Autonomous-Analyst gibt Fehleinschätzung zu: Mit diesen Faktoren kann die Deutsche Bank-Aktie jetzt punkten
Nachdem Autonomous-Analyst Stuart Graham vor drei Jahren gegen die Deutsche Bank-Aktie schoss, zeigt er sich nun einsichtig und gibt zu, sich bei der Bewertung geirrt zu haben. Laut einer aktuellen Studie glänzt das Kreditinstitut bei fünf Faktoren besonders.
Werte in diesem Artikel
• Neubewertung nach Verriss
• Deutsche Bank mit deutlichem Potenzial
• Unklare Entwicklung 2021
Autonomous-Analyst aktualisiert Bewertung
Unter dem Titel "Deutsche Bank: Beyond Repair" veröffentlichte das Analysehaus Autonomous Research LLP unter der Führung von Stuart Graham am 18. September 2017 eine Studie über das größte Kreditinstitut Deutschlands. In der Analyse bezeichneten die Strategen die Deutsche Bank-Aktie als "Value Trap", also einen Anteilsschein, der zwar günstig erscheinen mag, langfristig aber nicht im Wert steigt oder sogar sinkt. Auf dem Frankfurter Bankenkongress "Banken im Umbruch" im Sommer 2018 sprach Graham vor Vertretern der Branche - und gab ebenfalls einen düsteren Ausblick für den deutschen Bankensektor. "Alle Segmente des deutschen Bankwesens dürften eine schwierige Zukunft haben", zitierte die Deutsche Welle den Analysten. Während kleinere Bankfilialen der Digitalisierung gänzlich zum Opfer fallen dürften, sieht Graham Großbanken aufgrund niedriger Zinsen im Euro-Umfeld und einer nur langsamen Bewegung zum digitalen Geschäft hin bedroht. "Insbesondere die Deutsche Bank ist in den nächsten ein bis zwei Jahren in einer gefährdeten Position und braucht eine positive Entwicklung der Weltwirtschaft und die Märkte auf ihrer Seite", so Graham. "Leider befürchte ich, dass das nicht der Fall sein wird." Nun rudert der Autonomous-Stratege aber zumindest teilweise zurück.
Vorherige Empfehlung "ein sehr schlechter Ratschlag"
Laut Berichten des "Handelsblatts" veröffentlichte das Analysehaus am 30. November unter dem Titel "Mea culpa" (lateinisch für "durch meine Schuld", "mein Fehler") eine neue Studie, in der Graham zugibt: "Im Rückblick war unsere Underperform-Einschätzung für die Deutsche Bank ein sehr schlechter Ratschlag." Demnach habe er sich an Details orientiert, dabei aber das Gesamtbild des Kreditinstituts vernachlässigt.
Im Zuge dessen setzte Graham sein Kursziel für die Deutsche Bank-Aktie von 5,34 Euro auf 5,70 Euro hoch, liegt damit aber immer noch deutlich unter dem derzeitigen Kursniveau von 9,46 Euro (XETRA-Schlusskurs vom 8. Dezember 2020).
Dennoch hält er an seiner "Underperform"-Empfehlung fest und erklärt, zwar zu einer weniger negativen Einschätzung gekommen zu sein, von einer positiven Bewertung bisher aber abzusehen. "Das liegt daran, dass ich mit Blick auf die Erträge und die Risikovorsorge skeptischer bin als der Konsens", so der Stratege gegenüber dem Handelsblatt. Trotzdem sehe er bei der Bank ein hohes Potenzial, das er in der Analyse in Form von fünf Punkten ausführt.
Gute Ertragsentwicklung und stabilisierter Anleihehandel
Zuvor sahen die Autonomous-Analysten das Risiko gegeben, dass die Erträge der Deutschen Bank unter den Umbauplänen und der Corona-Krise im Vergleich zum Vorjahr zurückfallen könnten. Dieser Fall sei nun aber nicht eingetreten - im Gegenteil. So haben sich die Erträge des Konzerns besser entwickelt als etwa beim US-Konkurrenten JPMorgan. "Die Deutsche Bank sieht wieder wie eine normale Bank aus", fassen die Strategen die Wettbewerbsfähigkeit des Instituts zusammen.
Im Anleihehandel habe die Deutsche Bank außerdem besser abgeschnitten als Mitbewerber, trotz der Pandemie. Hier bewertet das Analysehaus auch positiv, dass der vorherige, stetige Abwärtstrend der Marktanteile des Kreditinstituts seit dem dritten Quartal 2020 nun beendet sei. Auch vor dem Hintergrund des Ertragsanstiegs falle die schwierige Marktsituation aktuell weniger ins Gewicht.
Risikovorsorge bei Krediten
Die Analysten kritisierten das Kreditwachstum im Bereich des Investmentbankings lange Zeit, auch wegen des geringen Absicherungsniveaus der Kredite und der niedrigen Rückstellungen für mögliche Ausfälle. Zusätzlich sei es vermehrt zu Kreditaufschüben gekommen. Aber auch hier gestanden die Strategen Fehler ein: "Dabei haben wir aber übersehen, dass die Deutsche Bank an ihrer Richtschnur, dass die Risikovorsorge bei 0,35 bis 0,45 Prozentpunkten des Kreditvolumens bleiben werde, geliefert hat", zitiert das Handelsblatt aus der Studie. Dennoch seien weitere Rückschläge auf diesem Gebiet möglich, wenn sich die Einschätzungen von zahlreichen Experten, dass viele Unternehmen 2021 Insolvenz anmelden müssen und Kredite nicht mehr bezahlt werden können, bewahrheiten sollten. Lobende Worte findet Graham aber dafür, dass die Deutsche Bank überhaupt Details zu ihren Krediten veröffentlichte - ein Vorgehen, das nur wenige Mitbewerber an den Tag gelegt hätten.
Kostenmanagement und Standort
Die in diesem Jahr gute Kursentwicklung der Deutsche Bank-Aktie hängt laut Graham auch damit zusammen, dass die Europäische Zentralbank ein Dividendenverbot für Banken ausgesprochen hat, die Deutsche Bank aufgrund ihrer Umbaumaßnahmen aber sowieso von einer Dividendenzahlung abgesehen hätte. Generell habe das Institut einen guten Umgang mit seinen Kosten bewiesen, wovon sich vor allem Anleger begeistert gezeigt haben sollen.
Ein weiterer Vorteil, mit dem die Deutsche Bank punkten kann, ist außerdem ihr Standort. Im Vergleich zu anderen Staaten der Europäischen Union habe Deutschland auf konjunktureller Basis nämlich deutlich profitieren können.
Ungewisse Zukunft
Ob die Großbank sich aber auch im nächsten Jahr noch diese fünf Faktoren zunutze machen kann, sei noch offen, so Autonomous. Das Dividendenverbot der EZB werde nach Graham wahrscheinlich noch vor dem Sommer abgeschafft, weiterhin werden sich Anleger 2021 seiner Meinung nach eher auf "Corona-Verlierer" konzentrieren, also auf die Unternehmen, die besonders unter der Krise litten und deutlich auf die Verfügbarkeit eines Impfstoffs und eine daraus resultierenden Normalisierung hoffen. Trotzdem komme es der Deutschen Bank zugute, dass sie ihren Krisenstatus nun aufgeben konnte. Was das Kostenmanagement der Großbank angeht, ist Graham außerdem ebenfalls optimistisch.
Redaktion finanzen.net
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