Jenoptik: Hier steht ein Wachstumschub vor der Tür!

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Ostdeutschlands größter Technologiekonzern, Jenoptik, steht vor einem Umbruch. Noch im zweiten Quartal übergibt Firmenchef Michael Mertin nach mehr als zehn Jahren an Stefan Traeger. Der promovierte Physiker kommt vom Schweizer Labortechnikhersteller Tecan und soll den Erfolgskurs der vergangenen Jahre weiterführen.

Dabei kann Traeger auf einen langfristigen Trend setzen: die Globalisierung. Weltweit nimmt die Nachfrage nach Mobilität zu. Der zunehmende Bedarf der ­zivilen Luftfahrtindustrie spielt dem zukünftigen Jenoptik-Chef in die Hände. Das Potenzial ist riesig, der US-Flugzeughersteller Boeing etwa rechnet bis zum Jahr 2035 mit einem weltweiten Bedarf von fast 40.000 zusätz­lichen kommerziellen Flugzeugen. Die Thüringer beliefern Hersteller wie Boeing oder den europäischen Wettbewerber Airbus zum Beispiel mit Heiz- und Liftsystemen oder Radomen, das sind Schutzhauben aus Kunststoff für Radarantennen.

Rund ein Drittel der Erlöse erzielt Jenoptik im Geschäftsbereich "Defense & Civil Systems". Über diese Sparte vertreibt der Konzern Antriebs-, Stabilisierungs- oder Energiesysteme für zivile und militärische Flugzeuge, aber etwa auch für Fahrzeuge und Bahnen.

Der Verteidigungsbereich ist dabei besonders wachstums­trächtig. Im November schloss Jenoptik ein 35 Millionen Dollar schweres Abkommen mit der US-Regierung über die Lieferung von Ersatzteilen für das Luft­abwehrraketensystem Patriot. Vor wenigen Wochen stockten die Amerikaner das Auftrags­volumen noch einmal um 14 Millionen Dollar auf. Im vergangenen Jahr erhielt Jenoptik insgesamt Aufträge im Wert von über 730 Millionen Euro - ein Plus von 15 Prozent. Noch-Chef Mertin verwies unter anderem auf die höhere Nachfrage aus der Verteidigungsindustrie. Wachsende Rüstungsausgaben, wie sie beispielsweise US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, dürften das Geschäft hier langfristig beflügeln.

Ein starkes Standbein hat sich Jenoptik auch mit dem Segment Mobility geschaffen, das ein weiteres Drittel des Umsatzes liefert. Zahlreiche Automobilkonzerne setzen bei der Produktion auf die Expertise der Ostdeutschen bei Mess- und Lasertechnik. Für die Fahrzeuge selbst ­liefern die Jenaer unter anderem Komponenten für bild- und laser­basierte Fahrerassistenzsysteme und Sensoren.

Profiteur der Maut

Verkehrssicherheit und -überwachung sind ebenfalls vielversprechende Märkte, auf die der neue Firmenlenker Traeger setzen kann. Auch hier stellte Vorgänger Mertin die Weichen: Im Januar übernahm Jenoptik den Softwareentwickler Essa Technology. Die Programme der Briten kommen bei der Verkehrs­überwachung und der automatischen Erfassung von Fahrzeugkennzeichen zum Einsatz.

Dies wiederum ist ein Thema, das bald auch in Deutschland auf die Tagesordnung kommt, schließlich ist die Einführung der Pkw-Maut nach der Bundestagswahl im Herbst angepeilt. Bei der Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen ist Jen­optik bereits mit an Bord. Bis Mitte kommenden Jahres liefert der Konzern an den Mauteintreiber Toll Collect bis zu 600 Säulen zur Erfassung der Abgabe. Im Ernst-Abbe-Hochhaus in Jena, dem Firmensitz des Tec­DAX-Konzerns, verfolgt man die Entwicklung genau.

Investor-Info

Jenoptik
Tempo steigt

Im laufenden Jahr rechnen Analysten damit, dass Jenoptik das Wachstumstempo erhöht. Der Umsatz soll um acht Prozent auf über 740 Millionen Euro steigen. Beim Nettogewinn rechnen Experten im Schnitt mit einem Zuwachs um elf Prozent auf 59 Millionen Euro. Im kommenden Jahr sollen 65 Millionen Euro hängen bleiben. Vor allem die Bereiche Verteidigung und Mobilität versprechen Fantasie. Die Aktie ist nicht günstig, dürfte aber den Aufwärtstrend fortsetzen.