Deutsche Bank: John Cryan hobelt, die Späne fallen
Nach dem höchsten Jahresverlust der Geschichte fällt die Aktie der Deutschen Bank auf ein Niveau wie mitten in der Finanzkrise. Ein Einstieg ist dennoch zu riskant.
Werte in diesem Artikel
von W. Ehrensberger und
A. Sturm, Euro am Sonntag
Neue Aufräumarbeiten des im Mai 2015 angetretenen Chefs der Deutschen Bank, John Cryan, hinterlassen Spuren in der Bilanz: Da der Brite die Rückstellungen für Skandale noch erhöht hat und viel Geld für den Konzernumbau veranschlagt, muss er für 2015 einen Verlust von 6,7 Milliarden Euro verkünden - so viel wie noch nie in der Geschichte der Bank. Selbst in der Finanzkrise steckte das Geldhaus nicht so tief in den Miesen.
Analysten hatten nur mit rund fünf Milliarden Euro Verlust gerechnet. Die Börse reagierte angesichts der außerplanmäßigen Mitteilung geschockt: Die Aktie fiel zeitweise um fast zehn Prozent auf 16 Euro. Sie ist nicht mehr weit vom Allzeittief bei 14,69 Euro aus dem Jahr 2009 entfernt.
Grund für den Rekordverlust sind hohe Rückstellungen für Rechtsrisiken. Den Posten dafür erhöht Cryan um 1,2 Milliarden auf nun 5,2 Milliarden Euro. Zudem schrieb er fast eine weitere Milliarde für den Umbau des Privatkundengeschäfts ab. Nahezu die Hälfte der 9.000 Jobs, die die Bank abbaut, entfallen auf Deutschland und diese Sparte. Das kostet viel Geld für Abfindungen.
Überdies bekommt das Geldhaus im Tagesgeschäft Gegenwind: Betonte die Bank bisher vor allem einmalige Kostenbelastungen, sanken im vierten Quartal auch die Umsätze. Gerade das Investmentbanking schwächelte. Im Schlussquartal summierte sich der Verlust auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro. Genaue Zahlen verkündet die Bank am Donnerstag.
Erste Kritik an Cryan
Ein Ende der Rosskur ist nicht in Sicht. So könnte sich die Abspaltung der Postbank wegen Steuerthemen bis 2017 verzögern. Auch ist kein Ende der teuren Skandale absehbar. Kosten für Gerichtsprozesse dürften noch mehrere Jahre lang entstehen, glaubt Jernej Omahen, Analyst bei Goldman Sachs.Cryan verteidigte das Großreinemachen in einem Brief an die Mitarbeiter: "Die genannten Belastungen sind die Konsequenz aus den notwendigen Entscheidungen, die wir im Rahmen der Strategie 2020 getroffen haben." Sie würden die Bank effizienter machen. Unterdessen regt sich erste Kritik an ihm. Zwar ist es üblich, dass neue Chefs viele Altlasten ins erste Amtsjahr packen. Doch Cryan hatte bereits im Herbst Milliarden abgeschrieben. "Ist das jetzt der große Kehraus oder kommt noch mehr?", fragt Ingo Speich, Portfoliomanager bei Union Investment. "Ständiges Nachjustieren kostet Vertrauen."
Kapitalerhöhung möglich
Analysten spekulieren zudem, ob Cryan gegen seinen Willen nicht doch neues Kapital braucht. Zwar werden die Frankfurter bald ihre Beteiligung an der chinesischen Hua Xia Bank verkaufen, was das Eigenkapital stärkt, die schwachen Märkte könnten aber zu geringeren Erträgen und einer Verschiebung des Postbank-Börsengangs führen, sagt Daniele Brupbacher, Analyst bei der Schweizer Bank UBS.Anleger sollten die Aktie trotz Kursrutsch meiden. Der Konzernumbau dauert lang, und das Investmentbanking steht vor schweren Zeiten. Darüber hinaus bleiben mögliche Strafzahlungen ein unkalkulierbares Risiko.
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Bildquellen: UBS, 360b / Shutterstock.com
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