Euro am Sonntag

Computerspiele: Wer die echten Schlachten gewinnt

22.03.16 03:00 Uhr

Computerspiele: Wer die echten Schlachten gewinnt | finanzen.net
Call of Duty: Black Ops III

Die Boombranche ­erlebt einen Wandel. Immer mehr Spieler tragen ihre virtuellen Kämpfe online aus. Die Schlacht um Marktanteile hat begonnen.

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von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Zerzauste Haare, blasse Haut, Brille - auf den ersten Blick ist Peter Dager recht unscheinbar. Für Millionen Computerspielefans ist der 24-Jährige aber kein gewöhnlicher junger Mann, sondern so etwas wie der Lionel Messi des elektronischen Sports, kurz E-Sports. Peter und sein Team füllen ganze Hallen, wenn sie sich mit anderen Mannschaften duellieren. Es geht um Preisgelder in Millionenhöhe - besonders viel Geld und Ruhm winken beim Echtzeit-Strategiespiel "Dota 2", das vom nicht börsengelisteten Spielehersteller Valve entwickelt wurde. Auf dem virtuellen Schlachtfeld tritt Dager mit seinem Team so trickreich an wie der argentinische Fußballer, um das gegnerische Lager zu zerstören.



Schon heute verfolgen knapp 230 Millionen Fans die E-Sport-Szene, schätzen die Marktforscher von Newzoo. Bis 2019 werden es voraussichtlich knapp 350 Millionen Menschen sein, die die virtuellen Matches per Videostream oder live in einer der Arenen verfolgen. Das weltweite Umsatzvolumen im E-Sport-Segment belief sich im vergangenen Jahr Marktforschern zufolge auf eine Dreiviertelmilliarde Dollar. Angesichts der rasch steigenden Zuschauerzahlen dürfte das Geschäftsvolumen in den kommenden Jahren rasant zunehmen.

Kotick schaltet auf Angriff

Auf diesen Trend setzt Bobby Kotick, Chef des weltgrößten Computerspieleentwicklers Activision Blizzard, der mit Titeln wie "World of Warcraft" oder "Call of Duty" rund 500 Millionen Spieler in seinem Onlinenetzwerk zählt. Der Milliardär, der seit 25 Jahren an der Unternehmensspitze steht und mit Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg liiert sein soll, rüstet auf im Kampf um die Krone im E-Sport und holte jüngst Steve Bornstein an Bord. Bornstein, der als Chef von ESPN maßgeblich am Aufbau von Disneys Sportkanal betei­ligt war, soll die E-Sport-Sparte der Kalifornier voranbringen. Koticks ausgegebenes Ziel ist, die Nummer 1 in dem Bereich zu werden und in Zukunft beträchtliche Einnahmen, etwa durch den Verkauf von Werbung bei der Übertragung der Turniere, zu erzielen.

Der Schritt kommt zur richtigen Zeit. Den Amerikanern macht die nachlassende Nachfrage nach dem Spiele-Blockbuster "World of Warcraft" zu schaffen, der Ende Mai sogar als Verfilmung in die Kinos kommt. Mit dem Onlinerollenspiel erzielen die Kalifornier im Durchschnitt einen Jahresumsatz von rund einer Milliarde Dollar. Viele Spieler der vergangenen Jahre sind allerdings erwachsen geworden und verbringen ihre Nächte nicht mehr daddelnd im stillen Kämmerlein.


Neues Umsatzpotenzial verspricht das Geschäft mit mobilen Spielen für Smartphones. Zwischen 2015 und 2020 steigen die Umsätze mit Handyspielen voraussichtlich um die Hälfte auf 31 Milliarden Dollar. Angesichts solcher Zahlen fiel es Kotick nicht schwer, im November knapp sechs Milliarden Dollar für den Handyspiele-Entwickler King Digital zu zahlen. Kritiker bemängeln zwar den hohen Kaufpreis für die kleine Firma, die vor allem für das Puzzle-Videospiel "Candy Crush Saga" bekannt ist. Kotick ist jedoch spendabel, wenn es darum geht, den Konzern für den rasant fortschreitenden Wandel in der Branche fit zu machen.

Neben Handygames und reinen Onlinespielen fokussieren sich die Entwickler zunehmend darauf, Computerspiele direkt über das Internet an den Endkunden zu verkaufen. Zwischen 2015 und 2020 soll das Download-Segment laut Marktforschern um fünf Milliarden auf knapp 15 Milliarden Dollar wachsen. Durch das Ausschalten von Zwischenhändlern steigen die Margen der Spiele-Publisher - ein Aspekt, der auch an der Börse zunehmend Beachtung findet.


Der Spieleentwickler Ubisoft ist online eine Macht. Mit dem Ego-Shooter "Tom Clancy’s The Division" führen die Franzosen die Download-Charts von Amazon in den USA an. Rund 27 Prozent der Erlöse erzielt der Konzern inzwischen mit Downloads - Tendenz steigend. In den kommenden drei Jahren strebt Chef und Mitgründer Yves Guillemot ein konzernweites Umsatzplus von 60 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro an. Das bereinigte operative Ergebnis soll sich sogar verdreifachen.

Franzosen auf Brautschau

Arnaud de Puyfontaine, Chef des französischen Medienriesen Vivendi, ist das offenbar nicht entgangen. Im Januar verkaufte Vivendi die restlichen Anteile an der einstigen Tochter Activision Blizzard. Dafür stockten die Franzosen ihre Beteiligung an Ubisoft auf 15 Prozent auf. Börsianer spekulieren bereits darauf, dass Vincent Bolloré, einer der bekanntesten Aktiv-Investoren Frankreichs und Aufsichtsratschef von Vivendi, mehr will. Getrieben von Übernahmespekulationen notiert die Aktie von Ubisoft in der Nähe ihrer Rekordstände.

Ganz konkrete Übernahmepläne verfolgt Vivendi beim auf mobile Spiele spezialisierten Entwickler Gameloft. Für das von Michel Guillemot - einem Bruder von Ubisoft-Chef Yves Guillemot - gegründete und geleitete Unternehmen erhöhte Vivendi seine Offerte auf 610 Millionen Euro. Außerdem hält der Medienriese inzwischen 30 Prozent der Anteile. Bei Michel Guillemot stößt das Angebot für den Marktführer bei Handyspielen allerdings auf wenig Gegenliebe. Der 57-Jährige weist den Übernahmeversuch bislang entschlossen als feindlich zurück.

Angesichts der hohen Wachstumsraten könnte der Vorstoß des Medienkonzerns Vivendi erst der Anfang einer Übernahmewelle im Computerspielebereich sein. US-Konkurrent Electronic Arts etwa könnte sich nach zuletzt eher enttäuschender operativer Entwicklung - wie schon in der Vergangenheit - auf die Suche nach aussichtsreichen Firmen machen.

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Bildquellen: Activision Blizzard Deutschland GmbH

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23.07.2010Ubisoft Entertainment neutralWedbush Morgan Securities Inc.
15.05.2008Ubisoft neuen Stoppkurs setzenFocus Money
20.01.2005Ubisoft: In-LineGoldman Sachs
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