Erst Deutsche Bank, jetzt HSH: Warum die chinesische HNA in ihrem Kaufrausch auf Banken setzt
Die HNA Gruppe ist momentan auf Einkaufstour in Deutschland. Das Unternehmenskonglomerat aus dem Reich der Mitte hat seit Jahresbeginn nicht nur beim Flughafen Hahn zugeschlagen, sondern sich auch eine deutliche Beteiligung an der Deutschen Bank gesichert.
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Doch damit nicht genug: Jetzt wollen die Chinesen wohl auch noch die HSH Nordbank aufkaufen. Der Hunger der HNA nach neuen Unternehmen kennt offenbar keine Grenzen. Dabei passen gerade Zukäufe im Bankensektor eigentlich nicht zum Hauptgeschäftsfeld der Chinesen.
Ein Luftfahrtkonzern entdeckt das Geld
Bisher hatte sich die HNA Gruppe nahezu ausschließlich auf die Bereiche Luftverkehr und Tourismus konzentriert: Sie besitzt Logistikfirmen, Bodenabfertiger, Hotels, Reisekonzerne sowie zahlreiche Fluglinien und beförderte 2016 mit ihren insgesamt mehr als 1.250 Flugzeugen rund 92 Millionen Passagiere. Rund 180.000 Mitarbeiter sind Teil des Firmenimperiums. Im Ranking der 500 weltweit größten Unternehmen des US-Magazins "Fortune" landete HNA zuletzt mit einem Umsatz in Höhe von 29,6 Milliarden Dollar auf Rang 353. Die Unternehmensgruppe selbst ist nicht an der Börse gelistet, zu ihr gehören jedoch zwölf börsennotierte Konzerne sowie zahlreiche weitere Firmen.
Erst seit einigen Jahren ist HNA unter der Leitung des Gründers Chen Feng nicht mehr nur in China, sondern weltweit aktiv. Unter anderem arbeitet der Konzern seit Herbst 2016 an der Übernahme eines 25-Prozent-Anteils an Hilton Hotels. Das Geschäft soll dieses Jahr finalisiert werden. Auch an Gist, einer Logistiktochter von Linde, sollen die Chinesen Interesse gehabt haben. Daneben kursieren Gerüchte über einen geplanten Einstieg beim Schweizer Reisedetailhandelskonzern Dufry, bei unseren Nachbarn hat HNA außerdem bereits den Abfertiger Swissport übernommen. Mit dem Kauf des 82,5-Prozent-Anteils am Flughafen Hahn im Hunsrück von der rheinland-pfälzischen Landesregierung hat das Konglomerat nun auch einen Flughafen in Europa im Portfolio. Allein im vergangenen Jahr hatte HNA laut Informationen der "Süddeutschen" 21 Milliarden Dollar für Übernahmen in der Kasse.
Deutsche Banken im Visier der Chinesen
Ihr Engagement bei der Deutschen Bank und dem Interesse an der HSH Nordbank fällt dagegen auf den ersten Blick aus dem Raster - schließlich haben beide nichts mit Tourismus, Luftverkehr oder Logistik zu tun. Bei der HSH Nordbank könnte womöglich das Schiffsportfolio die Chinesen zur Vorlage eines unverbindlichen Angebots bewegt haben. Bei der Deutschen Bank lassen sich jedoch keine derartigen Verbindungen erkennen - und doch ist der China-Konzern laut Angaben des DAX-Unternehmens mit einem Anteil von 4,76 Prozent mittlerweile der zweitgrößte Einzelaktionär nach dem Vermögensverwalter BlackRock, der auf 5,17 Prozent kommt.
Zunächst hatte HNA lediglich 3,04 Prozent der Deutsche-Bank-Aktien übernommen, eine weitere Aufstockung jedoch nicht ausgeschlossen. Man wolle lediglich unter der Zehn-Prozent-Schwelle bleiben - und da ist schließlich noch Luft nach oben. Wie sich die Beteiligung nach Ende der Kapitalerhöhung bei Deutschlands größter Bank gestaltet, bleibt abzuwarten. Verwaltet wird der Deutsche-Bank-Anteil übrigens von C-QUADRAT, einer österreichischen Fondsgesellschaft, an der sich HNA zu Jahresbeginn ebenfalls mit knapp 10 Prozent beteiligt hatte. C- QUADRAT-Gründer Alexander Schütz zieht daher auch für die HNA in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank ein - wenn die Hauptversammlung im April zustimmt.
Die Chinesen greifen also nicht nur im deutschen Finanzsektor zu, sondern auch in Österreich und weiteren Ländern: Ende März beteiligte sich HNA etwa auch mit einem 25-prozentigen Anteil an der Vermögensverwaltungssparte des internationalen Versicherungskonzerns Old Mutual, im Januar übernahm man den Hedgefonds-Spezialisten Skybridge Capital. Doch welche Strategie steckt hinter dieser Kauforgie im Finanzbereich?
HNA verfolgt eine riskante Strategie
HNA gibt sich in Hinblick auf seine Pläne in Europa recht zugeknöpft. Ein Sprecher sagte jedoch, dass die Vermögensverwaltung ein "attraktiver Wachstumsmarkt" sei, in dem man eine große Nachfrage erwarte. Eine Liste potenzieller Kunden hätte man mit den Nutzern der eigenen Vielfliegerprogramme und durch die wohlhabenderen Übernachtungsgäste in den eigenen Hotels praktischerweise auch schon vorliegen. Denkbar ist daher, dass der Geschäftsbereich der eigenen Finanzsparte HNA Capital durch die Zukäufe deutlich erweitert werden soll. Bislang war es die Hauptaufgabe der Unternehmenstochter, die Muttergesellschaft bei Übernahmen, Fusionen, Börsengängen sowie Anteilskäufen oder -verkäufen zu unterstützen. Nun könnte sie mit dem eingekauften Knowhow jedoch einen Anlauf wagen, um ins Privatkundengeschäft vorzustoßen. Denn in China steigt der Wohlstand und damit auch der Bedarf an Vermögensverwaltern, die den reichen Chinesen dabei behilflich sind, ihr Geld noch weiter zu vermehren.
Analysten bezweifeln jedoch, ob eine derartige Erweiterung des Geschäftsfeldes wirklich eine gute Strategie ist. Denn in der Finanzbranche tobt ein harter Wettbewerb und HNA hat mittlerweile auch ohne die Banken bereits so viele Eisen im Feuer, dass es schwerfallen dürfte, sich nicht zu verzetteln. "Der Plan, ein Finanzimperium aufzubauen, benötigt viel Personal, Ressourcen und Zeit", sagte Kaiyuan-Capital-Gründer Brock Silvers gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters". Daneben schürten schon die Zukäufe im vergangenen Jahr die Sorge, dass der Konzern in eine Schuldenfalle tappen könnte. Vielleicht könnte es also schon in naher Zukunft mit der Einkaufstour vorbei sein - und HNA sich dafür bei Übernahmegesprächen auf der anderen Seite des Tisches wiederfinden.
Redaktion finanzen.net
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