Tencent: Internet-Mogul Ma Huateng spielt groß auf
Chinas größtes soziales Netzwerk bringt mit Tencent Music das zweite Spin-off an die Börse. Die Dynamik des Geschäfts könnte abflauen. Chef Ma will aber zeigen, was alles im Konzern steckt.
Werte in diesem Artikel
von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Spotify hat es Anfang April vorgemacht: Die Premiere des Musikstreaming-Anbieters an der US-Technologiebörse Nasdaq war ein großer Erfolg. Seit dem IPO ist der Kurs des schwedischen Musik-Abodiensts um etwa ein Viertel auf einen Börsenwert von knapp 30 Milliarden Dollar hochgeschnellt. Der Internetkonzern Tencent hat einen ähnlichen Schatz im Portfolio: Tencent Music, das die Musikportale QQ Music, KuGou und Kuwo betreibt und den chinesischen Markt dominiert.
Tencent-Chef Ma Huateng, inzwischen dank seiner Firmenbeteiligung mit 40 Milliarden Dollar Vermögen einer der Reichsten Chinas, will die Perle nach dem Vorbild von Spotify versilbern - wohl auch an der Nasdaq, so der Inhalt einer aktuellen Mitteilung. Im zweiten Halbjahr könnte der IPO über die Bühne gehen. Mit geschätzt bis zu 30 Milliarden Dollar Marktwert dürfte es eine der größten Tech-Premieren überhaupt werden.
Groß geworden ist Tencent über die sozialen Netzwerke WeChat sowie QQ, es sind die bedeutendsten Chinas. Das Unternehmen, das damit so etwas wie Chinas Facebook ist, verdient vor allem an Onlinespielen, die bei den vielen Millionen Smartphone-Nutzern sehr beliebt sind. WeChat allein hat mehr als eine Milliarde Mitglieder. Dank dieser Basis ist der Konzern einer der weltgrößten Anbieter von Onlinespielen. Allein den Hit "Honour of Kings" etwa zocken täglich 80 Millionen Gamer. Die gigantische Kundenbasis setzt Ma geschickt ein, um mit Gründungen wie Tencent Music neue Geschäftsfelder zu erobern. Gegenwärtig baut er massiv Know-how in künstlicher Intelligenz auf, um die Apps weiter zu verbessern und neue Dienste zu kreieren.
Demonstration der Werte
Ma spielt gern die IPO-Karte. Bereits im vergangenen Herbst brachte Tencent mit China Literature seine E-Book-Tochter an die Börse in Hongkong. Die Emission war 600-fach überzeichnet, der Kurs der Aktie verdoppelte sich noch am ersten Handelstag. Inzwischen ist der Wert des Spin-offs weiter gestiegen, es bringt umgerechnet knapp neun Milliarden Dollar auf die Waage.
Ma demonstriert damit den Wert der Töchter. Die Abspaltungsstrategie hat aber einen weiteren Hintergrund: Das Geschäft des Internetriesen ist in den vergangenen Jahren dank der Beliebtheit und rasanten Ausbreitung der Smartphones in China exorbitant gewachsen. Der Konzern wird laut aktuellen Schätzungen Ende des Jahres auf umgerechnet 44 Milliarden Euro Umsatz kommen - vor fünf Jahren waren es weniger als zehn Milliarden.
Doch die größten Zuwachsraten hat der Smartphone-Boom wohl hinter sich. Entsprechend rechnen Analysten inzwischen von Quartal zu Quartal damit, dass sich auch die Wachstumsraten des Spielegeschäfts von Tencent abschwächen. Für die Mitte August erwarteten Ergebnisse des zweiten Quartals zeigen sich Beobachter abermals skeptisch. Jüngst senkten einige Banken wegen angeblich schwacher Ergebnisse der Spielesparte ihre Gewinnschätzungen für das laufende Jahr. Die Aktie geriet daraufhin unter Druck.
Bereits für das abgelaufene Quartal hatten die Experten mit einem Abflauen der Dynamik der Spielesparte und mit Druck auf die Gewinnmargen gerechnet. Tencent jedoch legte Mitte Mai neue Rekorde vor: Der Nettogewinn sprang um über 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Statt eines Einbruchs gab es einen Freudensprung der Aktie.
Mittelfristig dürfte das Wachstum zwar zwangsläufig in eine etwas moderatere Gangart übergehen. "Pony" Ma, wie sich der Chef nach landesüblicher Sitte englisch nennt, dürfte eventuellen Kursrücksetzern mit weiteren Spin-offs aus dem Portfolio entgegensteuern. Einer der nächsten Kandidaten könnte Tencent Video sein - eine der größten Videostreaming-Plattformen Chinas.
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Bildquellen: Tencent, VCG/VCG via Getty Images
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