Deutsche Bank: Sanierung im Schneckentempo

von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Frank Strauß steht auf der Bühne des Fachkongresses "Banken im Umbruch" in Frankfurt - ohne Krawatte. Ob er sich das als Vorstandsmitglied der Deutschen Bank noch erlauben könne, wird er gefragt. Erst seit Anfang September ist der Postbank-Chef Teil der Führungsriege der größten Bank Deutschlands. Der ertappte Strauß lächelt und kontert, dass die Deutsche Bank ja kulturell auch etwas von der Postbank übernehmen könne.

Der kleine Schlagabtausch ist symbolisch für die derzeitige Arbeit von Strauß. Die Postbank steht vor der Integration in die Privatkundensparte der Deutschen Bank - das Segment sollen dann Strauß und sein Kollege Christian Sewing leiten. 900 Millionen Euro sollen eingespart werden. Wie die Infrastruktur umzubauen ist, wie viele Jobs gestrichen und wie viele Filialen geschlossen werden sollen, dazu will man sich Strauß zufolge erst in "einigen Monaten" äußern. Allerdings soll am Ende von der Postbank keine leere Hülle bleiben und ihr Kerngeschäft mit kleinen deutschen Privatkunden soll auch noch eine Rolle spielen - trotz Zugehörigkeit zu einer auf globale Premiumkunden ausgerichteten Bank.

Der Spardruck bei der Deutschen Bank ist enorm. Zwar sind die größten Rechtsstreitigkeiten abgearbeitet und die Kapitalausstattung ist auf gutem Niveau. Doch niedrige Zinsen und zurückhaltende Kunden knabbern an den Erträgen. Die durch die Sanierung eingesparten Kosten gleichen das kaum aus. Dass es bei dem von Sewing angekündigten Abbau von 3.000 Stellen im Privatkundenbereich bleibt, ist fraglich. Weil der Konzern der Gewerkschaft Verdi beim Kündigungsschutz für die rund 18.000 Postbank-Mitarbeiter nicht entgegenkommen will, droht kommende Woche ein Streik.

Cryan warnt vor Blasen

Doch dem Aufräumer an der Spitze, John Cryan, bleibt wenig übrig, als kräftig an der Kostenschraube zu drehen. Die Postbank stand zum Verkauf, doch den Interessenten war der Preis zu hoch. Während die Querelen um die Integration den Umbau bremsen, fordert Cryan eine andere Lösung: Die Zeit des billigen Geldes in Europa solle enden - trotz des starken Euro. Der Wettbewerb unter den Geldhäusern sei so verzerrt, dass europäische Banken im internationalen Vergleich ins Hintertreffen gerieten - besonders im Vergleich zur US-Konkurrenz.

Dass Cryan eine Zinswende den komplexen Umbau erspart, ist aber äußerst unwahrscheinlich. Also wird er sich den Forderungen der Postbanker stellen müssen. Ebenso wie den Anlegern, die sehnsüchtig auf Fortschritte warten.