EBIT könnte deutlich sinken

Fresenius-Aktie knickt ein: Fresenius 2023 belastet von FMC - Fresenius will FMC aus Bilanz nehmen

22.02.23 17:54 Uhr

Fresenius-Aktie knickt ein: Fresenius 2023 belastet von FMC - Fresenius will FMC aus Bilanz nehmen | finanzen.net

Der Gesundheitskonzern Fresenius rechnet im laufenden Jahr wegen schwierigen Geschäften bei der Tochter Fresenius Medical Care schlimmstenfalls mit einem deutlichen Gewinnrückgang.

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Wie der DAX-Konzern Fresenius mitteilte, soll der Umsatz 2023 organisch noch im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich steigen. Die Basis aus dem Vorjahr seien 40,84 Milliarden Euro. Das währungsbereinigte Konzern-EBIT vor Sondereinflüssen soll in etwa stabil bleiben oder aber im bis zu hohen einstelligen Prozentbereich sinken.

"Die Bandbreite des Rückgangs gegenüber dem Vorjahr ist im Wesentlichen auf das schwierige Geschäftsumfeld bei Fresenius Medical Care zurückzuführen", so der Bad Homburger Konzern. Ohne Fresenius Medical Care soll das währungsbereinigte EBIT vor Sondereinflüssen (Basis 2022: 2,187 Milliarden Euro) des Konzerns in etwa stabil bleiben oder im bis zu mittleren einstelligen Prozentbereich zurückgehen.

Fresenius-Chef leitet Konzernumbau ein - Klatsche für Vorgänger

Der neue Fresenius-Chef Michael Sen treibt nach einem Gewinneinbruch den Umbau des Krankenhausbetreibers und Medizinkonzerns voran. Mit der Konzentration auf das Klinikgeschäft Helios und die Flüssigmedizin Tochter Kabi gibt Sen die neue Richtung im Konzern vor. Die einzelnen Bereiche will er stärker auf Rendite trimmen, dafür gibt es auch höhere Einsparziele. Auch soll die komplexe Firmenstruktur mit der Entflechtung der zuletzt besonders belastenden Dialysetochter FMC (Fresenius Medical Care) vereinfacht werden. Zugleich verabschiedet sich der Manager von der aggressiven Übernahmestrategie der Vergangenheit.

Sen zeigte sich bei der Bilanzvorlage am Mittwoch sicher, das Ruder beim hochverschuldeten Konzern wieder herumreißen zu können. Dafür wollen sich beide Unternehmen auch von nicht näher genannten Randgeschäften trennen. "2023 ist das Jahr, in dem wir entscheidende Weichen für die kommenden Jahre oder sogar Jahrzehnte stellen", sagte Sen. Die Probleme ließen sich mit der neuen Strategie lösen, jedoch nicht "über Nacht".

Dies hinterlässt auch Spuren im Ausblick für 2023: Das Management rechnet trotz voraussichtlich weiter anziehender Erlöse in diesem Jahr bestenfalls mit einem stabilen Ergebnis. Im schlechtesten Fall schließt die Führung auch einen Rückgang im hohen einstelligen Prozentbereich nicht aus. Hier schlagen unter anderem inflationsbedingte Kosten, Ausgaben für den Umbau sowie ausfallende Unterstützung der US-Regierung für FMC zu Buche.

Mit dem Fokus auf die Sparten Arzneien und Medizinprodukte (Kabi) sowie Kliniken (Helios) will sich Fresenius auf "strukturelle Wachstumsfelder der Industrie" konzentrieren, wie Sen erläuterte. In diesen zugleich "kritischen Bereichen des Gesundheitswesens" verfügten die Bad Homburger über eine "sehr attraktive Marktposition". Mögliche künftige Zukäufe sollten entsprechend dieser Ausrichtung erfolgen. Derzeit sei aber wenig Platz für große Deals, sagte er mit Blick auf den hohen Schuldenberg des DAX-Konzerns. Spekulationen über einen geplanten Verkauf der spanischen Klinikkette Quironsalud erteilte der Manager dagegen eine Absage. Das Unternehmen bleibe Teil der Strategie.

Unter Sens Vorgänger Stephan Sturm hatte Fresenius Übernahmen in Serie gestemmt - etwa den milliardenschweren Zukauf von Quironsalud 2017. Später schlug aber die Übernahme des US-Arzneikonzerns Akorn fehl. Zudem engen Fresenius zunehmend hohe Schulden ein. Der Konzern musste mehrfach seine Gewinnziele korrigieren. Sturm trat im Herbst ab.

Die Fresenius-Führung will die Kosten nun stärker senken, vor allem bei FMC. Ab 2025 soll jährlich rund eine Milliarde Euro eingespart werden. Fresenius wolle den Einkauf effizienter gestalten und die Verwaltungskosten senken. Auch die Aktionäre bekommen den neuen Kurs zu spüren: Sie sollen für 2022 erstmals seit fast 30 Jahren keine Dividendenerhöhung erhalten, sondern mit 92 Cent je Aktie eine Ausschüttung auf Vorjahresniveau.

Die geplanten Maßnahmen dürften im kommenden Jahr erste Früchte tragen, zeigte sich Sen zuversichtlich. Auch FMC-Chefin Helen Giza rechnet damit, ihr Unternehmen 2024 wieder zu Gewinnwachstum zurückzuführen. Dafür will sich der Blutwäschespezialist auch aus wenig lukrativen Märkten zurückziehen. Bei Fresenius stünden eine "Handvoll kleinere Geschäfte" zur Disposition, sagte Sen, ohne Details zu nennen. Ein neues Stellenabbauprogramm wurde nicht angekündigt.

Sen sparte unterdessen nicht mit Kritik an seinen Vorgängern: Dem Konzern habe in den vergangenen Jahren die Richtung gefehlt. Fresenius habe dabei keine "zufriedenstellende Gesamtperformance" geliefert. Wachsende Schulden hätten den Spielraum eingeengt. Mit der geplanten strukturellen Vereinfachung werde Fresenius mit einem stärkeren Fokus auf die Rendite seine Leistungsfähigkeit wieder verbessern können, ergänzte der Manager.

Im vergangenen Jahr musste Fresenius wegen steigender Kosten, Personalmangel und Problemen in den Lieferketten einen Gewinneinbruch hinnehmen. Obwohl der Umsatz zum Vorjahr um neun Prozent auf 40,8 Milliarden Euro stieg, fiel der um Sondereffekte bereinigte Gewinn um sieben Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Größte Bürde war FMC: Dort knickte der bereinigte Gewinn 2022 um zehn Prozent ein. Der Dialysetochter machten zuletzt ein Mangel an Pflegekräften in den USA, Lieferkettenprobleme sowie steigende Kosten zu schaffen. Zudem starben viele Dialysepatienten an Corona.

Am Sorgenkind FMC hält Fresenius zwar nur rund ein Drittel der Anteile. Wegen der Organisation der beiden Unternehmen als Kommanditgesellschaften auf Aktien fließen die Ergebnisse von FMC aber komplett in die Fresenius-Bilanz ein, damit wurde die Tochter für den Mutterkonzern zunehmend zum Bremsklotz.

Nun reagiert Fresenius darauf. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft wäre der Konzern künftig diese Last los, da FMC nur noch als Beteiligung berücksichtigt werden dürfte. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Juli soll der Beschluss für eine Entflechtung gefasst werden. Damit wäre auch der Weg geebnet für einen möglichen späteren Verkauf von FMC, doch dafür müsste der Aktienkurs wohl deutlich steigen. Auf Sicht von zwölf Monaten liegt das Papier gut 30 Prozent im Minus.

FMC gewinne deutlich mehr Flexibilität und Gestaltungsspielraum, aber auch mehr Verantwortung, sagte Sen. Fresenius bleibe vorerst ein "aktiver Investor". Was das bedeutet, erklärte er auch: "Ich habe FMC gesagt, wie zügig wir Verbesserungen sehen wollen, um den Wert unserer Beteiligung zu maximieren."

Den Klinik-Dienstleister Vamed, an dem Fresenius mehr als 70 Prozent hält, will Fresenius laut dem Manager hingegen in Zukunft nachrangig und "wie eine Finanzbeteiligung" behandeln. Für Florian Oberhofer, Fondsmanager bei Union Investment, wird damit neben einem Abbau der Beteiligung an FMC auch eine Reduzierung des Vamed-Anteils künftig wahrscheinlicher.

Fresenius steckt schon länger in der Krise. Nach mehreren Gewinnwarnungen hatte Sen im Herbst den bisherigen Konzernchef Sturm abgelöst. Bei FMC übernahm zugleich Carla Kriwet das Ruder, warf aber im Dezember schon wieder hin - offenbar im Streit über die Strategie. Ihr folgte Helen Giza als neue Chefin von FMC. Unter Investoren steht die breite Aufstellung von Fresenius mit den Säulen Dialyse, Kliniken, Arzneien und Projektgeschäft schon länger in der Kritik. So dringt der US-Hedgefonds Elliott auf eine Aufspaltung der komplexen Struktur.

Fresenius bekommt neuen Kabi- und Personal-Vorstand

Der Gesundheitskonzern Fresenius gestaltet seinen Vorstand weiter um. Wie der Bad Homburger Konzern mitteilte, soll Pierluigi Antonelli mit Wirkung zum 1. März den Vorstandsvorsitz der Sparte Kabi übernehmen. Der 56-Jährige übernimmt das Amt von Michael Sen, der es nach seiner Berufung zum Fresenius-Vorstandsvorsitzenden im Oktober vergangenen Jahres zunächst kommissarisch weitergeführt hatte.

Antonelli verfügt den weiteren Angaben zufolge über langjährige Erfahrung in der Pharmabranche. In seiner vorherigen Position führte er seit 2019 als CEO die Geschäfte von Angelini Pharma, einer auf Brain Health und Consumer Health spezialisierten Tochter der italienischen Angelini-Gruppe.

Die auf Infusionstherapien und Generika spezialisierte Sparte Kabi soll neben Helios künftig im Mittelpunkt der Neuausrichtung von Fresenius stehen.

Mit Michael Moser bekommt die Fresenius SE & Co. KGaA zudem einen neuen Personalvorstand. Der bisherige Amtsinhaber Sebastian Biedenkopf scheide mit dem Auslaufen seines Vertrags zum Ende des Jahres in bestem gegenseitigem Einvernehmen aus dem Unternehmen aus, teilte der DAX-Konzern weiter mit. Der 46-jährige promovierte Rechtsanwalt und Betriebswirt Moser, dessen Eintritt bei Fresenius spätestens zum 1. August geplant ist, ist seit 2019 stellvertretender CEO und CFO beim türkischen Energieanbieter Enerjisa.

Das Vorstandsressort Personal, Risikomanagement und Recht wird überdies um den Bereich Environmental, Social und Governance (ESG) erweitert.

Fresenius verabschiedet sich von großen Übernahmen - Höhere Sparziele

Der neue Fresenius-Chef Michael Sen verabschiedet sich vom aggressiven Übernahmekurs seines Vorgängers und setzt dem Gesundheitskonzern höhere Sparziele. "Wir kaufen kein Umsatz und Wachstum mehr", sagte Sen am Mittwoch in Bad Homburg. Er wolle Fresenius mit Fokus auf die Strategie führen, nicht mehr auf Transaktionen. "Transaktionen dienen nur der Strategie". Ohnehin sei derzeit wenig Platz für große Deals, sagte er mit Blick auf die Finanzkraft des hoch verschuldeten DAX-Konzerns.

Unter Sens Vorgänger Stephan Sturm hatte Fresenius Übernahmen in Serie gestemmt und das Wachstum des Konzerns angekurbelt - etwa mit dem milliardenschweren Zukauf der spanischen Klinikkette Quironsalud 2017. Später schlug aber die Übernahme des US-Arzneikonzerns Akorn fehl. Zudem engen Fresenius zunehmend hohe Schulden ein. Der Konzern musste mehrfach seine Gewinnziele korrigieren. Sturm trat im Herbst ab.

Fresenius hatte bereits am Dienstagabend eine Erhöhung der Sparziele mitgeteilt. Laufende Effizienzprogramme würden intensiviert. Ab 2025 solle jährlich rund eine Milliarde Euro gespart werden. Vor allem bei FMC (Fresenius Medical Care) wird der Rotstift angesetzt: Die Dialysetochter soll die jährlichen Kosten bis 2025 um 650 Millionen Euro drücken.

Auch die Anteilseigner spüren den neuen Kurs. Sie bekommen für 2022 erstmals seit fast 30 Jahren keine Dividendenerhöhung, sondern mit 92 Cent je Aktie eine Ausschüttung auf Vorjahresniveau.

Fresenius wolle den Einkauf effizienter gestalten und die Verwaltungskosten senken, sagte Finanzchefin Sara Hennicken. Zudem werde man die Digitalisierung der Klinikkette Helios vorantreiben und die IT auf Konzernebene auf Effizienz trimmen. Das Sparprogramm setze auf den früheren Umbauprogrammen an. FMC hatte schon 2021 den Abbau von weltweit 5000 Jobs angekündigt.

Fresenius-Aktie und FMC-Aktie im Fokus

Die Fresenius Medical Care-Aktien notierten am Mittwoch via XETRA letztlich 7,32 Prozent höher bei 39,88 Euro, während die Fresenius-Aktien letztlich 4,37 Prozent auf 27,59 Euro verloren.

Beim Gesundheits- und Klinikkonzern Fresenius heben Experten am Morgen vor allem auf die Aussagen zur künftigen Konzernstruktur ab. Fresenius will die Dialysetochter FMC aus der Bilanz herausnehmen. Victoria Lambert von der Berenberg nannte diesen Schritt "ermutigend". Für einige Akteure am Markt könne das aber doch zu wenig sein, denn diese hätten auf eine Verringerung des Anteils an FMC gesetzt. Derzeit hält Fresenius knapp ein Drittel der FMC-Aktien.

Analyst David Adlington von JPMorgan monierte hingegen, das weitere Vorgehen mit dem Anteil an FMC nach der Dekonsolidierung sei unklar. Mit Blick auf die nachbörslichen Kursgewinne der Aktien am Vortag gab sich der Experte skeptisch: "Auf diesem Niveau würden wir den Aktien nicht mehr nachjagen". Zwar seien die Papiere vergleichsweise günstig, aber das operative Umfeld bleibe schwierig und die Bilanz angespannt.

Barclays belässt Fresenius auf 'Overweight' - Ziel 32 Euro

Die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung für Fresenius nach Eckdaten zum vierten Quartal auf "Overweight" mit einem Kursziel von 32 Euro belassen. Der Ausblick auf 2023 impliziere im Mittelwert etwas Abwärtspotenzial für den Konsens, schrieb Analyst Hassan Al-Wakeel in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Im Fokus stehe wohl mehr die Konzernstruktur mit einer Entkonsolidierung der Dialysetochter Fresenius Medical Care, die bestätigterweise voranschreite. Solche Schritte seien hilfreich, um einen Abschlag für die Konglomerats-Struktur zu entfernen.

/tih/la

Veröffentlichung der Original-Studie: 22.02.2023 / 07:16 / GMT

Erstmalige Weitergabe der Original-Studie: 22.02.2023 / 07:16 / GMT

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