Chevron-Aktie & Co: Die Teuer-Profiteure
Die Inflation zieht unerwartet stark an. Sogar eine Stagflation droht. Welche Unternehmen mit steigenden Kosten am besten klarkommen.
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Wer eine Uhr der Schweizer Nobelmarke Hublot kaufen will, muss etwas tiefer in die Tasche greifen. Preiserhöhungen von drei bis vier Prozent hat die zum Luxuskonglomerat LVMH gehörende Marke angekündigt. Die Kundschaft sollte es verschmerzen können. Bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von rund 20.000 Euro spricht Hublot jene mit großzügigem Budget an.
Nicht alle Konsumenten haben es so einfach. Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Inflation in der westlichen Welt weiter angeheizt. Um 7,5 Prozent sind die Verbraucherpreise in der Eurozone im März gestiegen. In Deutschland stiegen nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts die Preise um 7,3 Prozent und damit so extrem wie zuletzt im Herbst 1981. Den größten Anstieg gab es bei Haushaltsenergie und Kraftstoffen, die sich um fast 40 Prozent verteuerten. Für Nahrungsmittel mussten die Deutschen 6,2 Prozent mehr bezahlen als im selben Zeitraum des Vorjahres. Das bringt vor allem Verbraucher aus den unteren Einkommensschichten in Bedrängnis.
Auch Unternehmen müssen scharf kalkulieren: Wegen der höheren Kosten wollen so viele wie noch nie ihre Preise in den kommenden drei Monaten anheben, ergab eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts. Nicht jedem Unternehmen wird das gelingen. Konsumgüterhersteller warnten bereits, dass es schwerer wird, die Preise weiter anzuheben. Das könnte die Margen der Konzerne drücken. Unilever erklärte im Februar, dass es zwei Jahre dauern könne, bis die Gewinnspanne wieder das Niveau des Jahres 2021 erreichen werde. Selbst Nestlé, mit seinen starken Marken ein Star der Branche, stimmte die Finanzmärkte darauf ein, dass die Marge wegen steigender Kosten für Rohstoffe und Logistik in diesem Jahr sinken könne. Die Investmentbank JP Morgan hat ihre Gewinnschätzungen für das laufende Jahr bei vielen europäischen Konsumgüterherstellern gesenkt. Vor allem die Hersteller von Bier, Haushaltsartikeln, Personal Care und Nahrung seien von steigenden Kosten betroffen. Ähnliche Sorgen plagen Restaurantbetreiber wie die Fastfoodkette McDonald’s.
Der extreme Preisdruck bringt auch die Notenbanken in Bedrängnis: Zinsanhebungen würden die Inflation eindämmen, gleichzeitig aber auch die Wirtschaft schwächen. Im ungünstigen Fall droht der Welt eine Stagflation, also eine stagnierende Wirtschaft bei stark steigenden Preisen.
Die Aktienmärkte stecken die Turbulenzen erstaunlich gut weg. Der erste Schreck nach dem russischen Angriff auf die Ukraine scheint ausgestanden zu sein. Der DAX legte seit seinem Tiefpunkt Anfang März zwischenzeitlich um 2.000 Punkte zu. Rund die Hälfte der Lücke zum Rekordhoch ist geschlossen worden.
Im Szenario der Bullen geht der Krieg in der Ukraine in die finale Phase. Ein Waffenstillstand würde auch die Weltwirtschaft beruhigen und zurück auf den Erholungspfad lenken, womöglich mit zusätzlicher Unterstützung durch neue Konjunkturprogramme der Staaten. Die Inflation würde sich in diesem Szenario normalisieren oder zumindest abschwächen.
Zu den Skeptikern gehören die US- Anlagestrategen der Investmentbank Morgan Stanley. Dort sieht man die Kurserholung als eine Bärenmarktrally, also ein kurzlebiges Comeback innerhalb einer längerfristigen Abwärtsbewegung. Es werde für Investoren immer schwerer, das makroökonomische Umfeld mit einer deutlichen Abkühlung der Konjunktur zu ignorieren.
Inflation allein ist für die Aktienmärkte nicht gefährlich, sofern die Wirtschaft weiter wächst. Denn wer Aktien kauft, wird Miteigentümer eines Unternehmens und investiert somit in Sachwerte. Unternehmen, die begehrte oder notwendige Produkte herstellen, können steigende Kosten an die Kunden weiterreichen und die Inflationseffekte dadurch kompensieren. Wer sein Geld auf dem Bankkonto bunkert, wird dagegen vom Kaufkraftverlust mit voller Wucht getroffen.
Rohstoff-Boom treibt Kurse
Auf dem Kurszettel sind die klaren Gewinner in diesen Tagen Rohstoffwerte. Bergbaukonzerne wie Rio Tinto und Ölriesen wie Chevron dürften dank der massiv gestiegenen Preise ihre Gewinne in diesem Jahr kräftig ausbauen. Schwer einzuschätzen ist, wie lange die durch den Krieg in der Ukraine angefeuerte Sonderkonjunktur anhält. Insbesondere die europäischen Rohstofftitel sind trotz der kräftigen Kursgewinne mit einstelligen Werten beim Kurs-Gewinn-Verhältnis noch immer moderat bewertet. Das zeigt, dass eine Normalisierung der Preise zumindest teilweise bereits in den Kursen verarbeitet ist.
Im DAX, der ohne klassische Rohstoffwerte auskommen muss, ragt in diesem Jahr Bayer heraus. Die Aktie der Rheinländer ist aufgrund der Schadenersatzklagen gegen den 2018 eingekauften Agrarkonzern Monsanto aus vielen Depots verbannt worden. Ausgerechnet dieser Bereich wird jetzt zum Kurstreiber. Bei steigenden Preisen für Agrarprodukte sollte Bayer höhere Preise für Saatgut und Pflanzenschutz durchsetzen können. Die Agrarsparte wird nach den Plänen des Managements mit einem Umsatzwachstum von sieben Prozent in diesem Jahr wichtigster Wachstumstreiber des Konzerns sein. Auch die Marge soll dort anziehen.
Unternehmen mit Preissetzungsmacht sind in Zeiten hoher und steigender Inflation begehrt. Viele dieser Titel kommen aus dem Bereich der sogenannten Qualitätsaktien. Dort geht es nicht um die meist volatilen und schwer zu prognostizierenden Rohstoffpreise, sondern um Markenimage und Innovationskraft, die Unternehmen in hohe Margen und starke Bilanzen ummünzen. Zum Kreis der Qualitätsaktien gehört LVMH. Herzstück des französischen Luxusgüterkonglomerats ist das Geschäft mit Mode und Lederwaren um Marken wie Louis Vuitton. Die operative Marge in diesem Bereich lag zuletzt bei über 40 Prozent, für den Gesamtkonzern bei rund 27 Prozent. Möglich macht das der betuchte Kundenkreis, der nicht auf Preisschilder achten muss.
Erst Mitte Februar, berichten Analysten, hat Louis Vuitton die Preise für einige Handtaschenmodelle um 20 bis 25 Prozent angehoben. Das ist auch für eine Nobelmarke ein kräftiger Aufschlag, entspricht aber dem generellen Trend. Die Analysten der UBS schätzen, dass Topmarken der Luxusgüterindustrie die Preise in den vergangenen 20 Jahren um das Zweieinhalbfache der Inflationsrate angehoben haben.
Gefangen im Netz
Dass man luxuriöse Ergebnisse mit Kunden aus allen Einkommensklassen erwirtschaften kann, demonstriert Apple. Das erste iPhone verkaufte der Techkonzern Ende 2007 in Deutschland für 399 Euro. Heute kostet das Topmodell in der Grundausstattung mehr als dreimal so viel wie bei der Premiere. Das iPhone hat viele Kunden in die Apple-Welt gezogen. Bei inzwischen weltweit 1,8 Milliarden aktiven Apple- Geräten hat der Konzern eine große Kundengruppe, der weitere Produkte und Dienstleistungen verkauft werden können. Je tiefer ein Kunde in das Universum eintaucht, desto größer wird die Hemmschwelle, zur Konkurrenz zu wechseln. Auch das verschafft Apple einen Hebel, um weiter Preiserhöhungen durchzudrücken. Die Ebit-Marge lag im vergangenen Geschäftsjahr bei fast 30 Prozent.
Defensiver Schutz fürs Depot
Eine im aktuellen Umfeld attraktive Mischung bietet der Gesundheitssektor. Die Nachfrage nach Medikamenten, Verbrauchsgütern und medizinischen Dienstleistungen ist weitgehend unabhängig von der Wirtschaftslage. Nachdem in der Pandemie Operationen aufgeschoben wurden, gibt es jetzt viel nachzuholen. Steigende Kosten dürften Pharmakonzerne und Medizintechnikspezialisten kompensieren können, weil die Konkurrenz in vielen Kategorien überschaubar ist.
Das sollte auch Roche helfen. Rund 28 Millionen Menschen werden mit Medikamenten des Schweizer Pharmakonzerns behandelt. Mehr als ein Dutzend der Wirkstoffe werden laut Konsensschätzung in diesem Jahr über eine Milliarde Franken einspielen. Das wertvollste Produkt ist der MS-Wirkstoff Ocrevus mit mehr als fünf Milliarden. Auch wenn die Wachstumsraten in der Pharmaindustrie unspektakulär anmuten, sind viele Unternehmen als defensive Depotbeimischung beliebt. Im Fall von Roche ragt die Dividendenhistorie heraus. In diesem Jahr hat der Konzern seine Ausschüttung zum 35. Mal in Serie angehoben. Auch das mildert den Inflationsschmerz.
INVESTOR-INFO
Apple
Auf Rekordkurs
Am 28. April will Apple Quartalsergebnisse vorlegen. Nach dem starken Wachstum in der Pandemie wird sich die Dynamik abschwächen. Für das bis Ende September laufende Geschäftsjahr erwarten Analysten beim Gewinn je Aktie einen Zuwachs von knapp zehn Prozent. Wichtig wird sein, dass die Logistik nicht zu stark durch Covid-Einschränkungen gebremst wird. Charttechnisch nähert sich die Aktie auch in Dollar dem Rekordhoch. Ein Durchbruch wäre ein starkes Kaufsignal.
Bayer
Comeback des Jahres
Nach der desaströsen Übernahme von Monsanto will Bayer den Blick nach vorn richten. Die juristischen Probleme sind nicht aus der Welt, scheinen inzwischen aber beherrschbar zu sein. Die stark gestiegenen Agrarpreise helfen Bayer beim Verkauf von Pflanzenschutz und Saatgut. Auch aus dem Pharmageschäft gab es zuletzt positive Nachrichten. Die Aktie ist stark in das Jahr 2022 gestartet, aber trotzdem noch immer günstig.
LVMH
Luxus-Margen
Mit seinem breiten Markenportfolio ist der französische Luxusgüterkonzern in einer einzigartigen Position. Die Margen sind traumhaft hoch, Marken wie Louis Vuitton auch bei jüngeren Konsumenten als Prestigeobjekt begehrt. Kurzfristig Probleme könnten größere Covid-Lockdowns in China bringen, weil das Land wichtiger Absatzmarkt für Luxusgüter ist. Rückschläge der Aktie bleiben bei LVMH Kaufgelegenheiten.
Mcdonald’s
Bewährtes Rezept
Viele Restaurants in den USA leiden unter steigenden Kosten und Mangel an Arbeitskräften. McDonald’s hat Erfahrung darin, steigende Kosten an die Kunden weiterzugeben. Das Abflauen der Pandemie insbesondere in den USA sollte sich positiv auf das Geschäft auswirken. Der Rückzug aus Russland hat dagegen nur einen kleinen Bilanzeffekt. McDonald’s hebt seine Dividende seit mittlerweile 45 Jahre durchgehend an. Die Aktie bleibt ein gutes Defensivinvestment.
Roche
Defensiver Dauerläufer
Pharma-Aktien erleben als defensives Investment ein Comeback. Selbst in einer Stagflation sollten sich Unternehmen wie Roche gut halten. Nachdem in der Pandemie die Diagnostiksparte des Konzerns glänzte, dürfte jetzt wieder das Kerngeschäft Pharma in den Blickpunkt rücken. Den Kerngewinn je Aktie will Roche in diesem Jahr im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich steigern. Die Dividendenrendite ist moderat, die Ausschüttung dürfte weiter steigen.
Shell
Spektakuläre Wende
Eine imposante Wende hat der britische Energiekonzern vollzogen: Nach einem Verlust von fast 22 Milliarden Dollar im Jahr 2020 erwirtschaftete Shell im vergangenen Jahr mehr als 20 Milliarden Dollar Gewinn. Wichtiger Treiber ist der Ölpreis. Der Rückzug aus Russland, durch den jetzt bis zu fünf Milliarden Dollar Abschreibungsbedarf entsteht, ist zu verkraften. Trotz deutlicher Kursgewinne wird die Aktie von Shell mit einem lediglich einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt. Wir sehen weiter Potenzial.
Qualitätsaktien ETF
Die besten der Welt
Hinter Qualitätsaktien stehen Unternehmen mit hohen Margen, starker Bilanz und zuverlässiger Gewinnentwicklung. In einem Umfeld mit steigenden Kosten und einer sich abkühlenden Wirtschaft bieten solche Titel überdurchschnittliche Chancen. Rund 300 qualitativ starke Unternehmen sind im MSCI World Quality Index gebündelt. Am stärksten gewichtet waren in dem Aktienkorb zuletzt Apple, Microsoft und Nvidia. Außerhalb des Techsektors sind Johnson & Johnson, Nike oder auch Roche prominent vertreten. Kostengünstig investieren können Anleger in den Index über einen ETF, wie ihn unter anderem iShares anbietet.
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