Infineon-Aktie dennoch freundlich: Infineon warnt wegen Corona-Auswirkungen vor Umsatzrückgang
Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie trüben Aussichten für das weitere Geschäftsjahr 2020 von Infineon ein.
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Der Chiphersteller Infineon rechnet im laufenden Geschäftsjahr wegen der Corona-Pandemie mit einem Umsatzrückgang. 2020 dürften die Erlöse mit 7,6 Milliarden Euro um 5 Prozent niedriger liegen als im Vorjahr, teilte der DAX-Konzern am Montagabend in Neubiberg mit. Inklusive des kürzlich übernommenen US-Konkurrenten Cypress Semiconductor soll der Umsatz bei etwa 8,4 Milliarden Euro liegen, plus oder minus 5 Prozent. Die Segmentergebnis-Marge soll rund 12 Prozent erreichen. Im vergangenen Jahr waren die Erlöse auf rund 8 Milliarden Euro gestiegen, die operative Marge hatte 16,4 Prozent erreicht.
Erst im März hatte Infineon wegen der Corona-Krise seine ursprüngliche Prognose für 2020 zurückgezogen. Die Folgen der Pandemie seien nicht ausreichend abschätzbar, hieß es damals zur Begründung. Eigentlich wollte der Halbleiterspezialist sein Geschäft im laufenden Geschäftsjahr weiter ausbauen. Allerdings hatte Konzernchef Reinhard Ploss bereits vor der Corona-Pandemie mit einer schwierigen ersten Jahreshälfte gerechnet.
Nun machte er klar, wie stark die Halbleiterbranche die Auswirkungen der Pandemie spüre. Diese seien beispiellos. "Auch Infineon ist nicht immun gegen den massiven Rückgang der Weltwirtschaft", sagte der Manager. Er verwies auf Probleme bei den Lieferketten und in der Fertigung. Der Ausblick für das zweite Geschäftshalbjahr habe sich "deutlich eingetrübt". Infineon rechnet mit starken Umsatzrückgängen im Autogeschäft, mit dem der Konzern den Löwenanteil seiner Erlöse macht.
Bei den Investitionen will sich Infineon 2020 zurückhalten. Sie sollen leicht auf 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro sinken. Beim freien Zahlungsmittelfluss rechnet der Vorstand wegen der Cypress-Übernahme unterm Strich mit einem deutlich negativen Wert. Die Übernahme herausgerechnet, dürfte der Wert bei plus 100 bis 300 Millionen Euro liegen. Ploss betonte in einer Telefonkonferenz, dass der Konzern über genügend eigene Liquidität verfüge, um die aktuell schwierige Situation zu meistern.
Im laufenden dritten Quartal soll der Umsatz nach der abgeschlossenen Cypress-Übernahme nun 1,9 bis 2,3 Milliarden Euro erreichen. Bei der Segmentergebnis-Marge erwartet die Infineon-Führung einen positiven mittleren einstelligen Prozentwert.
Dem Vorstand zufolge führten die "wirtschaftlichen Verwerfungen" der Corona-Krise zu einer deutlichen Unsicherheit bei der Prognose. Hierbei spielten der zeitliche Verlauf der weltweiten Infektionsraten und das Hochfahren des Geschäfts vor allem in der Autoindustrie eine große Rolle. Zudem komme es auf die Höhe und Wirksamkeit von Staatshilfen an. Die ersten Anzeichen des Abschwungs habe Infineon "gut abfedern" können, doch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise würden sich erst in den Folgequartalen richtig bemerkbar machen, sagte Ploss.
Infineon habe frühzeitig mit Sparmaßnahmen auf die Situation reagiert und weite sie in erforderlichem Umfang aus, hieß es. So sollen etwa Gehaltserhöhungen verschoben oder ganz ausgesetzt werden, zudem ist mit vorübergehender Kurzarbeit an verschiedenen Fertigungsstandorten begonnen worden.
Das übernommene Cypress-Geschäft geht der Mitteilung zufolge seit 16. April in die Konzernzahlen ein. Infineon erwartet für das verbleibende Geschäftsjahr, dass Cypress ein Umsatzvolumen von rund 0,8 Milliarden Euro generiert. Ploss zeigte sich zuversichtlich, dass der nach einer monatelangen Hängepartie geglückte, 9 Milliarden Euro schwere Zukauf Infineon einen großen Schritt voranbringt. Der Einfluss von Synergien werde aber kurzfristig noch nicht stark zu spüren sein.
Auf längere Sicht erwartet der DAX-Konzern durch den Zukauf eine höhere Wachstumsdynamik und jährliche Kostensynergien in Höhe von 180 Millionen Euro. Ploss rechnet damit, dass die Übernahme bereits im Geschäftsjahr 2021 wertsteigernd sein wird. Die neuen Geschäftseinheiten von Cypress sollen schrittweise in die bestehenden Strukturen von Infineon integriert werden.
Im abgeschlossenen zweiten Geschäftsquartal schnitt Infineon etwa so ab wie von Experten erwartet. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorquartal um rund vier Prozent auf fast zwei Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Segmentergebnis) sank hingegen um acht Prozent auf 274 Millionen Euro. Die Marge fiel von 15,5 auf 13,8 Prozent. Ohne Sondereffekte wäre sie aber leicht gestiegen.
Unter dem Strich brach der Konzernüberschuss um 15 Prozent auf 178 Millionen Euro ein. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sackte das Segmentergebnis sogar um 17 Prozent ab, der Überschuss ging um fast ein Viertel zurück. Dagegen verharrte der Umsatz auf Vorjahresniveau. Wegen der teils starken Schwankungen werden Geschäftszahlen in der Halbleiterbranche üblicherweise mit dem Vorquartal verglichen.
Analysten bewerteten das vorgelegte Zahlenwerk überwiegend positiv. So sei das zweite Quartal etwas besser gewesen als gedacht, befand etwa Sebastien Sztabowicz vom Analysehaus Kepler Cheuvreux. Sandeep Deshpande von der US-Bank JPMorgan verwies jedoch darauf, dass die Signale für das dritte Quartal aber deutlich schlechter seien. Das Vertrauen in die angepeilten Jahresziele erscheine recht gering, auch wenn der Vorstand im Schlussquartal mit einer Erholung rechne. Derweil passte Alexander Duval von der US-Investmentbank Goldman Sachs seine Schätzungen für die Bruttomarge und Betriebskosten geringfügig an, beließ die Einstufung aber auf "Buy".
Im abgelaufenen Jahresviertel konnte Infineon den Umsatz im immens wichtigen Automotive-Geschäft (ATV) im Vergleich zum Vorquartal zwar um 2 Prozent steigern, das Segmentergebnis brach aber um 24 Prozent ein. Auch in der PSS-Sparte, in der das Geschäft mit Chips für die Stromversorgung sowie Chips für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets gebündelt ist, ging das Segmentergebnis um 5 Prozent zurück. Dagegen konnte Infineon im kleineren Segment Digitale Sicherheitslösungen (DSS) bei Umsatz und operativem Ergebnis zulegen. Im Geschäft mit Chips für die Industrie (IPC) blieb das Segmentergebnis zumindest stabil, während der Umsatz um 7 Prozent stieg.
Ploss unterstrich, dass die langfristigen Wachstumstreiber wie Elektromobilität, Erneuerbare Energien oder das Internet der Dinge (IoT) nach wie vor intakt seien. Er bezeichnete Infineon als "krisenerprobt" und gab sich optimistisch, dass der Dax-Konzern nicht zuletzt durch den Cypress-Zukauf gestärkt aus der Krise hervorgehen werde.
Infineon-Aktien gefragt nach solidem zweiten Quartal
Solide Quartalszahlen und ein besser als erwarteter Jahresausblick haben am Dienstag die Sorgen der Infineon-Aktionäre mit Blick auf die Geschäftsentwicklung teils vertrieben. Nach deutlichen Verlusten in den vergangenen zwei Handelstagen gewann das Papier des Münchener Chipherstellers im XETRA-Handel 6,21 Prozent und schloss bei 16,80 Euro.
Zwar ist es noch ein weiter Weg zurück auf das Niveau vor dem Corona-Crash Ende Februar um die 21 Euro herum. Seit ihrem Tief am 19. März bei 10,132 Euro hatte sich die Aktie in kräftigen Auf- und Abwärtsbewegungen bis Ende April im Maximum jedoch bereits wieder um 77 Prozent erholt. Über der 200-Tage-Linie, die die Aktie am 30. April im schwachen Markt zeitweise getestet hatte, konnte sie sich jedoch im sehr schwachen Marktumfeld nicht halten. Diese Linie signalisiert charttechnisch interessierten Anlegern den längerfristigen Trend. Dieser Durchschnittskurs verläuft aktuell bei 17,83 Euro.
Analyst Veysel Taze vom Bankhaus Lampe verwies darauf, dass die "soliden Quartalszahlen" über seinen und den Marktschätzungen lagen. Auch der von Infineon gegebene Ausblick sei besser als erwartet, was jedoch vor allem an günstigeren Wechselkursannahmen liege, schrieb er. Für 2019/20 prognostiziert das Infineon-Management einen Umsatzrückgang um 5 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. "Zugleich wird nun aber mit einem günstigeren Wechselkursverhältnis von 1,10 US-Dollar je Euro gerechnet nach bislang 1,13 Dollar", hob Taze hervor.
NEUBIBERG (dpa-AFX)
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Bildquellen: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images
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