Digitales Business

Kontra zu Mnuchins Vorwürfen: Der Einzelhandel wird nicht von Amazon getötet, er begeht Selbstmord

01.08.19 21:23 Uhr

Kontra zu Mnuchins Vorwürfen: Der Einzelhandel wird nicht von Amazon getötet, er begeht Selbstmord | finanzen.net

Mit scharfen Worten griff US-Finanzminister Steven Mnuchin den Online-Händler Amazon kürzlich an: Das große A töte den Einzelhandel. Ein Marketing-Spezialist sieht das anders. Nicht Amazon töte den Einzelhandel, dieser begehe Selbstmord.

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• US-Finanzminister Steven Mnuchin warf Amazon vor, den Einzelhandel zu töten
• Spezialist Reily: Amazon verändert die Erwartungshaltung von Kunden
• Wer sich nicht an die veränderten Verhältnisse anpasst, begeht Selbstmord

Amazon hat sich in den letzten Jahren immer mehr etablieren können und ist in der westlichen Welt heutzutage als Online-Händler kaum mehr wegzudenken. Von Büchern, über Technik, bis hin zu Kleidung oder Nahrungsmitteln - die Devise des Handelsgiganten scheint zu sein: es gibt nichts, was es nicht gibt. Doch wo E-Commerce-Riesen immer erfolgreicher werden, leidet der analoge Einzelhandel vielerorts stark. Läden in einst beliebten Innenstadtlagen müssen schließen, weil sich das Geschäft nicht mehr rentiert. Kunden bleiben fort und bestellen ihre benötigte Ware lieber bequem und komfortabel via Amazon. Doch kann man, wie es Mnuchin in einem Interview bei CNBC tat, tatsächlich Amazon die Schuld daran geben, dass der Einzelhandel langsam verendet? Jon Reily, Spezialist bei der Beratungsfirma für digitales Marketing Publicis Sapient, sieht das ganz anders. Die Schuld liege nicht bei Amazon, sondern bei den Einzelhändlern selbst.

Amazon nur für 4 Prozent des Umsatzes verantwortlich

In einem Kommentar in der Marketing- und Vertriebszeitschrift Absatzwirtschaft, erklärt Reily, dass die Wertung Mnuchins etwas abwegig sei. "Es ist ein bisschen weit hergeholt zu sagen, dass ein Unternehmen wie Amazon, das für etwas mehr als vier Prozent des Umsatzes in diesem Sektor verantwortlich ist, den Einzelhandel ‚zerstört‘", schreibt er dort.

Der tatsächliche Einfluss auf das Handelsgeschehen sei damit ziemlich gering. Was Reily allerdings zugibt, ist, dass der Einfluss "aus philosophischer Sicht […] natürlich enorm" ist. Denn durch den Online-Handel via Amazon habe das von Jeff Bezos geleitete Unternehmen bei den Kunden eine Erwartungshaltung geschaffen und definiert, "was der Einzelhandel heute ist und wie er sein sollte". Hier liege der Punkt, der den großen Einfluss von Amazon ausmache.

Amazon ist schneller und innovativer als die Konkurrenz

Kunden haben sich durch das Angebot bei Amazon daran gewöhnt, ihre gewünschten Produkte einfach zu finden, einen oft günstigen Preis dafür zu bekommen und sie mit dem Amazon-Prime-Lieferangebot schon am nächsten Tag in Empfang nehmen zu können. Diesen Service erwarten sie mittlerweile auch bei einem lokalen Einkauf. Die meisten werden das auch von sich selbst kennen: Sind die Schuhe im Laden vor Ort in der gewünschten Farbe nicht verfügbar, ist man prinzipiell zwar zunächst gewillt, sie dort bestellen zu lassen und abzuholen, doch wenn Verkäufer dann erklären, dass sie nicht sicher sagen können, wann die Schuhe ankommen und die Lieferung sicherlich mehrere Werktage dauern wird, springt man schnell ab. Denn: Über Amazon kann man die gewünschten Schuhe oft zu einem günstigeren Preis bestellen und bereits am nächsten Tag tragen - ohne nochmal extra in den Laden rennen zu müssen.

Der US-amerikanische Großhändler sei hierbei einfach schneller als die Konkurrenz, glaubt auch Reily. "Amazon schränkt den Wettbewerb nicht ein, aber sie treiben Innovationen schneller voran als jedes andere Unternehmen. Die harte Wahrheit ist, dass die Welt des Einzelhandels, auch wenn sich ein Großteil davon noch immer in der realen Welt abspielt, heute ein digitales Business ist."

Digitale Möglichkeiten müssen für langfristigen Erfolg genutzt werden

Das Problem, das viele Einzelhändler nun zu spüren bekämen, liege also nicht an Amazon, sondern an ihnen selbst. Diejenigen, die den Wandel vom analogen zum digitalen Handel früh genug erkannt und adaptiert hätten, könnten auch überleben. Doch Firmen, die nicht gewillt seien, Veränderungen an ihrem Geschäftsmodell vorzunehmen und sich den Neuerungen verschlössen, würden es letztendlich vermutlich nicht schaffen.

Wer nicht langfristig denke und bereit sei, neue digitale Technologien anzunehmen und einzusetzen, ist damit der große Verlierer im Kampf um die Vorherrschaft im Einzelhandel. "Wenn man weiterhin die gleichen Dinge tut, die in der Jugend funktioniert haben, muss man sich nicht wundern, warum man im Alter langsam und krank wird", vergleicht der Spezialist den Untergang der gängigen Einzelhändler mit einer ungesunden Lebensweise in jungen Jahren, die im Alter ihre Konsequenzen zeigen kann. Reily schließt seinen Kommentar bei Absatzwirtschaft treffend in zwei Sätzen: "Amazon tötet den Einzelhandel nicht. Einzelhändler, die sich nicht digital transformieren, um die neuen Erwartungen zu erfüllen, die Amazon Verbrauchern in den Kopf gesetzt hat, begehen Selbstmord."

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Jonathan Weiss / Shutterstock.com, BobNoah / Shutterstock.com

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