personalstrategie nicht auf
die lange Bank schieben
Das Ergebnis: Die Wichtigkeit der Personalfunktion bestreitet zwar niemand - trotzdem verliert der Personalbereich an Bedeutung. Damit aber wachsen
die operativen Risiken: Mitarbeiter werden durch ständig neue Herausforderungen überfordert, Führung ist nicht mehr einheitlich, Kostensenkungsprogramme liefern auf lange Sicht nicht die erwarteten Ergebnisse. Trotzdem: Die Aufgabe der personellen Neustrukturierung, vor denen die Banken in Deutschland heute stehen, ist auf Dauer nicht aufschiebbar. Es wird deshalb von entscheidender Bedeutung sein, dass sich das Management die Freiräume erhält oder wieder verschafft, strategische Personalpolitik voranzutreiben.
In einigen deutschen Banken können wir dies bereits feststellen: Hier gibt es interne Personalfunktionen, die sich mit der Veränderung beschäftigen, Mitarbeitergruppen identifizieren und auf neue, auch externe Aufgaben teilweise vorbereiten und dann mit Outplacement-Beratungen zusammenarbeiten. Hier weiß man, dass Geld allein, für höhere Abfindungen, nicht zum Ziel führt, da in aller Regel Trennungsprozesse sehr viel reibungsloser funktionieren, wenn es gelingt, Mitarbeitern neue Perspektiven aufzuzeigen.
Keiner wird heute auf die letzte Kommastelle eine Prognose abgeben, wie groß der Restrukturierungsbedarf ist, wie viele Beschäftigte genau von den zu erwartenden Restrukturierungsmaßnahmen betroffen sein werden. Zurzeit wird in den Personalabteilungen das Drei-Drittel-Szenario für recht wahrscheinlich gehalten: Ein Drittel der rund 600.000 Beschäftigten in der deutschen Bankwirtschaft werden den Job, den sie gerade ausüben, auch in Zukunft machen. Ein zweites Drittel wird in der Branche bleiben, jedoch neue, andere Aufgaben übernehmen. Das letzte Drittel wird, so die Annahme, die Banken verlassen müssen.
Halten wir fest: Es kann nicht alles "beim Alten bleiben". Das Hinüberretten in die nächsten Jahre unter dem Anspruch einer Strategieoptimierung, verbesserter Umfeldszenarien, reduzierter Bezüge für die Bankangestellten wird nicht die allein selig machende Lösung sein. Gerade beim Einkommen sehen wir eher das Gegenteil: nämlich das Halten von geschätzten Mitarbeitern durch Erhöhung der Boni.
Somit stehen die Banken intern vor einer doppelten Aufgabe, nämlich einer Aufgabe für die Beschäftigten - und für das Management. Zum einen sollte in einem weit stärkeren Maße als bisher unter den Arbeitnehmern die Einsicht in das Notwendige, wie das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, wachsen - die Einsicht, dass die Zeiten vorbei sind, in denen ein Job in der Bankwirtschaft eine Lebensanstellung bedeutete. Und gleichzeitig das Zutrauen, dass die im Bankgewerbe erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch in anderen Branchen anwendbar sind und man durchaus in anderen Berufen neue und sinnvolle Verantwortungen finden kann.
Gute Beratung weist den Weg
zu neuen Perspektiven
Diesen Prozess möglichst geräuscharm und effizient zur Zufriedenheit der Parteien umzusetzen, das ist die Aufgabe guter Beratung. Dabei besteht die Kernkompetenz darin, mit den Betroffenen ein realistisches und passgenaues Verantwortungs- wie Fähigkeitsportfolio anzulegen, um dann im zweiten Schritt nicht nur die geeignete Position zu finden, sondern den Mitarbeiter dort schließlich zu platzieren und, wenn gewünscht, in der ersten Phase der Einarbeitung zu begleiten.
Gleichzeitig aber sollte im Management die Erkenntnis reifen, dass die Zeiten einer insgesamt ausgesprochen freundlichen Konjunktur genau die Zeiten sind, die für eine ohnehin fällige Restrukturierung zu nutzen wären, weil es dann viel eher möglich ist, Mitarbeitern neue Perspektiven aufzuzeigen, was eine friktionsarme Personalneustrukturierung erheblich erleichtert. Und ganz abgesehen davon sollte eines allen klar sein: Die verschleppten Neustrukturierungen sind immer die schmerzhaftesten - und am Ende die teuersten.
zum Gastautor:
Eckart Eller,
Vorsitzender
des Vorstands bei
EL-NET Group
Eckart Eller ist
Vorsitzender des
Vorstands der Münchner Personalberatung EL-NET Group, die
auf Outplacement,
Executive Search und Personalneustrukturierung von Unternehmen spezialisiert ist. Er ist seit vielen Jahren persönlicher Ansprechpartner und enger
Berater für die
Führungsebene internationaler
Unternehmen im
Executive Search und Executive Coaching.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: SVLuma / Shutterstock.com, EL-NET Group
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