DIW: Energieagentur IEA irrt mit Aussage zu Comeback der Atomenergie
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) als Irrtum zurückgewiesen, in der diese weltweit ein Comeback der Atomkraft vorhersagt. DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert sagte, die angeblichen "Comeback-Indikatoren" der IEA seien nicht durch Fakten gedeckt. Atomenergie sei zu teuer, habe hohe Ausfallzeiten und sei nicht wettbewerbsfähig gegenüber anderen Energien, insbesondere den erneuerbaren Energien.
"Die Internationale Energieagentur irrt", sagte Kemfert mit Blick auf ein Comeback der Atomkraft. Die IEA gehe von viel zu niedrigen Kostenannahmen für die Atomkraft aus, ignoriere Risiken und lange Bauzeiten. In Zeiten geopolitischer Risiken sei Atomenergie als Hochrisikotechnologie keine Option.
"Weltweit ist der Ausbau von Atomkraftwerken weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Produktion von Strom aus Atomkraftwerken liegt erstmals seit Jahrzehnten unter 10 Prozent und sinkt weiter. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt dagegen stetig an", betonte die DIW-Expertin.
Weltweiter Anteil von Atomstrom an Stromerzeugung sinkt
Zudem werde der Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung weltweit nach Einschätzung des DIW weiter sinken. Denn bis zum Jahr 2040 gingen rund 200 Atomkraftwerke vom Netz, während diesen umfangreichen Abschaltungen aktuell lediglich etwa 53 laufende Neubauprojekte gegenüberstünden. Nur in China gebe es laufende Neubauprojekte, alle anderen zeichneten sich durch Verzögerung in der Planung, Genehmigung und Fertigstellung aus, teilweise mit erheblichem Ausmaß von mehr als zehn Jahren, so das DIW. Zudem seien die Kosten exorbitant hoch und überstiegen oftmals die der Planungen.
"Atomenergie ist enorm teuer, risikoreich und löst den Bedarf an zusätzlichen Strom nicht. Auch sogenannte Small Modular Reactor (SMR) sind keine Lösung, da sie ebenfalls hohe Kosten, Risiken und Bauzeiten aufweisen würden", sagte Kemfert.
Bisherige Erfahrungen zeigten, dass sie kaum zu realisieren seien, und es gebe keine technologischen Durchbrüche, die dies erwarten ließen. Es müssten tausende solcher SMR gebaut werden, um die notwendigen Bedarfe zu decken. "Das ist im höchsten Maße unrealistisch, teuer und risikoreich", warnte Kemfert.
Der Anteil der erneuerbaren Energien steige hingegen stetig an. Dieser sei zur Abdeckung von zusätzlichem Strombedarf aufgrund der Energiewende oder auch beispielsweise von Rechenzentren ausreichend.
Die IEA habe sich auch schon in der Vergangenheit oft geirrt. So habe sie etwa den Ausbau erneuerbarer Energien aufgrund völlig überhöhter Kostenannahmen unterschätzt und die Atomenergie aufgrund fehlerhafter und zu niedrig angesetzter Kosten überschätzt.
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January 16, 2025 08:59 ET (13:59 GMT)