Aurelius-Chef Markus: Wir sind eine Poliklinik
Der Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Aurelius erwartet noch dieses Jahr weitere interessante Deals – und verteidigt seine umstrittene Bilanzierungspolitik.
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von Michael Braun, Euro am Sonntag
Was die Aurelius-Aktie angeht, gehen die Meinungen in der Redaktion von €uro am Sonntag auseinander. Einerseits verdoppelte sich in den vergangenen zwölf Monaten der Aktienkurs des einstigen Musterdepotwerts. Andererseits sind die Zahlen des Private-Equity-Unternehmens mit Sitz in Grünwald bei München nur schwer zu durchschauen.
Aurelius ist auf die Übernahme maroder Firmen spezialisiert, die die Holding anschließend saniert und weiterverkauft — idealerweise zum Vielfachen des Einstiegspreises. Schwerpunkte innerhalb des Portfolios sind Unternehmen aus der IT- und Chemiebranche.
Daneben gehören auch einige bekannte Namen zur Aurelius-Gruppe — wie die Schnapsbrennerei Berentzen, die Elektronikmarke Blaupunkt, der Sportbootbauer Hanse Yachts sowie Deilmann, die Reederei der als „Traumschiff“ bekannten MS Deutschland. Allein 2013 übernahm Aurelius fünf Firmen, darunter die auf Nachhilfe für Schüler spezialisierte Studienkreis-Gruppe. €uro am Sonntag sprach mit Firmenchef Dirk Markus unter anderem über Fragen der Bilanzierung, die Dividendenpolitik und die Aussichten für das laufende Jahr.
€uro am Sonntag: Herr Markus, niemand weiß, was die US-Investorenlegende Warren Buffett denkt, aber wir wagen mal die These, dass er bei der Aurelius-Aktie eher nicht zugreifen würde — die Zahlen sind kaum zu durchschauen. Warum eigentlich?
Dirk Markus: Wir zeigen das Wesentliche sehr wohl auf. Ich bin aber nicht der Meinung, dass es für den Finanzmarkt wirklichen Mehrwert bedeuten würde, wenn wir bei Einzelfirmen, insbesondere in frühen Stadien kurz nach einer Übernahme, einzelne Datenpunkte bekannt geben.
Warum nicht?
Wir haben keine Tochtergesellschaft, die mehr als 20 Prozent des Gewinns und Umsatzes macht — also nicht die ein, zwei, drei Fälle, die von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung her im Portfolio dominieren. Kurz nach einer Übernahme sind die Zahlen solcher Firmen in der Regel von einmaligen Sondereffekten geprägt. Wir kaufen ja vor allem Abspaltungen von Großkonzernen.
Dabei gibt es unzählige Einflussfaktoren, die aus der Transaktion resultieren. Das dem Markt im Einzelnen zu erklären, führt in unglaubliche Tiefen, die meines Erachtens wenig Erkenntnisgewinn zum eigentlichen Zustand des Unternehmens bringen.
Aber es sieht so aus, als könnte es etwas zu verheimlichen geben. Ist das der Fall?
Ganz klar nein. Wir zeigen in den Zahlen ja: Hier ist es toll, da ist es nicht so toll.
Aber ohne groß auf Ihre einzelnen Beteiligungen einzugehen.
Sie können verschiedene Schnitte durch das Zahlenwerk ziehen. Ich glaube, dass der Schnitt „Einzelfirma“ nicht der relevanteste ist. Wir haben im Prinzip zwei Geschäftsmodelle: eines, wo wir Beteiligungen halten, die ein operatives Ergebnis erwirtschaften. Das andere ist eine Mergers-and-Acquisitions-Maschine, die Firmen kauft und verkauft. Beide Geschäftsmodelle haben Ergebniseffekte. Die muss man einzeln ausweisen, um transparent zu machen, was woher kommt. Das ist aus meiner Sicht deutlich relevanter, als sich bei 19 Firmen auf die Einzelergebnisse zu kaprizieren.
Aurelius weist den Gewinn vor
Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) prominent aus, in der ersten Jahreshälfte betrug er
47,4 Millionen Euro. Das Konzernergebnis lag aber nur bei 200.000 Euro. Ist das Ebitda wirklich
aussagekräftig?
Ja, das ist bei neuen Beteiligungen absolut richtig. Wenn man Beteiligungen — wie Buffett — über Jahrzehnte hält, dann ist natürlich das Ergebnis die relevantere Zahl. In unserem Geschäft ist das anders.
Ihre Eigenkapitalquote sank
zuletzt von 30 auf 26 Prozent. Ist das nicht zu wenig Puffer, wenn
irgendetwas schiefgehen sollte?
Nein. Der Durchschnitt in Deutschland liegt bei circa 20 Prozent. Zweitens haben wir eine Firewall zwischen Aurelius und den operativen Gesellschaften. Über der Linie steht der nicht-operative Bereich mit 70 Mitarbeitern in der Holding, unter der Linie der operative Bereich. Diese Trennung ist wichtig bei uns. Der nicht operative Bereich ist schuldenfrei und hat freie Mittel von über 150 Millionen Euro, die wir für Transaktionen einsetzen können. Das heißt, alles operative Geschäft — und alles Risiko aus dem operativen Geschäft — ist unterhalb der Linie.
Würde heißen: Wenn eine Ihrer Töchter in Schwierigkeiten geriete, bliebe die Mutter intakt?
Bei Sondersituationen kann alles Mögliche passieren, was niemand vorhersehen kann. Wir sind, wenn Sie so wollen, eine Poliklinik für Unternehmen. Da gibt es alle Abteilungen. Die Wellnessabteilung, wo man nur Ernährungsprogramme macht, normale chirurgische Abteilungen, aber auch eine Intensivstation.
Und da stirbt gelegentlich einer.
Sehr selten — und dann war es normalerweise kein Kunstfehler des Arztes.
Auch Ärzte machen Fehler.
Richtig, aber das sind Ausnahmefälle. Auch in einer Klinik würde man das Leiden eines Patienten nicht grundsätzlich auf den Arzt zurückführen. Der Normalfall ist geprägt von der Krankheit des Patienten.
Im Mai haben Sie die Dividende von zwei auf 4,10 Euro erhöht — und zwei Monate später eine
Kapitalerhöhung von 58 Millionen Euro durchgeführt. Wie geht das zusammen?
Wir hatten unseren Aktionären immer versprochen, dass wir, wenn wir große Verkäufe machen, einen Teil dieser Erträge ausschütten. 40 bis 50 Prozent des Verkaufserlöses gehen direkt an den Aktionär. Genau das haben wir gemacht. Der Aktionär soll sehen, da wird richtiges Geld verdient und es bleibt etwas für ihn übrig. Davon ist aber die Entscheidung unabhängig, dass wir gesagt haben: Wir fahren jetzt mit 1,8 Milliarden Euro Umsatz und einer randvollen Deal-Pipeline — da sollten wir zusätzliche Polster im System haben. Wir fühlen uns wohler, wenn wir etwas mehr Reserven haben.
Aber so kurze Zeit nach dem
Dividendensprung?
Ich habe mir steuerlich selbst damit geschadet. Aber wenn wir das einbehalten hätten — was meinen Sie, was dann los gewesen wäre? Ich kann Sie aber beruhigen. Es wird sicher nicht so sein, dass wir jedes Jahr das Kapital erhöhen. Die letzte Kapitalerhöhung hatten wir 2007. Wir haben jetzt eine gemacht und ich bin mir ziemlich sicher, dass das die letzte für die nächsten Jahre gewesen sein wird.
Sie haben angekündigt, noch
einige Deals in diesem Jahr durchführen zu wollen. Eigentlich wäre jetzt doch eher ein guter Zeitpunkt für Verkäufe als für Käufe.
Es sind gute Zeiten für beides. Ich bin relativ optimistisch, dass wir in diesem Jahr noch mindestens zwei Beteiligungen verkaufen werden. Die Verkaufsprozesse laufen.
In Deutschland werden gerade viele Unternehmen restrukturiert — ThyssenKrupp und Praktiker zum Beispiel. Mischen Sie da mit? Es ist richtig, dass sich etliche große Konzerne in Deutschland neu ausrichten. Mit den meisten sind wir im aktiven Gespräch. Ob das in jedem Einzelfall was wird, wird sich zeigen. Das hängt natürlich nicht nur von uns ab, sondern auch von den Präferenzen des jeweiligen Konzerns. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir in den nächsten Monaten von einigen weiteren prominenten Namen in Deutschland Töchter kaufen.
zur Person:
Vom Berater zum Unternehmer
Dirk Markus, 42, studierte Betriebswirtschaft in St. Gallen, Kopenhagen und an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. Nach mehreren Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company war er bei der Beteiligungsgesellschaft Arques tätig.
2005 gründete Markus die Aurelius AG mit Sitz in Grünwald bei München, an der er als Vorstandsvorsitzender heute 29,1 Prozent der Anteile hält. Das Unternehmen ist an der Börse aktuell mit 800 Millionen Euro bewertet. Mittelfristig will Markus den Umsatz von 1,8 auf fünf Milliarden Euro steigern. Er lebt mit seiner Familie in Feldafing am Starnberger See und in London.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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