SAP-Aktie im Sinkflug: SAP übernimmt Mehrheit an US-Fintech Taulia - Cloud-Wachstum soll beschleunigt werden
SAP setzt mit der geplanten Mehrheitsübernahme am US-Fintech Taulia Inc den Weg der Ergänzungstransaktionen fort.
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Das in San Francisco ansässige Unternehmen ist auf Lösungen zum sogenannten Working-Capital-Management und zur Lieferkettenfinanzierung spezialisiert. Ein Kaufpreis wurde nicht direkt genannt. Er liege aber unter 1 Milliarde Dollar, sagte SAP-Finanzvorstand Luka Mucic mit Hinweis darauf, dass es sich um eine sogenannte Tuck-in-Akquisition handele.
Die Transaktion soll im März abgeschlossen werden. An deren Ende wird SAP rund 95 Prozent halten. Der Rest liege bei Taulia-CEO Cedric Bru sowie bei JP Morgan. Mit der US-Großbank besteht zudem eine strategische Allianz.
Taulia beschäftigt 350 Mitarbeitende. Auch in Düsseldorf gibt es einen Standort. Laut Eintrag in der Unternehmensdatenbank Factiva hat Taulia 2021 einen Umsatz von gut 40 Millionen Dollar erzielt, was SAP nicht bestätigen wollte.
Das seit 2009 aktive Unternehmen befindet sich derzeit in Privatbesitz; Noch-Investoren sind Trinity Ventures, Matrix Partners und Zouk Capital.
Die Taulia-Plattform werde von mehr als 2 Millionen Unternehmen genutzt und wickele jedes Jahr Transaktionen im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar ab, heißt es in der SAP-Mitteilung.
"Durch die Übernahme sind wir gut positioniert, ein führender Anbieter im Bereich Working Capital Management zu werden", sagte Mucic. Taulia stärke das SAP-Portfolio und helfe Unternehmen finanzielle Flexibilität und Stabilität zu erreichen sowie Lieferketten widerstandsfähiger zu machen.
Der Markt für Working-Capital-Management habe ein starkes Wachstum verzeichnet, begründet SAP die Transaktion. Taulia habe ein Netzwerk von Finanzpartnern aufgebaut, die die notwendige Finanzierung bereitstellen, darunter J.P. Morgan und Unicredit. Diese deckten die Zeit zwischen raschen Lieferantenzahlungen und einem späteren Begleichen von Rechnungen durch Käufer innerhalb der Zahlungsfrist ab.
Mehr als 80 Prozent des Taulia-Kundenstamms arbeite auf SAP-Systemen zur Unternehmenssteuerung (ERP), so das Walldorfer Softwareunternehmen. Bereits jetzt bestünde eine Partnerschaft zwischen beiden Seiten mit Integration von Taulia in SAP-Lösungen. SAP verwies auch auf das Ziel, das Angebot an Finanzdienstleistungen für Banken und Versicherungen auszubauen und in die eigenen Angebote zu integrieren. Hierbei solle SAP Fioneer, das Joint Venture für den Sektor von SAP mit der Beteiligungsgesellschaft Dediq, eine wichtige Rolle spielen.
SAP will Cloud-Wachstum beschleunigen - hoher Cashflow
SAP will das Wachstum im Cloud-Geschäft im laufenden Jahr spürbar beschleunigen, um weitere Fortschritte auf dem Weg zu den Finanzzielen 2025 zu machen. Die Planungen für 2022 sowie die Kernkennziffern für das vergangene Jahr, die der Softwarekonzern bereits vor zwei Wochen veröffentlicht hatte, wurden bestätigt.
Die Angaben zum Cashflow 2021 hat SAP konkretisiert: Operativ lag dieser bei 6,21 Milliarden Euro und damit über der Guidance von rund 6 Milliarden; ebenso der Free Cashflow mit 5,01 (Guidance: über 4,5) Milliarden Euro. Für das laufende Jahr kalkuliert SAP mit einem Free Cashflow von mehr als 4,5 Milliarden Euro.
Die hohen Investitionen in den Cloud-Ausbau wie auch die Mehrausgaben für Personal - der Mitarbeiterstand erhöhte sich 2021 um rund 5 Prozent auf gut 107.000 - sollen sich ab 2023 in einem dann wieder mit zweistelligen Raten steigenden Betriebsergebnis niederschlagen, wie Finanzvorstand Luka Mucic bekräftigte.
Hier hatte SAP 2021 einen Rückgang um 1 Prozent verzeichnet (auf Basis der Non-IFRS-Zahlen). In diesem Jahr soll das Betriebsergebnis bestenfalls stagnieren, es könnte aber auch um bis zu 5 Prozent sinken. Erwartet wird es in einer Spanne von 7,8 bis 8,25 Milliarden Euro nach 8,23 Milliarden im Jahr 2021.
Das hochmargige Lizenzgeschäft wird nach den Konzernplanungen weiter rückläufig sein, 2021 betrug das Minus 11 Prozent. Dies werde aber durch den Zulauf zur Cloud mehr als ausgeglichen, so das Management.
SAP enttäuscht mit Prognose für Zahlungsmittelzufluss
SAP-Aktien sind am Donnerstag im Zuge des weltweiten Ausverkaufs von Technologiewerten auf den tiefsten Stand seit dem Frühjahr vergangenen Jahres gefallen. Neben der allgemeinen Schwäche von Techtiteln im Zuge der Kehrtwende der US-Notenbank, die mittelfristig wieder deutlich höhere Zinsen in Aussicht stellt, belasteten Europas größten Softwarehersteller Details des Ausblicks. Während die bestätigten Ziele für Umsatz und Betriebsergebnis im Rahmen der Erwartung lagen, enttäuschte die Prognose für den Zufluss von freien Zahlungsmitteln (Free Cashflow).
Der Kurs sackte im frühen XETRA-Handel um fast neun Prozent auf 107,58 Euro ab. Damit war das Papier so billig wie seit April 2021 nicht mehr. Zuletzt konnte sich der Kurs zumindest etwas stabilisieren, lag mit 111,98 Euro aber immer noch 5,01 Prozent unter dem Niveau des Vortags und damit am Ende des DAX. Der Börsenwert des Unternehmens sackte damit um rund neun Milliarden Euro auf rund 136 Milliarden Euro ab. Damit sank SAP in dieser Wertung wieder auf Rang zwei hinter den Gashersteller Linde ab, der zuletzt auf knapp 140 Milliarden Euro kam.
Mit dem Minus vom Donnerstag rutschte das Papier auch im bisherigen Jahresverlauf deutlich in die Verlustzone. In den ersten Wochen des Jahres gab der Kurs rund elf Prozent ab - damit zählt SAP bis dato zu den zehn größten Verlierern der 40 DAX-Titel. Der deutsche Leitindex büßte seit Ende 2021 knapp vier Prozent ein. 2021 hatte die SAP-Aktie marktkonform rund 16 Prozent zugelegt. SAP hatte lange Zeit zu den Corona-Gewinnern am Aktienmarkt gehört und im September 2020 mit etwas mehr als 143 Euro ein Rekordhoch erreicht.
Eine gesenkte Prognose im Oktober 2020 führte jedoch zu einem Kurssturz bis auf 90 Euro, von dem sich das Papier peu a peu bis auf 130 Euro im November 2021 erholen konnte. Doch seitdem ist der Kurs wieder unter Druck und mit dem Rutsch nach den detaillierten Zahlen ist die Hälfte der Erholung bis November vergangenen Jahres wieder ausradiert. SAP-Finanzvorstand Luka Mucic hält die Aktie angesichts der Perspektiven für "unterbewertet". Man werde weiter hart daran arbeiten, die Investoren davon zu überzeugen, sagte er bei der Bilanz-Pressekonferenz.
Mit Blick auf die mittelfristigen Ziele für den Cashflow machte er zudem Mut. Er sei sehr zuversichtlich, das zuletzt bestätigte 2025er-Ziel eines Free-Cashflows von acht Milliarden Euro zu erreichen. Es gebe zudem Spielraum, diesen Wert zu übertreffen. Es sei aber noch zu früh, die Prognose zu erhöhen. Für 2021 rechnet SAP mit einem Zahlungsmittelzufluss von mehr als 4,5 Milliarden Euro. Goldman-Sachs-Experte Mohammed Moawalla hatte sich mehr erhofft und damit ist er nicht alleine - der Marktkonsens lag ebenfalls über diesem Wert.
Von Hans-Joachim Koch
FRANKFURT (Dow Jones / dpa-AFX)
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