Übernahmen: Geheim-Gespräche machen’s billiger
Der Markt für Übernahmen boomt, die Preise steigen. Beste Zeiten für Verkäufer, dagegen brauchen Firmenjäger dringend neue Strategien.
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von Peer Leugermann, Euro am Sonntag
Eines steht fest für Jürgen Abromeit: "Wir machen den Wahnsinn im derzeitigen Preiskampf nicht mit", erklärt der Chef des Beteiligungsunternehmens Indus entschlossen. Die Aufregung des auf deutsche Mittelständler fokussierten Firmenkäufers hat ihren Grund: Im Markt für Unternehmensbeteiligungen tobt ein milliardenschwerer Kampf um Perlen der deutschen Wirtschaft.
Nach Angaben der auf Übernahmen spezialisierten Beratungsgesellschaft Angermann wurden vergangenes Jahr 189 Milliarden Euro für Transaktionen ausgegeben, bei denen deutsche Firmen eingekauft haben oder gekauft wurden. Die Summe ist nach dem Rekord von 2014 der zweithöchste Wert seit dem Jahr 2000. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr erklärt sich aus der geringeren Zahl an Übernahmen, bei denen mehr als eine Milliarde Euro gezahlt wurde.
Dabei häuften sich "Deals, bei denen selbst für Unternehmen mit Umsätzen unter 250 Millionen Euro und in weniger wachstumsstarken Branchen das Zehnfache und mehr des operativen Gewinns als Kaufpreis gezahlt wurde", beobachtet Angermann-Vorstand Axel Gollnick. "Nie zuvor in 20 Jahren wurden bei Übernahmen so hohe Bewertungsniveaus erreicht wie jetzt", so der Experte weiter. In den vergangenen Jahren stiegen die Preise damit um 50 Prozent.
So teuer wie nie
Heiß begehrt sind Firmen aus der Industriegüterbranche, dem Maschinenbau sowie IT- und Dienstleistungsunternehmen. Dass Firmenkäufe in absehbarer Zeit weniger kosten, scheint unwahrscheinlich. Immer mehr Kaufinteressenten drängen auf den Markt. Prominenteste Neuankömmlinge sind Firmen aus China. Kürzlich bot Midea Milliarden für den Roboterhersteller Kuka. Insgesamt haben chinesische Konzerne in diesem Jahr bereits über 5,5 Milliarden Euro für 14 deutsche Unternehmen geboten. Das ist mehr als in jedem einzelnen Jahr seit 2011 insgesamt.Grund für den Heißhunger der Asiaten ist die schwächelnde chinesische Wirtschaft. Weil es auf dem Heimatmarkt stockt, versuchen die Unternehmen durch Übernahmen neue Märkte und hochpreisigere Produktklassen zu erobern. Doch auch in Europa wecken deutsche Firmen Begehrlichkeiten. Unternehmen, Finanzinvestoren - im Fachjargon Private Equity (PE) genannt - und seit Kurzem auch die Vermögensverwalter wohlhabender Familien, sie alle wollen ihr Geld im deutschen Mittelstand anlegen.
Billiges Geld, hohe Bewertung
Angeheizt wird der Kaufrausch von einer Ursache: den Niedrigstzinsen. Konzerne verdienen mit Bargeld auf der Bank nichts mehr und stecken die Mittel daher in den Geschäftsausbau mittels Übernahmen. PE-Firmen wiederum sollen für ihre Klienten immer höhere Summen anlegen, weil sichere Investments wie Staatsanleihen keine Zinsen mehr bringen und reiche Familien sich um den Erhalt ihrer Vermögen sorgen.Unternehmen als relativ sichere und im Vergleich zu Anleihen deutlich rentierlichere Sachwerte kommen da gerade recht. Und als Weltmarktführer in zahlreichen lukrativen Nischen ist der deutsche Mittelstand das ideale Kaufobjekt. Schätzungen zufolge erzielt jeder sechste Mittelständler eine Gewinnmarge von über 20 Prozent. Im DAX ist kein einziger Konzern so profitabel.
Für PE-Firmen wie die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) bedeutet die Situation einen deutlich härteren Wettbewerb. In den branchenüblichen Bieterverfahren treiben die vielen Kaufinteressenten die Preise immer weiter nach oben. Dennoch ist die DBAG als eine der aktivsten PE-Firmen erfolgreich.
Zudem versucht der Firmenjäger immer schneller zu werden. Statt bei einer möglichen Übernahme erst die Kauffinanzierung mit der Bank aufzustellen, zahlt die DBAG mitunter zuerst alles aus eigenen Mitteln und kümmert sich anschließend um Kredite. Auch um das übernommene Unternehmen nach einigen Jahren mit Gewinn wieder zu verkaufen, rücken PE-Firmen allmählich von alten Strategien ab. Kosten senken allein reicht heute kaum noch aus, um dem nächsten Eigentümer einen noch höheren Kaufpreis als die selbst gezahlte Summe zu entlocken. Um höhere Unternehmenswerte zu erzeugen, wird nun versucht, nicht nur die Profitabilität, sondern auch die Wachstumschancen der Beteiligungen zu verbessern, etwa durch weitere Zukäufe.
Halten und investieren
Andere Beteiligungsfirmen wollen Bieterkämpfen völlig aus dem Weg gehen. Indus etwa versucht Firmen dann direkt anzusprechen, wenn sich bei diesen die Frage der Nachfolge stellt. Angesichts von 21 Übernahmen in dreieinhalb Jahren scheint die Strategie der diskreten Kaminzimmerverhandlung aufzugehen. Weil die Industrieholding ihre Beteiligungen behält und langfristig weiterentwickeln will, sieht sich das SDAX-Unternehmen vor zu hohen Preisen geschützt. Denn wichtiger, als möglichst viel beim Verkauf zu verdienen, ist vielen Eigentümern, in welche Hände das eigene Lebenswerk übergeht.Auch die kleineren Beteiligungsunternehmen MBB Industries und Gesco sind Buy-and-Hold-Investoren wie Indus und setzen auf eine ähnliche Einkaufsstrategie. Die Firmen konnten nach längerer Durststrecke 2015 jeweils wieder einen Zukauf melden. Angesichts von 100 und mehr geprüften Übernahmeangeboten pro Jahr halten sich beide Investoren bei den derzeit hohen Unternehmensbewertungen mit Zukäufen jedoch zurück. Stattdessen werden die Portfolios seit Jahren durch direkte Investitionen in die Beteiligungen gestärkt. Dank des Mix aus Zukaufdisziplin und Millionenausgaben für die eigenen Betriebe blicken MBB wie Gesco trotz eingetrübter Konjunkturbedingungen optimistisch in die Zukunft.
Ganz anders stellt sich die Lage für Aurelius dar. Laut Firmenchef Dirk Markus "unterliegt der Markt für Umbruch- und Sondersituationen ganz eigenen Gesetzen". Der Konzern kauft Restrukturierungsfälle, Konkurrenz durch PE oder andere Firmen gibt es dabei kaum. Nach zwei Jahren mit wenig Verkäufen sind nun mindestens fünf Beteiligungen reif für die Veräußerung. Anders als Indus-Chef Abromeit dürfte Markus der "Wahnsinn" bei den Firmenbewertungen kaum stören.
Investor-Info
Aurelius
Verkäufe bringen Dividende
Dank erfolgreicher Verkäufe konnte der Firmensanierer sein operatives Ergebnis im ersten Quartal 2016 auf 101,2 Millionen Euro vervielfachen. Anleger werden an den Exits über Aktienrückkäufe oder, wie zuletzt, über eine um 22,5 Prozent erhöhte Dividende beteiligt. Dank weiterer Verkäufe und voller Übernahmepipelines glaubt Aurelius im laufenden Jahr Umsatz und Ertrag weiter steigern zu können. Die Ausschüttungen des günstig bewerteten Konzerns dürften weiter zulegen.
Indus Holding
Serienkäufer
Im ersten Quartal blieben Umsatz und operatives Ergebnis wegen der stockenden Konjunktur mit 333 Millionen respektive 30,5 Millionen Euro fast stabil. Weil die Geschäfte im bisherigen Jahresverlauf anzogen, macht Indus das Ergebnis keine Sorgen. Wie in der Vergangenheit wurde auch 2016 rege zugekauft. Da die Käufe oft operative Margen von über 15 Prozent haben, erhöht das neben dem Umsatz die Profitabilität der Gruppe. Auch charttechnisch attraktiv.
MBB
Elektrofantasie
Das Beteiligungsunternehmen schaffte im ersten Quartal 2016 ein Umsatzplus von fast 30 Prozent. Das sei der Lohn der beständigen Investitionen in die Beteiligungen. Doch auch Aumann trägt zum Wachstum bei: Das erst Ende 2015 gekaufte Unternehmen stellt Maschinen zum Wickeln von Elektrospulen her, ohne diese funktioniert kein Elektromotor. Dank guter Auslastung sieht MBB seine Jahresprognose zunehmend als konservativ an.
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Bildquellen: Dragon Images / Shutterstock, Nejron Photo/Shutterstock
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12.01.2023 | INDUS Hold | Warburg Research | |
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15.11.2022 | INDUS Hold | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA |
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28.08.2009 | INDUS Holding meiden | Prior Börse | |
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