Henkel-Aktie zieht an nach neuer Jahresprognose
Der Konsumgüter-Konzern Henkel wagt nach sprudelnden Umsätzen im dritten Quartal wieder eine Prognose für das laufende Jahr.
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Die Spuren der Corona-Krise kann das Unternehmen aber voraussichtlich 2020 nicht mehr ausbügeln. Vorstandschef Carsten Knobel erwartet, dass der Umsatz auf vergleichbarer Basis etwa ein bis zwei Prozent niedriger ausfällt als noch 2019. Der bereinigte Gewinn dürfte deutlich stärker einbrechen, wie das Unternehmen am Freitag in Düsseldorf mitteilte. An der Börse kamen die Nachrichten dennoch gut an. Analysten hatten mit noch herberen Rückgängen gerechnet.
Nachdem die Corona-Krise im ersten Halbjahr bei Henkel spürbar auf Umsatz und Ergebnis gedrückt hatte, sieht der Vorstand inzwischen wieder Grund für mehr Zuversicht. Bereinigt um Währungseffekte sowie den Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen seien die Erlöse im dritten Quartal nach vorläufigen Zahlen um 3,9 Prozent auf rund 5 Milliarden Euro gestiegen.
"Alle Unternehmensbereiche haben zu dieser guten Entwicklung beigetragen", sagte Knobel. Dies liege allerdings auch an Nachholeffekten nach dem schwachen zweiten Quartal. Nach den ersten neun Monaten belief sich der Umsatzrückgang konzernweit noch auf 2,1 Prozent.
So hatte die größte Sparte des Konzerns, das Klebstoffgeschäft, in der Krise zunächst stark unter dem Rückgang der Industrie- und Automobilproduktion gelitten. Jetzt habe es dort eine Erholung im Vergleich zum zweiten Quartal gegeben, hieß es. Auch das Kosmetikgeschäft mit Marken wie Schwarzkopf und Fa zog wieder an. Zuvor hatte die wochenlange Schließung vieler Friseursalons bei Henkel auf die Erlöse gedrückt. Weiterhin gut lief das Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmitteln wie Persil und Bref.
Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand bei Henkel jetzt auf vergleichbarer Basis mit einem Umsatzrückgang von bis zu zwei Prozent. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern Erlöse von 20,1 Milliarden Euro erzielt und für 2020 ursprünglich ein Plus von bis zu zwei Prozent erwartet - den Ausblick dann aber im April wegen der Corona-Krise kassiert. Im Auftrag des Konzerns bis Ende August befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem Umsatzrückgang von mehr als fünf Prozent gerechnet.
Von den Erlösen sollen nun 13 bis 13,5 Prozent als bereinigter Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) bei Henkel hängen bleiben. Im vergangenen Jahr hatte die Marge noch 16 Prozent erreicht. Für 2020 hatte der Vorstand vor der Corona-Krise rund 15 Prozent im Auge gehabt.
Auch beim bereinigten Gewinn je Vorzugsaktie hatte die Henkel-Führung in diesem Jahr von Anfang an mit einem Rückgang gerechnet. Allerdings sollte dieser bei konstanten Wechselkursen unter 10 Prozent bleiben. Jetzt geht das Management von einem Einbruch um 18 bis 22 Prozent aus. Analysten waren jedoch im Schnitt noch etwas pessimistischer gewesen.
Der Vorstand zeigte sich für Rest des Jahres nun zwar zuversichtlich, aber nicht übermütig. "Wir gehen davon aus, dass wir die negativen Auswirkungen der Pandemie auch im vierten Quartal spüren werden", sagte Knobel. Bei seinen neuen Jahreszielen geht er jedenfalls davon aus, dass es in den für Henkel wichtigen Regionen zu keinen weitreichenden Lockdowns mehr kommt.
Henkel ist bisher trotz Einbußen vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. "Wir haben in der Krise keine Kurzarbeit eingeführt oder Staatshilfen beantragt", hatte Knobel Anfang August hervorgehoben. Auch Arbeitsplätze habe der Konzern nicht abgebaut. Die endgültigen Zahlen zum dritten Quartal will Henkel am 10. November veröffentlichen.
So reagiert die Henkel-Aktie
Starke Quartalszahlen von Henkel und der Mut zur Wiederaufnahme von Jahreszielen haben am Freitag die Aktie des Konsumgüterherstellers angetrieben. Das Henkel-Papier legte im kaum bewegten DAX via XETRA letztlich 1,39 Prozent auf 93,34 Euro zu und erreichte bei zeitweise 95,14 Euro wieder den höchsten Stand seit Anfang Februar. Bereits am Donnerstag hatte die Aktie ihre Kursverluste seit Jahresbeginn wieder wettgemacht. Im Fahrwasser von Henkel stieg zudem die Beiersdorf-Aktie um 0,7 Prozent auf 97,62 Euro. Sie ist damit allerdings noch ein ganzes Stück weit von ihrem Vorjahresschlusskurs von 106,65 Euro entfernt.
Händler und Analysten fanden Henkels überraschend vorgelegte Zahlen zum dritten Quartal unisono "besser als erwartet". Zudem seien die Erwartungen an das gesamte Geschäftsjahr am Markt bislang vorsichtiger gewesen als die nun ausgegebenen Ziele des Managements.
Allerdings, so gab Molly Wylenzek vom Analysehaus Jefferies zu bedenken, ließen die Ziele auch eine "kurioserweise große Bandbreite" an Möglichkeiten im vierten Quartal zu. An ihnen lasse sich mit Blick auf den Geschäftsverlauf im Rest des Jahres auch eine gewisse Vorsicht ablesen. Die Analystin hat deshalb den Eindruck, dass das Management nur bedingtes Vertrauen in die Nachhaltigkeit der jüngsten, überraschend guten Wachstumszahlen habe.
Die Jefferies-Expertin erwartet, dass die Analysten im Schnitt an der Erwartung eines organischen Umsatzrückgangs von 0,9 Prozent für das vierte Quartal wohl festhalten. Denn Henkel erwartet für 2020 jetzt selbst einen Rückgang von 1 bis 2 Prozent. Bevor im April die Jahresziele coronabedingt ausgesetzt wurden, hatte Henkel noch ein ein Wachstum aus eigener Kraft von 0 bis zu 2 Prozent angepeilt.
Mit Blick auf die einzelnen Sparten beinhaltet Henkels Ziel für das Klebstoff-Geschäft laut Wylenzek eine Wende zurück in eine negative Geschäftsentwicklung im vierten Quartal. "Und das mit einer hohen Bandbreite zwischen minus 1 bis minus 5 Prozent", schrieb sie. Für das Geschäft mit Kosmetik sowie Haar- und Körperpflege werde im Schlussviertel 2020 im Quartalsvergleich mit einer erneut positiven Entwicklung gerechnet. Hier reiche die Bandbreite von plus 1 bis plus 5 Prozent. Für die Wasch-, Spülmittel- und Reinigungssparte werde im vierten Quartal nach Henkels Aussagen nun mit einem Plus zwischen 1 und 4 Prozent kalkuliert, was wiederum schwächer wäre als in den vorangegangenen drei Quartalen.
Analystin Celine Pannuti von JPMorgan schrieb indes nicht nur von "erfreulichen Quartalszahlen", sondern auch von einem "konstruktivem Ausblick". Dieser entspreche ihren Erwartungen weitgehend in allen Bereichen. Oliver Nicolai von Goldman Sachs rechnet nach den nun ausgegebenen Jahreszielen hingegen mit leicht steigenden Schätzungen am Markt. Dies betreffe vor allem die Jahresprognose für das den operativen Gewinn.
Er erinnerte zugleich daran, dass er erst in der vergangenen Woche sein "Hold"-Urteil für die Henkel-Aktie revidiert und sie zum Kauf empfohlen hatte. Seine Erwartung für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) für 2020 derzeit 2 Prozent über der durchschnittlichen Analystenerwartung liegt und für das kommende Jahr 4 Prozent darüber.
/stw/ngu/mis
DÜSSELDORF (dpa-AFX)
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