Der "Plan X"

Tsipras' vermeintlicher "Volksverrat" - So hätte der Notfallplan für den Grexit ausgesehen

08.07.16 14:08 Uhr

Tsipras' vermeintlicher "Volksverrat" - So hätte der Notfallplan für den Grexit ausgesehen | finanzen.net

Vor einem Jahr, im Juli 2015, drohte Griechenland das Ausscheiden aus der Eurozone. Dieses haben aber weitere Hilfszahlungen der Gläubiger verhindert. Jetzt tauchte der pikante Notfallplan auf, der für den Grexit-Fall geschmiedet worden war.

Yanis Varoufakis, der ehemalige Finanzminister Griechenlands, bat bereits im Frühjahr 2015 seinen Freund und US-Ökonomen James Galbraith um Hilfe. Seine Aufgabe: Einen Notfallplan für den Grexit vorbereiten. Ein Jahr später hat Galbraith nun ein Buch mit den Details seines "Plan X" an die Öffentlichkeit gebracht.

Der "Plan X"

Der Grexit-Plan des Ökonomen sah zunächst die Ausrufung des Notstandes durch Regierungschef Alexis Tsipras vor sowie eine gleichzeitige Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. Diese hätten die Schließung aller Banken und Deaktivierung aller Geldautomaten beinhaltet. Die griechische Zentralbank sowie alle anderen privaten Banken hätten im Handumdrehen verstaatlicht werden müssen. Um die Verstaatlichung wiederum zu veranlassen, hätte das griechische Parlament unmittelbar zusammentreten und die Verstaatlichung der Banken bestimmen müssen. Deren Guthaben wäre in "neue Drachmen" umgestellt worden. Um Renten und die Gehälter der griechischen Bürger zu sichern, wären Schuldscheine in Planung gewesen.

Öffentliche Sicherheit wahren

Um die Bevölkerung nach der Ausrufung des Notstandes zu schützen und Plünderungen zu vermeiden, sah Galbraith vor, dass die Regierung die öffentliche Sicherheit an die griechische Armee übergeben solle. Anhaltende Polizeipräsenz auf den griechischen Straßen hätte die Bevölkerung sichern sowie Chaos und Panik verhindern sollen. Ebenfalls "wäre es notwendig gewesen, die Kontrolle bei der Treibstoffversorgung zu übernehmen", so Galbraith. So wären die Griechen im Falle des Notstandes nur minimal mit Benzin versorgt gewesen.

Entwicklung des Plans

Seine Pläne für den Grexit hatte Galbraith seinem Freund Varoufakis Anfang Mai 2015 präsentiert. Damals befand sich Griechenland in den Verhandlungen mit den Gläubigern. Die griechische Regierung akzeptierte schließlich die neuen Reformauflagen der Gläubiger, obwohl die Griechen in einem Referendum für das Gegenteil gestimmt hatten.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen seien während der Erstellung des Grexit-Plans getroffen worden, damit keine Details an die Öffentlichkeit dringen. Die Existenz eines Plans hätte wahrscheinlich das Aus für die Verhandlungen mit den Gläubigern bedeutet. So habe sich das Team um Varoufakis im Ausland getroffen, um die neuesten Informationen auszutauschen. Mitarbeiter legten laut der griechischen Tageszeitung "Kathimerini" bei den Treffen in Hotels ihre Handys sogar in den Kühlschrank, um eventueller Spionage vorzubeugen und Gesprächsaufnahmen zu verhindern.

Tsipras des Volksverrats bezichtigt

Die Veröffentlichung der Details zum "Plan X" hat nun eine Welle der Empörung in der griechischen Opposition ausgelöst. Sie fordern eine parlamentarische Untersuchung des Vorfalls und bezichtigen den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras des Volksverrats. Das Land sei, durch die Vorbereitung eines solchen Planes, nur knapp an einer "absoluten Zerstörung" vorbeigeschrammt, sagte der frühere Chef der Sozialdemokraten, Evangelos Venizelos.
Alexis Tsipras verteidigt dennoch seine Regierung und das Vorgehen seines damaligen Finanzministers. Varoufakis habe "die nationale Verteidigung des Landes für den Notfall" vorbereitet.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: kostasgr / Shutterstock.com, StockPhotosLV / Shutterstock.com