3M: Warum die Wall Street applaudiert

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Seit drei Jahren arbeitet Inge Thulin, Chef des des US-Technologiekonzerns 3M, mit hohem Tempo an einer Neuausrichtung der Sparte Elektronik und Energietechnik. Dafür wird seit geraumer Zeit mehr Geld in das Design von Chips, in eigene Rechenzentren, in Technologien für Elektroantriebe bei Autos und zur Entwicklung von intelligenten Stromnetzen gesteckt. Die soeben vorgelegte Bilanz für das dritte Quartal lieferte klare Signale, dass sich der Aufwand bei der Neuausrichtung für die Anteilseigner des Unternehmens bezahlt macht.

Kurs zieht an

Die Sparte legte mit 13 Prozent Wachstum im Quartal ein doppelt so hohes Tempo vor wie der Gesamtkonzern. Das Konglomerat 3M schaffte sechs Prozent auf 8,17 Milliarden Dollar Umsatz. Der Nettogewinn war mit 1,43 Milliarden Dollar, umgerechnet 2,33 Dollar pro Aktie, deutlich höher als die von Analysten geschätzten 2,15 Dollar. Zudem erhöhte das Unternehmen seine Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Geschäftsjahr.

Die Wall Street applaudierte, die Aktie stieg um gut fünf Prozent - der größte Sprung seit 2009 und zugleich ein Allzeithoch. Dabei ist 3M eher ein stiller Star. Den Konsumenten sind hierzulande gerade noch die Post-it- Notizzettel oder die Marke Scotch bekannt, unter der etwa Klebebänder oder Reinigungsmittel verkauft werden.

Die höchsten Margen fährt der Konzern aus St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota, der weltweit über 91.000 Mitarbeiter beschäftigt, mit Industriekunden ein. Schwerpunkt sind Materialien und technische Lösungen, die im Auftrag von Unternehmen entwickelt werden, zum Beispiel spezielle Beschichtungen für Windräder.

Plattformen und Patente

Die Amerikaner, die es auf gut 30 Milliarden Dollar Jahresumsatz bringen, sind dabei in zahlreichen Nischenmärkten weltweit führend. Die Grundlage für das Portfolio mit über 50.000 Produkten sind 47 Technologieplattformen und mehr als 25.000 Patente.

Das Know-how nutzt der Konzern beispielsweise für sein Geschäft als Autozulieferer, um Bildschirme für Elektrofahrzeuge und verschiedene Spezialkameras anzubieten, von denen einige Geschwindigkeiten messen. Darüber hinaus liefert 3M auch Reflexfolien für Verkehrsschilder und Straßenmarkierungen.

Der Vorstand entwickelt die Geschäfte konsequent mit Blick auf die Wachstumsperspektiven. So wurde jüngst das Geschäft für elektronisches Monitoring verkauft und der US-Konzern Johnson Controls erwarb den Sicherheitsausrüster Scott Safety, der etwa Atemgeräte für Feuerwehrleute herstellt. Unterm Strich bleibt ein Plus in der Kasse: Während der zwei Milliarden Dollar schwere Kauf den Gewinn im vierten Quartal mit acht Cent pro Aktie belastet, soll sich der Verkauf der Monitoring-Sparte mit zwölf Cent pro Anteilschein bezahlt machen.

Chef Thulin will das Geschäft als Anbieter spezifischer Lösungen für Unternehmen ausbauen. 3M verfügt über ein weltweites Netz von Test- und Entwicklungszentren. Der Bereich bringt hohe Margen, die Anzahl der Konkurrenten ist überschaubar. Anders als seine Vorgänger setzt Thulin stärker auf Zukäufe und prüft die Wachstumsperspektiven einzelner Segmente. Was nicht mehr passt, wird verkauft. Die Übernahmen können zu einem erheblichen Teil aus den Mittelzuflüssen finanziert werden. 3M hat die Dividende während der vergangenen 59 Jahre beständig erhöht. Auch auf diese Bestleistung wird viel Wert gelegt.

Aktie auf Allzeithoch. Gemessen am KGV ist das Papier anspruchsvoll bewertet, aber dennoch weiter aussichtsreich. Kauf des Sicherheitsausrüsters Scott Safety: Der zweitgrößte Deal in der 115-jährigen Geschichte von 3M.