Euro am Sonntag-Analyse

Hoch bringt Tief: Was an der These dran ist

08.08.17 09:04 Uhr

Hoch bringt Tief: Was an der These dran ist | finanzen.net

Der steigende Euro wird als Grund für die jüngste Schwächephase im DAX genannt. Was ist wirklich dran an der These? Die Auswirkungen.

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Indizes

19.270,7 PKT 124,5 PKT 0,65%

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

US-Präsident Donald Trump wird dem Chaos im Weißen Haus nicht Herr. Statt die Unternehmensteuer und das Gesundheitssystem zu reformieren und das geplante Investitionsprogramm voranzutreiben, sind es Personalfragen, die die Trump-Administration in Schach halten.



Das Geschacher in Washington verunsichert Investoren. Der Dollar verliert seit Monaten gegen Euro, Yen und Franken an Wert. Dafür nimmt das Vertrauen in den Euro dank guter Konjunkturdaten zu. Noch im Januar war die Parität - ein Euro wäre damit einen Dollar wert - in greifbarer Nähe. Davon ist keine Rede mehr. Aktuell kostet ein Euro 1,18 Dollar - Tendenz steigend. Nach dem Ausbruch aus der seit zweieinhalb Jahren angestammten Handelsspanne prognostizieren Charttechniker weiter steigende Kurse. Der nächste Widerstand liegt im Bereich von 1,22 Dollar.

Trump dürfte die Entwicklung an den Devisenmärkten gelegen kommen. Ein schwacher Dollar verbessert die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen auf dem Weltmarkt. In einem Interview hatte Trump die Stärke des Greenback mit den Worten kritisiert: "Sie bringt uns um."


Probleme für Deutschland

Der deutschen Wirtschaft kann der Höhenflug des Euro langfristig schaden. Das lastet aktuell auch auf dem DAX. "Unserer Ansicht nach wird die Aufwertung des Euro das Wachstum bremsen, sollte sie für den Rest dieses Jahres bis Anfang nächstes Jahr anhalten", sagt Matthias Hoppe, Portfoliomanager bei Franklin Templeton. In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz vom Export ab. 2016 führte Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts Waren im Wert von 500 Milliarden Euro in Länder außerhalb der EU aus.

"Es gibt eine grobe Daumenregel, nach der eine Abwertung des Dollar um zehn Prozent das Wachstum in Deutschland um einen Prozentpunkt verringert", schreibt Martin Hüfner, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Assenagon.



Die Hersteller von Autos, Maschinen oder chemischen Erzeugnissen müssen ihre Produkte im Nicht-Euro-Ausland teurer machen, um die Währungsverluste zu kompensieren. Die Alternative wären Einbußen bei der Marge. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass deutsche Produkte wegen der Qualität gekauft werden und nicht wegen des Preises. Eine direkte Auswirkung hat der starke Euro allerdings auf die Bilanzen, da in Dollar erzielte Umsätze bei der Rückrechnung in Euro weniger wert sind.

Die Auswirkungen

Besonders hart traf es zuletzt den Autosektor. Die Wechselkursentwicklung wirkt sich auf das Geschäft aus. BMW, Daimler und Volkswagen erzielen allein in den USA bis zu einem Drittel ihrer Umsätze. Die Kursverluste der Aktien sind aber nicht nur auf die Wechselkurse zurückzuführen. Stärker im Blick steht die Diskussion um die Dieseltechnologie und die Kartellvorwürfe.

Auch Anlagen- und Maschinenbauer wie Krones, Dürr oder Gea und Chemiekonzerne wie BASF oder Lanxess sind sehr von Wechselkursen abhängig. Welche Folgen der starke Euro hat, zeigt etwa Infineon. Die Hälfte des Gesamtumsatzes fährt der Chiphersteller in Dollar ein. Im abgelaufenen Geschäftsquartal beliefen sich die negativen Währungseffekte auf 38 Millionen Euro bei 1,8 Milliarden Euro Umsatz. "Infineon bleibt auf Kurs. Trotz des erheblichen Gegenwinds durch den schwächeren Dollar bestätigen wir unsere Prognose für das Gesamtjahr", sagt Konzernchef Reinhard Ploss.

Grund zur Panik besteht also nicht. "Der Euro-Wechselkurs hat noch eine weite Strecke vor sich, bevor es realwirtschaftlich wirklich zu größeren Problemen kommt", sagt Volkswirt Hüfner. Viele Unternehmen schützen sich vor Währungsschwankungen mit Werken im Euro-Ausland. Zudem sichern sich die Firmen mit Derivaten gegen Devisenrisiken ab. Das kostet zwar Geld, garantiert aber feste Wechselkurse.

Für manche Branchen bringt der schwache Dollar sogar Vorteile. Übernahmen im Ausland werden günstiger, Rohstoffimporte verbilligen sich. Die Lufthansa profitiert von geringeren Treibstoffkosten. Auch Firmen wie Adidas spielt der Euro in die Hände, die ihre Produktion außerhalb Europas unterhalten, da die Fertigung auf Eurobasis günstiger wird.

Kurzfristiger Börseneffekt

Kurzfristig kann der Höhenflug des Euro den DAX durchaus negativ beeinflussen. Mittelfristig sind die Effekte in der Regel zu vernachlässigen. Das zeigt der DAXplus-Export-Index, der die zehn exportstärksten deutschen Großunternehmen abbildet. Auf Sicht von fünf oder zehn Jahren trotzte der DAXplus-Export-Index den Kapriolen an den Devisenmärkten und entwickelte sich besser als die Vergleichsindizes.

Anleger fahren mit Qualitätsprodukten "Made in Germany" weiterhin gut. Der starke Euro signalisiert aber auch das steigende Interesse von Investoren an Europa - und das dürfte langfristig für zusätzlichen Schub an den Aktienmärkten sorgen.

Investor-Info

Adidas
Währungsgewinner

Der Sportartikelhersteller ist im DAX der größte Profiteur vom steigenden Euro. Legt die Gemeinschaftswährung weiter zu, dürfte das den Aktienkurs antreiben. Zudem läuft es operativ gut bei den Franken. Jüngst erhöhte Adidas die Prognose für das Gesamtjahr. Der Gewinn soll um 26 bis 28 Prozent zulegen. Die Aktie ist nicht mehr billig und eignet sich nur für risikofreudige Investoren.

Globax
Starke Exporteure

Deutsche Produkte sind im Ausland beliebt - daran ändert auch der steigende Euro nichts. Mit einem Zertifikat auf den Aktienindex Globax (German Global Export) setzen Investoren auf 30 deutsche Unternehmen, die einen besonders hohen Umsatzanteil außerhalb Europas erwirtschaften und darum vom Wachstum der Schwellenländer und der USA profitieren sollten. Das Zertifikat eignet sich auch für konservative Anleger, die nicht alles auf eine Karte setzen wollen. Der Finanzen Verlag, in dem unter anderem €uro am Sonntag erscheint, fungiert als Indexberater.

EUR/USD
Ausbruch mit Zweifeln

Nach zweieinhalb Jahren ist der Euro aus der Handelsspanne zwischen 1,05 und 1,15 Dollar nach oben ausgebrochen. Allerdings steht der Ausbruch auf wackeligen Beinen. Er muss sich zunächst als nachhaltig erweisen. Investmentprodukte auf weiter steigende Eurokurse sind inzwischen schon sehr teuer und eignen sich nur bedingt zur Absicherung von Währungsverlusten.

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Bildquellen: Tom Wang / Shutterstock.com, HSBC

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