Euro am Sonntag-Aktien-Tipps

Hochprozenter-Aktien: Wo Anleger auf den Geschmack kommen

08.02.17 15:00 Uhr

Hochprozenter-Aktien: Wo Anleger auf den Geschmack kommen | finanzen.net

Gewinne mit Promille: Luxusbrände erleben eine Renaissance. Konzerne wie Diageo kaufen kleine Edel-Destillen wie im Rausch.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Der Jahreswechsel will reichlich begossen werden. Auch in China, wo erst am 28. Januar das neue Jahr begonnen hat. Gefeiert wurde aber nicht nur in Asien, sondern auch in Paris. Denn dass die Chinesen zum Fest am liebsten Cog­nac servieren, hat dem Hersteller Rémy Cointreau die Bilanz gerettet. Im Weihnachtsquartal trugen Vorratskäufe zum Umsatzplus von neun Prozent auf über 320 Millionen Euro bei.



Auch andere große Spirituosenhersteller wie der britische Getränkekonzern Diageo, der französische Konkurrent Pernod Ricard und Davide Campari aus Italien können sich ein Gläschen gönnen. Der Absatz steigt, zuletzt auch in den USA und Europa, die Spirituosenbranche genießt eine Erholung. Die Durststrecke davor währte von 2010 bis 2015. Erst im vergangenen Jahr drehte die Stimmung auch dank einer Renaissance der Cocktails. Seitdem steigt der Alkoholspiegel in den Gläsern wieder.

Vor allem in den Ergebnissen der ­Hersteller bekannter Whisky-Marken schlägt sich die Wende nieder. Johnnie-Walker-Brenner Diageo oder Ballantines-Hersteller Pernod Ricard legten Ende Januar überraschend starke Zahlen vor. An der Börse in London stieg der Kurs der Diageo-Aktie an einem Tag gleich um fast fünf Prozent.


Doch trotz des jüngsten Aufschwungs gibt es Hürden auf dem Weg zu einem nachhaltigen Erfolg. Bislang haben die Spirituosenproduzenten ihre Gewinne hauptsächlich in den entwickelten Märkten Europas und den USA gemacht - die sind jedoch teilweise gesättigt. In Europa etwa achtet eine alternde Bevölkerung verstärkt auf ihre Gesundheit.

Der Wellness-Trend schlägt sich auch im Sortiment der Bars nieder. Immer mehr "Mocktails", so werden alkohol­freie Cocktails genannt, gehen über die Tresen. Der deutsche Getränkeproduzent Berentzen setzt auf Frischsaft und hat deshalb im Herbst 2014 den Pressenhersteller Citrocasa aus Österreich gekauft. Den Aktienkurs hat der neue Mix sichtlich belebt.

USA in Trinklaune

Zur Freude der Spirituosenindustie haben vor allem US-Amerikaner noch immer Durst auf Hochprozentiges - auch, weil Bier teuer ist. Ein Drittelliter kostet in einer Bar schon mal sieben, acht Dollar. Deshalb konzentrierten sich die Konzerne zuletzt darauf, die Amis zu exklusiven Tropfen zu verführen. Der US-Markt ist für die meisten Branchengrößen der umsatzstärkste.


Haupttreiber des US-Erfolgs ist Whisky. Die Nordamerikaner dürstet es nicht nur nach dem heimischen, hauptsächlich aus Mais gebrannten Bourbon. Immer beliebter wird der Single Malt, ein Destillat aus gemälzter Gerste, gern aus Schottland. Sie setzen damit den Trend: "Single-Malt-Whisky ist eine Kategorie, die in allen Regionen der Welt stark wächst", sagte Valérie Chapoulard-­Floquet, Chefin von Rémy Cointreau. Der französische Spirituosenkonzern hat etwa die Edel-Destille Bruich­laddich in Schottland übernommen sowie die Brennerei Westland bei Seattle.

Bitte keinen Fusel!

Damit wappnen sich die Franzosen auch gegen die aufstrebende Konkurrenz kleiner Erzeuger hochqualitativer Schnäpse. 2010 gab es auf dem US-Markt 204 Destillen, 2016 waren es bereits 1.315 Manufakturen. Neue Edelbrände erobern den Markt, naturgemäß aber langsam. Denn bis ein guter Whisky im Fass herangereift ist, dauert es gern zehn Jahre. In dieser Phase nehmen die Emporkömmlinge nichts ein. Zudem ist das Marketing sehr teuer - schließlich will zur Etablierung eines neuen Luxusbrands eine kaufkräftige Zielgruppe erreicht werden.

Da ist die Anbindung an einen Großen mit breiten Vertriebskanälen naheliegend. Die Zahl der Übernahmen steigt entsprechend: Diageo investiert derzeit in zwölf Start-ups. Pernod Ricard hat sich unter anderem den Hersteller des Edel-Gins Monkey 47, Black Forest Distillers aus dem Schwarzwald, geschnappt sowie das Angebot um fünf hochwertige Whisky-Marken erweitert.

Vom Trend zu Luxusschnäpsen profitieren auch die Premiummarken der großen Hersteller selbst. Die Bereitschaft, mehr Geld für Brände auszugeben, geht dabei auch schon mal ins Rauschhafte. So werden etwa für die zu Rémy Cointreau gehörende Marke Cognac Louis XIII pro Flasche etwa 2.000 Euro gezahlt - die Nachfrage steigt.

Noch ist der Luxusrausch nicht ungetrübt. Die Investitionen in die Marken sind hoch und müssen sich erst aus­zahlen. Die Konzerne steuern bereits ­gegen, indem sie Einkaufsprozesse und weniger hochwertige Marken zusammenlegen. Diageo etwa will in den nächsten drei Jahren umgerechnet knapp 590 Millionen Euro einsparen. Das Geld soll in weitere Destillen fließen. Denn trotz der jüngsten Übernahmewelle bleibt der Markt zersplittert: Die zehn größten Hersteller haben zusammen lediglich einen Anteil im Gesamtmarkt von 29 Prozent. Und die Nummer 1, Diageo, besetzt mit ihren über 50 Marken lediglich 9,3 Prozent des Markts, immerhin aber 25 Prozent im obersten Preissegment.

Indien ist in

Bei der Suche nach Übernahmekandidaten haben die Hersteller auch die Schwellenländer im Blick. Schließlich könnte US-Präsident Donald Trump zumindest Teile des US-Geschäfts mit hohen Importzöllen dämpfen. In Fernost hingegen wächst die Zahl der jungen, feierlustigen Konsumenten aus der aufstrebenden Mittelschicht. Auch in China, wo eine Anti-Korruptionskam­pagne die Kunden zuletzt vom Kauf ­exquisiter Tröpfchen abgehalten hat, steigt die Trinkfreude wieder.

Die Branche bleibt auf Expansionskurs. In Indien hat sich Primus Diageo zuletzt die Mehrheit am lokalen Platzhirsch United Spirits gesichert. Kurzfristig ist das Investment ein Risiko: Eine Steuerreform könnte ab April die Preise in die Höhe treiben. Doch langfristig sollte sich das Engagement in einem der Märkte mit den weltweit besten Per­spektiven auszahlen.

Investor-Info

Diageo
Das Glas ist halb voll

Obwohl der Absatz gesunken ist, hat der britische Marktführer Diageo nach dem ersten Geschäftshalbjahr im Januar ein unerwartetes Umsatzplus präsentiert - und das nicht nur aufgrund des schwachen Pfunds. Dass der Absatz vor allem im Edelsegment weiter anzieht, stimmt optimistisch. Das verstärkte Engagement etwa im Wachstumsmarkt Indien bringt Fantasie. Die Aktie ist im Branchenvergleich günstig, die Gewinne wachsen stetig. Konsumtitel mit solider Dividendenrendite.

Pernod Ricard
Sprit für China

Der weltweit zweitgrößte Spirituosenhersteller hat sich zuletzt auf lokale Marken spezialisiert und kleinere Label aufgekauft. Mit der Neupositionierung liegt der Konzern voll im Trend, das Comeback hochwertiger Whiskys und Cognacs könnte dem Unternehmen das anvisierte Wachstum von vier bis fünf Prozent bescheren. Die Franzosen sind stark in China und würden von einer weiteren Belebung des Markts überproportional profitieren.

Rémy Cointreau
Abhängig von Cognac

Mit dem Cognac Rémy Martin erwirtschaftet Rémy Cointreau mehr als die Hälfte seines Umsatzes. Gut also, dass der Umsatz in China zuletzt erheblich gestiegen ist. Allerdings birgt die hohe Abhängigkeit von hochpreisigem Cognac auch Risiken. Durch geplante und bereits getätigte Zukäufe will Pernod sich breiter aufstellen. Abwarten.

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Bildquellen: iStockphoto

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