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VW-Aktie leichter: Blume plant neue Konzernstrategie - Weil rechnet nicht mit Werkschließungen

05.09.24 17:55 Uhr

VW-Aktie gibt nach: VW-Chef Blume gibt erste Einblicke in neue Konzernstrategie - Weil erwartet keine Werkschließungen trotz schwieriger Zeiten | finanzen.net

Mit einer neuen Konzernstrategie will VW-Chef Oliver Blume Europas größten E-Autobauer zurück in die Erfolgsspur bringen.

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Auf einer Führungskräftetagung in Stockholm gab er erste Einblicke in die im Mai angekündigte neue Konzernstrategie für die Zeit bis 2035, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte. Zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet. Noch sei die Arbeit an der "Group Strategy 2035" aber nicht abgeschlossen, so der Sprecher. "Zu Details zur Konzernstrategie werden wir uns zu gegebener Zeit äußern."

Blume hatte bereits auf der Hauptversammlung im Mai angekündigt, bis Jahresende eine neue Konzernstrategie für die Zeit bis 2035 vorzulegen. Sie soll die noch von Blumes Vorgänger Herbert Diess entwickelte "Strategie 2030" ablösen. Blume hatte direkt nach seinem Amtsantritt ein Zehn-Punkte-Programm aufgesetzt, das seither die Richtung bestimmt. "Kurz- und mittelfristig geben das Top 10 Programm und die Planungsrunde die Leitplanken vor. Langfristig die Group Strategy", so der Sprecher.

Dem "Handelsblatt" sagte Blume: "Volkswagen soll zum weltweit führenden automobilen Technologiekonzern aufgebaut werden. Wir wollen die besten Technologien und Services nachhaltig in die Gesellschaft bringen." Es gehe dabei um Felder wie Design, Plattformkonzepte, Software, Batterietechnologie, aber auch Mobilitätsangebote. "Wir müssen in der Breite überzeugen, ähnlich wie ein Zehnkämpfer."

Europas größter Autobauer hatte am Montag angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Auch Werkschließungen in Deutschland und betriebsbedingte Kündigungen werden nicht länger ausgeschlossen. Betriebsrat und Gewerkschaft kündigten Widerstand an.

Ministerpräsident Weil rechnet nicht mit Werkschließungen

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil erwartet, dass bei der Marke Volkswagen keine Werke geschlossen werden. Es müsse vorher über Alternativen gesprochen werden, sagte der SPD-Politiker dem Sender NDR Info. Das solle nun in vertraulichen Gesprächen passieren. Das Land Niedersachsen ist Großaktionär, Ministerpräsident Weil sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens.

Volkswagen (VW) hatte am Montag verkündet, bei der Kernmarke kräftig sparen zu müssen. Der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen reiche nicht mehr aus, um die angepeilte Einsparziele zu erreichen. Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bei der Kernmarke VW seien nicht länger ausgeschlossen, kündigte Europas größter Autobauer an. Die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung werde aufgekündigt. Diese schloss betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 aus. Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaft zeigten sich entsetzt.

Weil: "VW muss wettbewerbsfähig bleiben"

Niedersachsens Ministerpräsident betonte, dass das Unternehmen wettbewerbsfähig sein müsse. Dafür müsse VW jetzt seine Hausaufgaben machen. Wie die genau aussehen, müsse sich nun klären. Die Verunsicherung in der Belegschaft müsse schnellstmöglich aus der Welt geschafft werden, sagte Weil dem Radiosender. Ob das Management bereits konkrete Pläne für Schließungen einzelner Werke habe, sei ihm nicht bekannt.

Die Gründe für die Krise kämen nicht nur von außen, sagte Weil. Zwar sei die Automobilindustrie in Europa derzeit rückläufig, und es gebe neue Wettbewerber durch chinesische Autobauer. VW habe beispielsweise aber auch selbstgesteckte Ziele in der Software-Entwicklung nicht erreicht. Das habe Auswirkungen auf die Einführung neuer Fahrzeugmodelle. Es müsse jetzt dafür gesorgt werden, dass Volkswagen an allen Ecken und Kanten besser aufgestellt wird.

IG Metall bringt Vier-Tage-Woche bei VW ins Gespräch

Im Streit um die neuen Sparpläne von VW drückt die IG Metall aufs Tempo und bringt eine erste Lösungsmöglichkeit ins Gespräch: Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, kann sich die Gewerkschaft auch eine Vier-Tage-Woche für alle Beschäftigten der Kernmarke vorstellen. "Das kann mit eine der Optionen sein", sagte die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner am Rande einer tarifpolitischen Konferenz in Hannover. "Wir sollten nichts ungenutzt lassen an Ideen, wie wir Beschäftigung und Standorte erhalten können."

Wichtig sei, dass die Werkschließungen und betriebsbedingten Kündigungen, die VW nicht mehr ausschließt, vom Tisch kämen, betonte Benner. "Das sind für uns absolut rote Linien." Mit dem Konzern wolle man nun schnell ins Gespräch kommen, um gemeinsam über Lösungen zu verhandeln. "Was wir jetzt brauchen, ist Klarheit für die Beschäftigten", sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. "Deswegen wollen wir möglichst schnell in die Gespräche gehen mit dem Unternehmen und wollen keine lange Hängepartie."

Die eigentlich für Herbst geplante Tarifrunde bei Volkswagen wolle man daher vorziehen und möglichst parallel zum Flächentarif für die gesamte Branche verhandeln, kündigte Gröger an. Das habe man VW angeboten, bisher aber noch keine Antwort erhalten. In Niedersachsen startet die Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie kommende Woche Donnerstag, über den VW-Haustarif soll eigentlich erst ab Mitte oder Ende Oktober verhandelt werden. Die IG Metall fordert jeweils sieben Prozent mehr Lohn. Von dieser Forderung wolle man auch bei VW nicht abgehen, betonte Gröger.

Peter Hartz verhinderte Massenentlassungen

Vorbild für die Vier-Tage-Woche könnte die Übereinkunft sein, mit der bereits vor gut 30 Jahren ein massiver Stellenabbau bei VW verhindert wurde. Auch damals steckte der Konzern in einer tiefen Krise, Zehntausende Stellen waren in Gefahr. Um das zu verhindern, vereinbarte der damalige VW-Personalvorstand Peter Hartz Ende 1993 mit der IG Metall eine flächendeckende Arbeitszeitverkürzung.

Alle Mitarbeiter an den sechs westdeutschen VW-Standorten arbeiteten fortan bei entsprechender Lohnkürzung 20 Prozent weniger. Die Regelung blieb mehr als zwölf Jahre in Kraft, erst im Oktober 2006 kehrten die VW-Mitarbeiter zur Fünf-Tage-Woche zurück. Im Gegenzug gab ihnen VW ab 1994 eine Beschäftigungsgarantie und schloss betriebsbedingte Kündigungen aus - eine Vereinbarung, die VW nun nach 30 Jahren aufkündigen will.

Widerstand gegen Sparpläne

Europas größter Autobauer hatte am Montag angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Betriebsbedingte Kündigungen und sogar die Schließung ganzer Werke, die bei VW bisher ebenfalls Tabu waren, werden nicht länger ausgeschlossen.

"Das rüttelt an den Grundfesten der Zusammenarbeit im Unternehmen", sagte Gröger. Das werde die IG Metall nicht hinnehmen. "Die Beschäftigten sind nicht die Verursacher der Probleme, in denen das Unternehmen jetzt steckt." Schuld seien vor allem Managementfehler und eine falsche Modell- und Elektrostrategie. "Insofern können und werden wir nicht akzeptieren, dass die Lösung dieser Probleme auf den Rücken der Beschäftigten ausgetragen sind."

Weil erwartet keine Werkschließungen

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte Volkswagen erneut auf, Werksschließungen zu vermeiden. Es müsse vorher über Alternativen gesprochen werden, sagte der SPD-Politiker, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, dem Sender NDR Info. Zu konkreten Lösungsansätzen wollte er sich noch nicht äußern. Auch Weil erinnerte dabei an die Krise 1993/94. Wie damals müsse man auch nun schauen, "dass die Lasten angemessen verteilt werden zwischen allen Beteiligten", so Weil. "Und ich glaube, am Ende könnte so etwas auch diesmal wieder die Grundlage dafür sein, dass man sich verständigen kann."

Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern. Weil und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen für das Land im Aufsichtsrat. Zusammen mit den Arbeitnehmervertretern haben sie dort die Mehrheit, bei wichtigen Entscheidungen hat das Land ein Veto-Recht.

Ifo-Expertin trotz Krise zuversichtlich

Trotz Krise und mieser Stimmung in der deutschen Autoindustrie sieht Ifo-Expertin Anita Wölfl keinen Grund, die Branche abzuschreiben. "Es ist nicht die erste Krise, durch die die Automobilindustrie durch muss", sagt die Wirtschaftsforscherin. Und es werde auch nicht die letzte sein. In der Vergangenheit habe die Autoindustrie sich in Krisen sehr resilient und stark bei Innovationen gezeigt, betont Wölfl.

Diese Anpassungsfähigkeit habe man beispielsweise im Umgang mit den Lieferkettenschwierigkeiten der vergangenen Jahre oder bei der Entwicklung der Patente zum Elektro-Antriebsstrang gut sehen können. Insgesamt habe die deutsche Autoindustrie bei der Elektromobilität aber sehr spät reagiert, moniert sie.

VDA-Chefin fordert bessere Standortbedingungen

Die Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, verwies dagegen vor allem auf Strukturprobleme, die der Branche in Deutschland das Leben schwer machten. "Die Energiekosten sind zu hoch, die Unternehmen werden in Bürokratie erstickt, die Arbeitskosten sind auch höher als in anderen Regionen", sagte Müller am Rande einer Pressekonferenz zur bevorstehenden Nutzfahrzeug- und Logistikmesse IAA Transportation in Hannover.

"Wenn immer gefragt wird, warum bauen andere Länder günstigere Autos, dann hat das genau mit diesen Themen zu tun", so Müller. Das liege nicht in der Hand und der Verantwortung der Hersteller. "Wir wollen hier weiter die deutsche Automobilindustrie präsentieren, aber dafür brauchen wir international wettbewerbsfähige Standortbedingungen." Zur aktuellen Situation bei Volkswagen wollte sie sich nicht konkret äußern.

'Pfui'-Rufe für VW-Vorstand - Lautstarker Protest in Zwickau

Rund 5.000 Beschäftigte haben in der Zwickauer E-Auto-Fabrik von Volkswagen lautstark gegen drohende Kündigungen und Werkschließungen protestiert. Vor der außerordentlichen Betriebsversammlung wurde Markenvorstand Thomas Schäfer mit "Buh"- und "Pfui"-Rufen empfangen und von den Mitarbeitern ausgepfiffen. "Das Vertrauen ist weg", sagte ein Mitarbeiter, der nach eigenen Angaben seit 30 Jahren hier arbeitet.

Volkswagen hatte am Montag angekündigt, bei der Kernmarke kräftig sparen zu müssen. Der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen reiche nicht mehr aus, um die angepeilten Einsparziele zu erreichen. Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bei der Kernmarke VW seien nicht länger ausgeschlossen, kündigte Europas größter Autobauer an. Die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung werde aufgekündigt. Diese schloss betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 aus. Erstmals seit 30 Jahren könnte es bei VW nun Entlassungen geben.

VW-Beschäftigte bangen um ihre Jobs

Seither geht bei vielen Beschäftigten die Angst um - auch an den sächsischen Standorten in Zwickau, Chemnitz und Dresden mit rund 11.000 Beschäftigten. Sie müssten die Fehler des Managements ausbaden, beklagt eine Mitarbeiterin, die in Zwickau mit einem großen Transparent ihrem Unmut Luft macht. "Ich war immer stolz, bei VW zu arbeiten", sagt sie. Doch nun sorgten sich viele auch in ihrem Team um den sicher geglaubten Job. Dabei hätten viele Kredite etwa für ihr Haus abzuzahlen und Kinder. Viele Kollegen hätten ganz konkret Angst, ihren Job zu verlieren, sagt ein anderer Protestierender.

Das Zwickauer Werk ist der größte Standort von Volkswagen in Sachsen und wurde in den vergangenen Jahren mit immensen Investitionen komplett auf Elektroautos umgestellt. Bei der Elektromobilität ist es Vorreiter im Konzern und produziert auch für Audi und Cupra. Doch bleibt der Absatz hinter den Erwartungen zurück, sodass die Verträge von Hunderten befristet Beschäftigten nicht verlängert und die Nachtschicht der beiden Montagelinien gestrichen wurde.

Bereits im Frühjahr war bekanntgeworden, dass VW über ein Ende der Fahrzeugfertigung in der Gläsernen Manufaktur in Dresden nachdenkt. Eine Entscheidung gibt es den Angaben zufolge bislang nicht. Dort wird von rund 340 Beschäftigten der ID.3 in kleinen Stückzahlen montiert.

Bernstein belässt Volkswagen auf 'Market-Perform' - Ziel 111 Euro

Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für die Volkswagen-Vorzugsaktien auf "Market-Perform" mit einem Kursziel von 111 Euro belassen. Analyst Stephen Reitman beschäftigte sich in einer am Donnerstag vorliegenden Studie mit der Frage, wie viel Wert junge Generationen noch auf einen Autoführerschein legen. Seine Untersuchungen bestätigten, dass heute weniger junge Menschen Auto fahren können als vor etwa 30 Jahren. Er folgert daraus, dass Autos nach wie vor relevant seien, dies aber eher für Menschen in ihren späteren Lebensabschnitten.

Die Vorzugsaktie von Volkswagen zeigte sich am Donnerstag im XETRA-Handel etwas schwächer. Letztlich verlor sie 0,21 Prozent auf 94,82 Euro.

(dpa-AFX)

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