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Italien: Viele Börsengänge und eine Hängepartie

13.01.18 11:00 Uhr

Italien: Viele Börsengänge und eine Hängepartie | finanzen.net

Die Regierungsbildung in Italien nach der Wahl im März wird schwierig. Dennoch streben viele Unternehmen an den Aktienmarkt - und Anleger profitieren von Steuervorteilen.

von Micaela Taroni, €uro am Sonntag

Eine Rekordzahl von Börsengängen könnte es 2018 in Mailand geben. Und der italienische Aktienmarkt dürfte weiterhin von Steuervorteilen für Sparpläne profitieren - gute Aussichten also, wären da nicht die für den 4. März angesetzten Parlamentswahlen und die Unsicherheit, wer das Land künftig regieren wird.

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Die Demokratische Partei (PD) des amtierenden Premiers Paolo Gentiloni muss mit starken Verlusten rechnen. Es scheint unwahrscheinlich, dass sie die 40 Prozent der Stimmen erobern kann, die für eine stabile Regierung nötig sind. Die PD zieht mit Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Das Ansehen des im ­Dezember 2016 nach fast drei Jahren ­zurückgetretenen Toskaners ist angekratzt. Er ist nicht mehr der dynamische Jungstar, der 2014 das Steuer an sich riss. Italien hat zwar unter seiner Führung wichtige Reformen umgesetzt, positive Auswirkungen sind für viele in der Bevölkerung aber kaum zu spüren.

Populisten im Land des Grolls

Die Folgen der Krisenjahre sind noch nicht überwunden und stimmen viele Italiener pessimistisch. Die Statistik­behörde Censis sprach im jüngst veröffentlichten Jahresbericht von einem "Italien des Grolls", das sich massiv populistischen Gruppierungen zuwendet.

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Bei den Wahlen wird mit starkem Zuwachs für die konservative Forza Italia gerechnet, in welcher der 81-jährige Silvio Berlusconi noch immer das Sagen hat. Die Lega Nord dürfte mit Parolen für mehr Sicherheit und gegen Einwanderung punkten. Als stärkste Einzel­partei könnte die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung um Komiker Beppe Grillo abschneiden. Die Movimento 5 Stelle liegt mit knapp 30 Prozent vor Renzis PD. Die Aussichten auf eine stabile Regierung in Rom sind trüb.

Wesentlich besser sieht es an der Börse in Mailand aus. Nach der Rückkehr des Reifenherstellers Pirelli und der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena an die Börse sowie der Notierung des Glücksspielbetreibers Gamenet stehen auch 2018 mehrere Börsengänge an. Bei der Borsa Italiana, einer Tochter der London Stock Exchange, hofft Vorstandsvorsitzender Raffaele Jerusalmi, dass 2018 eine Rekordzahl von 50 Unternehmen aus verschiedenen Sektoren den Sprung an die Börse schafft.
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Firmen mit Börsenfantasie

So arbeitet Italiens erste mehrheitlich private Bahngesellschaft NTV am Börsengang, einziger Konkurrent der Staatsbahnen FS im Hochgeschwindigkeitsbereich. Geplant ist die Notierung eines Anteils zwischen 30 und 40 Prozent. Das 2012 gestartete Unternehmen hat 2016 mit seinen Italo-Zügen erstmals Gewinne erzielt. Die Züge befahren die Nord-Süd-Achse zwischen Mailand und Neapel, nun will NTV auch im regionalen Verkehr aktiv werden.

Ebenfalls reif für den Sprung an den Aktienmarkt ist Eataly. Firmengründer Oscar Farinetti will einen 33-Prozent-­Anteil notieren. Mit dem Börsengang will die Kaufhauskette für italienische Feinkost ihre internationale Expansion fortsetzen - neue Kaufhäuser sollen demnächst in Südamerika, Russland und China eröffnet werden.

In der Warteschleife ist auch die Trickfilmproduktionsfirma Rainbow mit Sitz in der Kleinstadt Loreto in den Marken, die unter anderem mit der Kinderserie "Winx" bei jungen Zuschauern in 130 Ländern punktet. Firmenchef ­Iginio Staffi, der sich mit der bunten Feenserie internationalen Erfolg verschafft hat, soll der Börsengang die nötigen Mittel für internationale Akquisitionen im Filmbereich bringen.

Auch klangvolle Namen der italienischen Mode erwägen den Gang an die Börse - Insidern zufolge etwa das Traditionsunternehmen Furla, bekannt für Handtaschen, Lederaccessoires und Halstücher. Das Unternehmen mit Sitz in Bo­logna, das mehrheitlich im Besitz der Familie Furlanetto ist, will einen Anteil zwischen 25 und 35 Prozent auf den Markt bringen. Die Modefirma hat zuletzt mehrere neue Shops eröffnet und rechnet mit weiterem Wachstum. Gerüchte kursieren auch über die Gruppe Valentino, die zu den italienischen Kultlabels zählt und als Synonym für Stil gilt. Seit 2012 ist der Konzern in Händen des Herrscherhauses von Katar.

Die Börsengänge aus der Modebranche wären ein Erfolg für die Borsa Ita­liana, die sich verstärkt als internationale Plattform für Luxusunternehmen positionieren will. Aber auch der Industriebereich bleibt nicht außen vor - einen IPO erwägt Insidern zufolge beispielsweise der Gaskraftwerkkonzern Ansaldo Energia.

"Die Konjunktur ist für die Börsengänge besonders positiv", sagt Barbara Lunghi, Verantwortliche für den Bereich Primary Markets der Borsa Italiana. "Italiens Wirtschaft wächst wieder, der Export ist auf Rekordhoch und die Beschäftigungsrate steigt. Auf dem Markt ist die Liquidität stark, was auch auf die niedrigen Zinssätze zurückzuführen ist", erläutert Lunghi.

Sparpläne als Bestseller

Neujahrsoptimismus herrscht an der Mailänder Börse auch wegen des sogenannten Pir-Effekts. Bei individuellen Sparplänen (Pir), die von der Regierung Gentiloni mit dem Haushaltsgesetz 2017 eingeführt wurden, müssen Anleger keine Steuern auf ihre Gewinne zahlen, sofern sie das Geld für fünf Jahre anlegen. Und wenn 70 Prozent der Gesamtsumme in Aktien italienischer Unternehmen oder Firmen mit einer festen Betriebsstruktur in Italien geflossen sind. Wiederum 30 Prozent der Anlagen müssen in Firmen gesteckt werden, die nicht zu den 40 großen Werten des Mailänder Leitindex FTSE MIB gehören. Ziel ist es, den italienischen Mittelstand zu unterstützen. Die Steuerbefreiung gilt für bis zu 30.000 Euro pro Jahr und für insgesamt maximal 150.000 Euro. Entsprechende Anlageprodukte stoßen auf lebhaftes Interesse.

Die Börse erhofft sich durch den Pir-Boom auch 2018 einen starken Schub. Anleger profitieren davon ebenso wie Firmen, die besseren Zugang zum Kapitalmarkt erhalten. Und für den Staat stehen dem Einnahmeausfall an Steuern die Förderung der Altersvorsorge und des Wirtschaftswachstums gegenüber.

Sinkende Schuldenlast

Zuletzt wirkten Binnennachfrage wie Außenhandel als Konjunkturtreiber. Für 2017 wird mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent gerechnet - dies wäre das größte Plus seit 2010. Die positive Konjunktur sorgt auch dafür, dass die Schuldenlast endlich sinkt. "Italien hat sein Haushaltsdefizit deutlich verkleinert", so Premier Gentiloni. Er sei stolz auf die Fortschritte, die Italien erreicht habe. Die Wirtschaftsbelebung wird sich auch auf den Arbeitsmarkt auswirken: Die Arbeitslosenquote soll 2018 von 11,2 Prozent weiter auf 10,8 Prozent sinken. Im europäischen Vergleich ist diese Quote allerdings nach wie vor hoch.

Investor-Info

Schroder ISF Italian Equity
Querschnitt durch Italien

Knapp 22 Jahre ist der Schroder ISF Italian Equity auf dem Markt und hat sein Vermögen in dieser Zeit versiebenfacht. In den vergangenen Jahren zählte er zu den besten Fonds für italienische Aktien. Mindestens 30 Prozent des Aktienvermögens muss in mittelständische Unternehmen investiert werden. Auf diese Weise wird er bei Sparplänen italienischer Privatanleger steuerlich begünstigt.

GAM Euroland Value Equity
Europa mit viel Belpaese

Wer einen Europa-Fonds sucht, der relativ viele italienische Aktien enthält, wird beim GAM Euroland Value Equity fündig. Im Fokus stehen Titel, die an der Börse sehr niedrig bewertet sind. Sowohl auf Jahres- als auch auf Fünfjahressicht gehört der Fonds zu den renditestärksten seiner Art. Weil er extrem stark schwankte, trägt er jedoch FondsNote 5.

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Bildquellen: Studio 37 / Shutterstock.com, Eugenio Marongiu / Shutterstock.com

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31.10.2019Pirelli NeutralJP Morgan Chase & Co.
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