Dialog Semiconductor: Vom Jäger zum Gejagten

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Jalal Bagherlis Erleichterung währte kurz. Auf der Hauptversammlung im November hatte der Chef von Dialog ­Semiconductor den geplanten Kauf der Chipfirma Atmel verteidigt. US-Finanzinvestor Elliot Management wollte den Deal mit aller Macht vereiteln. Bagherli setzte sich durch, doch jetzt muss er den nächsten Angriff abwehren.

Dialog offeriert dem Hersteller von Mikrocontrollern ein Paket aus Cash und Aktien. Doch jetzt ist ein neuer, anonymer Bieter im Ring, der neun Dollar pro Anteilschein bietet. Bagherlis Problem: Zum Zeitpunkt der neuen Offerte lag das Dialog-Gebot bei 8,70 Dollar.

Blick unter die Tarnkappe

Der US-Konzern Atmel behält sich vor, mit dem zweiten Interessenten zu sprechen. Insidern zufolge handelt es sich um den US-Chipkonzern Microchip Technology, einen direkten Wettbewerber von Atmel im Markt für Mikrocontroller. Das sind zentrale Steuerungschips, die etwa in webfähigen Maschinen verbaut werden. Mikrocontroller gelten als Schlüsselbausteine für internetfähige Industrieanlagen oder für Haushaltsgeräte, die im Internet der Dinge kommunizieren. Microchip hatte bereits 2008 vergeblich versucht, Atmel feindlich zu übernehmen.

Bisher ist die deutsch-britische Dialog Spezialist für Chips, die das Energiemanagement etwa in Smartphones und Tablets übernehmen. 80 Prozent des Umsatzes fährt das Unternehmen mit dem Großkunden Apple ein. Das Port­folio von Atmel soll der Firma aus Kirchheim bei Stuttgart Zugang zu neuen Märkten im Internet der Dinge öffnen. Der Deal würde den Anteil am Umsatz mit Apple auf gut 40 Prozent halbieren.

Die Schwaben müssen noch eine geraume Weile Geduld bewahren. Denn die Entscheidung der Aktionäre von Atmel fällt erst auf einer Hauptversammlung im März.

Dialog kappt Umsatzprognose

Die Nerven der Aktionäre des TecDAX-Werts sind noch aus einem anderen Grund strapaziert: Die Schwaben kappten soeben ihre Umsatzprognose für das vierte Quartal und erwarten jetzt nur noch 390 bis 400 Millionen Dollar Umsatz. Bislang waren deutlich mehr, nämlich 430 bis 460 Millionen Dollar angepeilt. Die Nachricht kostete Dialog fast ein Fünftel des Börsenwerts. Allerdings glich die Aktie einen Großteil der Kursverluste wieder aus. Das liegt wohl daran, dass die Schwaben ihre Pro­gnose zur operativen Marge im Quartal bestätigten. Kosteneinsparungen sollen die Umsatzeinbußen wettmachen, die Marge gegenüber dem Vorquartal konstant bleiben.

Die Erholung des Aktienkurses ist für Bagherli überaus wichtig. Denn aus Sicht des Dialog-Chefs ist eine Abschwächung des Wachstums bei Mobilfunkchips mittelfristig zu erwarten. Das ist der Grund, weshalb er die Firma mit Atmel auf eine breitere Basis stellen will. Doch Dialog steckt in der Klemme: Es will fast die Hälfte der 4,6 Milliarden Dollar Kaufpreis mit Aktien zahlen. Der Kurs ist seit Abgabe des Angebots aber stark gesunken. Deutlich mehr Schulden kann Bagherli auch kaum machen. Scheitert der Kauf, würde Dialog früher oder später wohl selbst zum Übernahmeziel werden.