Merck-Aktie: So sehen kerngesunde Ergebnisse aus!

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Stefan Oschmann, seit Ende April an der Spitze des Pharma- und Chemiekonzerns Merck, tritt in große Fußstapfen. Unter Oschmanns Vorgänger Karl-Ludwig Kley vollzog der DAX-Konzern den nachhaltigsten Wandel in seiner Geschichte. Der Aktienkurs stieg mit Kley auf dem Chefsessel binnen neun Jahren inklusive Dividenden um über 90 Prozent. Zum Vergleich: Der DAX kam nur auf ein Plus von einem Drittel.

Kleys letzter großer Coup, die 17 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Laborzulieferers Sigma-Aldrich, verschaffte Merck Zugang zu neuen Dimensionen bei Umsatz und Gewinn. Im dritten Quartal fuhren die Darmstädter ein Umsatzplus von 19 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro ein. Organisch stiegen die Erlöse um knapp ein Prozent. Das operative Ergebnis (Ebitda) vor Sondereinflüssen kletterte um 24 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro und damit stärker als von Analysten erwartet. Netto verdiente Merck 457 Millionen Euro - ein überproportionaler Anstieg von 26 Prozent.

"Wir hatten ein gutes drittes Quartal und erhöhen den Ausblick für das Gesamtjahr", sagte Oschmann. Bei der Umsetzung der Strategie sei man gut vorangekommen. "Wir haben unsere Pharma-Pipeline weiterentwickelt und sind dabei, die Kostensynergien aus der Akquisition von Sigma-Aldrich schneller zu realisieren als geplant", zog der Neue ein Fazit.

Für das Gesamtjahr schraubt Merck die Prognose für den operativen Gewinn vor Sondereinflüssen um 200 Millionen auf 4,45 bis 4,6 Milliarden Euro nach oben. Oschmann setzt dabei vor allem auf die starke Entwicklung der Pharmasparte, dem umsatzstärksten Geschäftsbereich. Der Manager verweist auch auf die Auflösung von Rückstellungen für Forschungsprojekte, die Risiken sinken also offenbar. Zudem stiegen die Forschungs- und Entwicklungskosten zuletzt weniger stark an als erwartet. Schon zu seiner Zeit als Leiter der ehemaligen Biopharma-Sparte der Darmstädter bewies sich Oschmann als Kostenoptimierer. Den Kurs setzt der 59-jährige Unterfranke im Konzern fort.

Neue Kurstreiber

Sparen ist jedoch nicht alles, die Pharmasparte dürfte bald nach langer Flaute endlich wieder mit neuen Medikamenten aufwarten. Bereits im Sommer reichte Merck aufgrund neuer Daten den zweiten Zulassungsantrag für Cladribin-Tabletten zur Behandlung von schubförmiger Multipler Sklerose in Europa ein. Vor fünf Jahren scheiterte Merck noch an mehreren Zulassungsbehörden. Damals brachen dem Unternehmen fest einkalkulierte Milliardenerlöse weg. Außerdem rechnet der Konzern mit der Zulassung seiner Krebsimmuntherapie Avelumab. Klappt alles wie geplant, dürften die beiden Behandlungen im kommenden Jahr die ersten Umsätze generieren.

Auch der neue Merck-Chef hat in seinen ersten sieben Monaten Spuren hinterlassen. Die Aktie weist ein Plus von 15 Prozent auf - und hängt den DAX wieder ab.