Euro am Sonntag-Analyse

Pharma & Biotech: Gesundheit wird komplizierter

14.12.16 03:00 Uhr

Pharma & Biotech: Gesundheit wird komplizierter | finanzen.net

Nach der Wahl feierten Anleger noch Aktien des Sektors, seitdem bröckeln die Kurse. Warum Donald Trump nicht nur positiv für die Branchen ist.

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von Julia Groß, Euro am Sonntag

Nach dem Sieg von Trump übertrafen sich Investmentbanken gegenseitig mit Einschätzungen zur künftigen Politik in den USA. Keine leichte Aufgabe, so schnell auf die unerwartete Situation zu reagieren. In einem waren sich jedoch viele Experten einig: Die Gesundheitsbranche sei der große Gewinner der Wahl. Pharma- und Biotechaktien verzeichneten heftige Kurssprünge.



Dieser Wahlbonus ist allerdings beinahe wieder aufgezehrt. Denn auch wenn noch nicht sehr viel mehr über die Politik des kommenden US-Präsidenten bekannt ist als vor vier Wochen: Dass der Healthcare-Sektor nur uneingeschränkt Positives von der nächsten Regierung zu erwarten hat, war dann doch zu kurz gegriffen.

Die Wahrheit ist komplizierter. Die gute Nachricht: Auch in Zukunft können Anleger in dieser Branche, die in den vergangenen Jahren häufig zu den Sektoren mit der besten Börsenperformance zählte, gute Renditen erzielen und ihr Depot gegen Konjunkturschwankungen absichern - denn Pharma und Co sind nicht vom Auf und Ab der Wirtschaft abhängig. Die schlechte Nachricht: Die Auswahl der richtigen Titel wird noch wichtiger, der Kreis der Firmen, die Traumwachstumsraten im zweistelligen Prozent­bereich erzielen, dürfte kleiner werden.

Größtenteils unregulierter Markt

Warum spielen die USA überhaupt so eine große Rolle für die Gesundheitsbranche? Natürlich sind die Vereinigten Staaten ohnehin ein großer, entwickelter Markt mit vergleichsweise wohlhabenden Patienten. Das Besondere ist jedoch, dass kaum staatliche Regulierung in Sachen Preisgestaltung existiert. Medikamentenhersteller verhandeln direkt mit den Versicherungen, es gibt fast keine Obergrenzen oder Zwangsrabatte, wie sie in Europa gang und gäbe sind. Entsprechend zahlen die Amerikaner deutlich mehr für Arzneimittel als beispielsweise deutsche Patienten.

Überraschende Trump-Äußerung

Diese lukrative Besonderheit sahen Investoren durch Hillary Clinton bedroht. Doch auch unter Donald Trump wird wohl nicht alles eitel Sonnenschein. "Ich werde die Medikamentenpreise senken", kündigte er überraschend vergangene Woche im Interview mit dem "Time Magazine" an, das ihn zur "Person des Jahres" kürte. Der Nasdaq-Biotech-Index fiel nach Bekanntwerden des Zitats um drei Prozent.


Schon seine allgemeinen Ankündigungen bieten sowohl Vor- als auch Nachteile für die Branche. Die geplanten Steuererleichterungen für im Ausland geparkte Gewinne sind beispielsweise positiv. Sie könnten dem Sektor eine neue Übernahmewelle bescheren. Pfizer, Merck, Eli Lilly, Amgen und Johnson & Johnson verfügen zusammen über mehr als 250 Milliarden Dollar Cash­ im Ausland.

"Dagegen dürften Trumps protektionistische Tendenzen, sofern er diese wirklich umsetzt, eher negative Folgen für die global agierenden Gesundheitsfirmen haben", sagt Samuel Stursberg, Leiter Health­care-Research bei der Schweizer Bellevue Asset Management. Bereits jetzt ist eine weitere Folge des Regierungswechsels spürbar: In Erwartung einer steigenden Inflation verkaufen Anleger defensive Health­care-Titel, um in zyklische Werte wie Energiefirmen zu investieren. Die Sektorrotation dürfte noch andauern, verschafft längerfristig orientierten Investoren aber auch Einstiegsgelegenheiten.


Bereits an seinem ersten Tag im Amt, also am 20. Januar, will Donald Trump außerdem Obamacare zurücknehmen. Da kein Politiker ernsthaft 20 Millionen US-Bürger, die durch dieses Gesetz eine Krankenversicherung erhielten, im Regen stehen lassen will, wird Obamacare durch ein - vermutlich dem Original gar nicht so unähnliches - Konstrukt ersetzt werden. Unter der zwischenzeitlichen Unsicherheit leiden vor allem Krankenhausgesellschaften und einige Versicherer.

Ersatz für Obamacare

Dennoch birgt ein Obamacare-Ersatz auch für Pharma und Biotech Fallstricke: Wenn die Republikaner weniger Staatsgelder für die Versicherten ausgeben wollen, muss jemand anderes die Kosten tragen. Die große Sorge: Ein Teil könnte auf die Medikamentenhersteller umgelegt werden. Auch die Streichung des Reimportverbots steht im Raum. Das bedeutet, dass Medikamente, die in den USA hergestellt und anderswo bil­liger verkauft werden, wieder zurück­importiert werden dürften. Dafür hatte sich Donald Trump im Wahlkampf ausgesprochen. Auch Demokraten dürften so einer Maßnahme zustimmen.

Und das Thema Preisdruck ist keineswegs vom Tisch. Die Amerikaner ärgern sich mehr als je zuvor über den Status quo und die jährlichen Preis­erhöhungen der Medikamentenhersteller. Trump hat sein Ohr bekanntlich ganz nah an Themen, die US-Bürger bewegen, wie sein "Time"-Interview zeigt. Gleichzeitig setzen die privaten Assekuranzen, bei denen zwei Drittel aller Krankenversicherten einen Vertrag haben, Pharma- und Biotechfirmen auch schon ohne staatliches Zutun zunehmend unter Druck: Überall dort, wo es konkurrierende Medikamente mit ähnlichem Profil gibt, wo Generika und Bio­similars vorhanden sind, wollen sie Rabatte sehen. Mittel gegen Dia­betes, Rheuma, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sind bislang am häufigsten betroffen.

Längerfristig, ist sich Rudi Van den Eynde, Manager des Candriam-Biotechnology-Fonds sicher, werden auch Krebsmedikamente ins Visier der Kostenträger geraten. "Da wird es irgendwann nicht mehr gehen, sechs bis acht extrem teure Arzneimittel hintereinander auszuprobieren", sagt er, "da gibt es dann vielleicht ein maximales Budget, das ein Versicherer bereit ist, für einen Patienten zu zahlen." Sein Fazit: "Innovation ist das Einzige, was künftig den Firmen noch Preissetzungsmacht gibt."

Wer nicht mit Arzneimitteln aufwarten kann, die medizinischen Fortschritt bringen, muss sie sich dazukaufen. Oder versuchen, sich aus der Schusslinie zu bringen. So wie Allergan-Chef Brent Saunders, der jetzt verspricht, die Pillenpreise fortan um nicht mehr als zehn Prozent pro Jahr zu erhöhen. Er wird Nachahmer finden.

Investor-Info

BB Biotech
Ertrag plus Dividende

Für die Aktie der Schweizer Beteiligungs­gesellschaft spricht nicht nur der gute Track- Record des Managementteams. Seit einigen Jahren schüttet BB Biotech außerdem eine Dividende in Höhe von fünf Prozent auf den gewichteten Durchschnittskurs der Aktie im Dezember aus. Zuletzt waren es 14,50 Schweizer Franken. Im Portfolio befinden sich unter anderem Titel von Actelion. Die Schweizer Firma spricht zurzeit mit US-Gigant Johnson & Johnson über eine Übernahme.

Candriam Eq. Biotechnology C
Erfahrung plus Erfolg

Der Fonds zählt seit Jahren zu den besten in der Kategorie Biotechnologie. Neben der Alzheimer-Wette Biogen sind Gilead, Incyte und Amgen die größten Positionen. Gilead könnte als potenzieller Käufer anderer Firmen von der Repatriierung des Auslandsvermögens profitieren. Amgen versucht gerade, für seinen Cholesterinsenker ein Alleinstellungsmerkmal zu erreichen. Schafft es das Medi­kament, in einer Studie die Zahl der Herz­infarkte um 20 bis 25 Prozent zu senken, dürfte der Umsatz in die Höhe schnellen.

Incyte
Innovation plus Fantasie

Incyte hat das, was alle wollen: einen Wirkstoff, der in Kombination mit den bereits zugelassenen Krebs-Immuntherapeutika deren Wirkung verstärken soll. Dazu kommt ein Medikament gegen eine Knochenmarkserkrankung, das 2016 über 800 Millionen Dollar einbringen wird - plus eine sehr respektable ­Pipeline weiterer Forschungsprojekte. Damit stehen die Amerikaner sehr gut auf eigenen Füßen, gelten aber gleichzeitig als eines der attraktivsten Übernahmeziele im Sektor.

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