Trump-Zölle: Welche Konzerne jetzt zittern müssen
Der US-Präsident droht Europa mit Schutzzöllen. Die deutsche Autoindustrie könnte unter die Räder kommen. Welche Firmen es wie hart trifft.
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Donald Trump hat eine spezielle Vorstellung vom Amt des US-Präsidenten. Bevor der streitfreudige Milliardär ins Weiße Haus einzog, gab er seinen engsten Vertrauten einen Rat: Sie sollten jeden Tag seiner Präsidentschaft als eine Fernsehshow betrachten, in der Trump Rivalen in die Knie zwingt. In der aktuellen Episode des Reality-Dramas wurde die Rolle der Schurken neu besetzt - mit den europäischen Handelspartnern.
Im Weißen Haus unterzeichnete Trump einen Erlass, der Einfuhren von Stahl und Aluminium in die USA mit Schutzzöllen belegt. Ausgenommen sind die Nachbarstaaten Kanada und Mexiko, bislang aber nicht die Europäische Union oder auch China. Trump sieht amerikanische Unternehmen im internationalen Wettbewerb benachteiligt und will deren Position durch die Strafzölle verbessern. Trumps Attacke auf den Welthandel dürfte jedoch Gegenmaßnahmen provozieren.
Die Europäische Union hat bereits Schutzzölle auf typisch amerikanische Produkte wie Motorräder und Whiskey angedroht. Das würde Unternehmen wie Harley-Davidson und Brown-Forman (Jack Daniel’s) treffen. Trump wiederum zieht als Reaktion die Autoindustrie in den Streit hinein. Das macht den Konflikt für den DAX besonders brisant, weil diese Branche im deutschen Börsenbarometer stark vertreten ist.
"Mit Zöllen auf Autoimporte würde Präsident Trump die deutsche Autoindustrie empfindlich treffen", warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Das CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen kalkuliert, dass die deutschen Autokonzerne Gewinneinbußen von bis zu zehn Prozent erleiden könnten.
Bremsspuren bei Autowerten
Volkswagen dürfte einen Handelskrieg noch am besten überstehen, weil die USA für die Wolfsburger mit einem Absatzanteil von rund sechs Prozent im vergangenen Jahr ein vergleichsweise kleiner Markt sind. Für BMW sowie für Daimlers Hauptmarke Mercedes-Benz steht mehr auf dem Spiel. Der Anteil der USA am Gesamtabsatz lag für die beiden großen deutschen Limousinenhersteller bei 15 Prozent.
Im Detail ist die Lage komplizierter, als es Trumps Twitter-Thesen vermuten lassen. "Die Automobilindustrie ist ein hochkomplexes Netzwerk. Es werden nicht nur Autos um die Welt verschifft, sondern auch Motoren, Komponenten, Arbeitsplätze", gibt die Beratungsfirma Evercore ISI zu bedenken.
Die deutschen Autokonzerne sind auch amerikanische Unternehmen. Der größte Standort von BMW liegt nicht etwa in Bayern, sondern im US-Bundesstaat South Carolina. Daimler produziert bereits seit 1988 in den Staaten. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie beschäftigen die deutschen Hersteller in den USA derzeit 36.500 Menschen - 5.700 mehr als im Jahr 2013. Hinzu kommen 80.000 Mitarbeiter bei deutschen Zulieferern, die dort auch Hersteller anderer Nationen bedienen.
BMW produziert in Spartanburg/ South Carolina seine schweren Geländewagen der X-Reihe. Mehr als 70 Prozent der dortigen Produktion gehen in den Export - nach China, aber auch nach Deutschland. Die Münchner haben unter dem Strich im vergangenen Jahr mehr Fahrzeuge in den USA produziert als dorthin exportiert. Damit könnte BMW sogar zum Opfer von Vergeltungsmaßnahmen der Europäischen Union gegen amerikanische Schutzzölle werden.
Vergleichsweise gut gerüstet ist Thyssenkrupp. Die DZ Bank kalkuliert, dass der Konzern in seiner Sparte Steel Europe nur rund vier Prozent seiner Gesamtproduktion in die USA exportiert. Dabei handle es sich überwiegend um hochwertige Güter insbesondere im Bereich der Automobil- und Verpackungsindustrie. Dieses Material könne nicht so einfach durch Lieferungen von US-Wettbewerbern ersetzt werden.
Die französische Bank Société Générale sieht in dem Handelsstreit sogar die Chance, dass die Europäische Union eine stärkere Konsolidierung der Stahlbranche unterstützt - und deshalb die Fusion von Thyssenkrupps europäischem Stahlgeschäft mit dem des Rivalen Tata zügig genehmigt.
Ausweg aus der Krise
An der Börse kommt der Konflikt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Aktienmarktrally ist bereits ins Stocken geraten, weil die Notenbanken ihre Stützungsmaßnahmen für die Weltwirtschaft zurückfahren. Frühindikatoren sind in Europa zuletzt etwas abgekühlt. Der DAX mit seinem hohen Anteil stark auf den Export ausgerichteter Unternehmen reagiert in diesem Umfeld besonders sensibel.
Noch aber besteht die Hoffnung, dass sich der Konflikt nicht verschärft. Gestoppt werden könnte Trump durch die eigene Partei. Paul Ryan, einer der führenden Republikaner im Kongress, warnte vor "unbeabsichtigten Konsequenzen" und kündigte an, er werde die Regierung dazu drängen, die Maßnahmen enger zu fassen. Senator Orrin Hatch, der Vorsitzende des einflussreichen Finanzausschusses, will helfen, "den Schaden zu begrenzen".
Auch Volkswirte warnen vor einer Eskalation. Erfahrungen zeigen, dass "ein Land, das Strafzölle einführt, damit vor allem sich selbst schadet. Solange alle anderen Länder weiterhin untereinander Handel treiben, wären die USA der mit Abstand größte Verlierer", kommentiert Carsten Klude von der Privatbank M. M. Warburg.
Der Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer spricht sich für einen Kompromiss aus: Vergeltungszölle durch die Europäische Union drohten ins Leere zu laufen, weil Trump von den Vorteilen einer protektionistischen Handelspolitik überzeugt sei. Die Europäer, so Krämer, sollten daher anbieten, ihrerseits Zölle zu senken. "Schließlich erhebt die EU auf viele Güter, auch Autos, höhere Zölle als die USA."
Investor-Info
Schutzzölle
Hohe Barrieren
EU und USA belegen viele Produkte mit Schutzzöllen. Die Europäer sind in vielen Fällen sogar protektionistischer als der Handelspartner in Übersee: Die USA erheben laut Commerzbank auf 48 Prozent ihrer Nicht- agrarimporte keinen Zoll, im Fall der Europäischen Union gilt das nur für 26 Prozent.
Thyssenkrupp
Neue Perspektive
Ein Konzern im Umbruch: Durch die Ausgliederung des europäischen Stahlgeschäfts will Thyssenkrupp die Abhängigkeit von zyklischen Bereichen reduzieren und stärker auf margenstarke Bereiche wie die Aufzugsparte setzen. Nachdem die Umstrukturierungen im Börsenkurs inzwischen verarbeitet sein sollten, fehlen derzeit neue Kurstreiber. Strafzölle dürften den Konzern nur moderat belasten. Halteposition.
Volkswagen
Skandal im Rückspiegel
Für den Wolfsburger Automobilkonzern sind die USA ein vergleichsweise kleiner Absatzmarkt. Darum können VW-Anteilseigner den Handelsstreit relativ gelassen verfolgen. Getrieben wird die Aktie durch Fortschritte des Konzerns bei seiner Hauptmarke VW, die ihre Marge allmählich verbessert. Der Dieselskandal bleibt ein Risikofaktor, ist aber auch ein Grund, weshalb der Konzern inzwischen stärker in neue Technologien investiert.
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Bildquellen: Drew Angerer/Getty Images, DOMINICK REUTER/AFP/Getty Images
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