Hier stimmt was nicht! Fliegt HOCHTIEF zu hoch?

von Jörg Lang, Euro am Sonntag

Möglicherweise setzen Investoren auf ein fürstliches Angebot des Großaktionärs, der spanischen ACS. Eine realistische Erwartung? Der Reihe nach. ACS hält nach der jüngsten Kapitalherabsetzung mehr als 71 Prozent der HOCHTIEF-Anteilscheine. Die Essener wiederum besitzen 72 Prozent am australischen Baukonzern CIMIC.

Wer diese Kette von hinten angeht, erkennt Ungereimtheiten. CIMIC wird mit 6,3 Milliarden Euro bewertet. Die Erlöse und Gewinne konsolidiert HOCHTIEF. Sie standen 2015 für rund 90 Prozent des Betriebsergebnisses. CIMIC repräsentiert aber nur 56 Prozent des Börsenwerts. ACS wiederum konsolidiert alle Erträge der Essener. Das macht nicht ganz die Hälfte des Betriebsergebnisses aus. An der Börse wird ACS mit 8,4 Milliarden Euro bewertet, nur etwas mehr als die Tochter, die eine Milliarde Euro weniger verdient.

Die Kursentwicklung der Aktien bestätigt den Eindruck. HOCHTIEF-Aktien brachten in den vergangenen fünf Jahren 150 Prozent, der ökonomisch wichtigste Teil, CIMIC, legte nur um 45 Prozent zu, die Mutter verbesserte sich nur um ein Prozent. Geschuldet ist diese Unstimmigkeit Aktienrückkäufen bei HOCHTIEF. Weil Großaktionär ACS seine Aktien nicht verkaufte, stieg deren Anteil von knapp 54 auf über 71 Prozent an, der Streubesitz verringerte sich, die Kurse verteuerten sich. Das war im Interesse der Spanier, weil deren HOCHTIEF-Aktien beliehen waren, ein höherer Kurs die Gläubigerbanken beruhigt.

Geht es nun aber um einen Gewinnabführungsvertrag, den ACS anstreben wird, gelten andere Regeln. Dem Großaktionär ist dann daran gelegen, möglichst wenig Abfindung und eine niedrige Garantiedividende zu zahlen. Und gemessen an den operativen Zahlen wäre es nicht verwunderlich, wenn ein Wertgutachten Abfindungsbeträge ermittelt, die den aktuellen Kurs der Aktie unterschreitet.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.