Alphabet: Bühne frei für den Tech-Versteher
Die Gründer Brin und Page treten in den Hintergrund, hervor tritt der Macher von Erfolgsprodukten wie Chrome und Android. Die Wall Street setzt große Hoffnungen in den neuen Chef.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Der große Coup gelang Sergey Brin und Larry Page im Sommer 2004: Vier Jahre nach dem Platzen der Dotcom-Blase hatten die Gründer ihre Suchmaschine Google an die Börse gebracht. Nur wenige Investoren waren bereit, in ein Internet-Start-up zu investieren. Und dennoch gelang es den Stanford-Studenten, aus ihrer einstigen Garagenfirma einen Milliardenerfolg zu machen. "Google so viel wert wie General Motors" lauteten die Schlagzeilen, viele Anleger schauten ungläubig und vermuteten die nächste Blase.
Heute ist Alphabet, wie der Konzern um Google inzwischen heißt, knapp 900 Milliarden Dollar und damit rund 18-mal so schwer wie der US-Autobauer. Die Aktie steht knapp unter dem Allzeithoch.
Vielleicht war das ein Anlass für Page, jetzt Ex-Chef von Alphabet, und Brin, jetzt Ex-Präsident, das operative Geschäft sein zu lassen und an den bisherigen Google-Lenker Sundar Pichai zu übergeben. Die Gründer stehen ihm als Aufsichtsräte weiterhin zur Seite.
Ihr Schritt überraschte, die Nachfolge durch Pichai weniger. Seit 2004 bei Google, zeichnete der gebürtige Inder für die globale Verbreitung des Browsers Chrome ebenso verantwortlich wie für den weltweiten Erfolg des Mobile-Betriebssystems Android. Bei Investoren kommt der zurückhaltende Pichai bestens an, weitaus besser als etwa der bisweilen arg spontane Brin.
Der Neue muss einige Herausforderungen stemmen. In den USA laufen Kartelluntersuchungen der US-Justiz. Pichai hat dem US-Kongress in dieser Sache bereits Rede und Antwort gestanden - was Page ihm nur allzu gern überließ. Zudem drängt die Konkurrenz in das angestammte Kerngeschäft mit Onlineanzeigen. Sowohl Amazon als auch Facebook sind hier aktiv und alles andere als leichtgewichtige Rivalen.
Frische Impulse
Dennoch trauen es viele Pichai zu, der Aktie, die 2019 bisher leicht zum breiten Markt verlor, neue Impulse zu verleihen. "Alphabet könnte Aktienrückkäufen gegenüber zugänglicher werden. Im Juli wurden bereits größere Kontingente zum Abruf freigegeben", vermutet etwa Analyst Doug Anmuth von der US-Bank JP Morgan.
Spannend wird, wie der Neue das operative Geschäft voranbringt. Angesichts eines für 2019 geschätzten Umsatzes von über 130 Milliarden Dollar sind rund 20 Prozent erwarteter Umsatzzuwachs für 2020 eine hohe Hürde. Doch Pichai kennt das Kerngeschäft aus dem Effeff. Die hohen Marktanteile Googles in der Internetsuche oder etwa bei der Navigationssoftware Google Maps sorgen für Vortrieb. Dank treuer Nutzer dürfte der Koloss in der Lage sein, sein hohes Tempo zu halten. Langfristig wird indes entscheidend sein, ob es Pichai gelingt, die Forschungsprojekte zu versilbern.
Neben Quantencomputern, Ausflügen in Medizin- und Energietechnik wäre da etwa Waymo, das Vorzeigeprojekt des Konzerns beim autonomen Fahren. Technologisch ist Google hier den deutschen Autokonzernen meilenweit voraus. Die Dynamik muss Pichai aber erst noch auf die Straße bringen.
Schwung: Der Wechsel an der Konzernspitze beflügelte den Kurs. Die Aktie hat noch Nachholpotenzial. Langfristanlage.
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