Volkswagen-Aktie kaum bewegt: VW-Konzern dürfte weiter von Chip-Mangel belastet werden - VW-China-Chef sieht Normalisierung
Die Versorgungskrise bei Elektronik-Chips und weiteren wichtigen Halbleiter-Bauteilen kostet den Volkswagen-Konzern immer mehr an geplanter Produktion.
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Zwar schätzt die Gruppe die Folgen der Engpässe insgesamt als beherrschbar ein. Einkaufsvorstand Murat Aksel, der die Beschaffung mit einer eigenen "Taskforce" koordiniert, berichtete auf der Online-Hauptversammlung am Donnerstag auf Nachfrage von Aktionären jedoch von zunächst weiter gestiegenen Ausfällen. So habe man im ersten Halbjahr eine hohe sechsstellige Anzahl von Fahrzeugen nicht produzieren können.
Für das erste Quartal allein hatte Konzernchef Herbert Diess im Frühjahr noch eine Zahl von gut 100.000 gestrichenen Autos genannt, bei denen der komplette Deckungsbeitrag verloren gegangen sei. In vielen Werken führte der Chip-Mangel schon mehrmals zu ausgefallenen Schichten und Kurzarbeit - bei VW ebenso wie bei anderen Herstellern.
Diess deutete in seiner Rede bei dem digitalen Aktionärstreffen an, in den kommenden Monaten könnte es zu einer weiteren Produktiondrosselung kommen: "Die Auswirkungen der Halbleiter-Engpässe werden sich eher im zweiten Halbjahr bemerkbar machen." Aksel schätzt außerdem, dass die teils starke Verteuerung von Rohstoffen "einen Effekt im unteren dreistelligen Millionenbereich" haben dürfte.
Vor allem in China gab es zuletzt zunehmende Probleme mit den knappen Hableiter-Teilen, was die Geschäfte der Wolfsburger im wichtigsten Automarkt der Welt auch ausbremste. Im Angesicht der Corona-Flaute Mitte 2020 hatten viele Autohersteller große Halbleiter-Bestellungen storniert. Dies rächt sich nun in Zeiten einer stabileren Nachfrage.
VW-China-Chef sieht Normalisierung der Chipversorgung im Herbst
Die im zurückliegenden Quartal schwache Absatzentwicklung der Marke Volkswagen in China dürfte sich im Verlauf des Sommers fortsetzen. Auch im Juli seien die Werke von der Knappheit massiv betroffen, heißt es aus dem VW-Konzern. Eine Normalisierung wird erst im Herbst erwartet.
Stephan Wöllenstein, der China-Chef des Volkswagen-Konzerns, setzt gleichwohl darauf, dass die Verkaufszahlen auch 2021 nach oben zeigen werden. "Wir gehen davon aus, dass sich die Chip-Versorgung ab dem dritten Quartals schrittweise verbessern sollte, so dass der Absatz in China in diesem Jahr über dem von 2020 liegt", sagte er.
In den chinesischen VW-Werken fehlt seit Mai vor allem ein spezifisches Halbleitermodul für die elektrische Lenkung, ist von VW zu hören. Der Mangel beeinträchtigte die Produktion zuletzt so, dass die Nachfrage nicht gedeckt werden konnte. Das Plattformsystem, das VW üblicherweise hilft, seine Autos profitabel zu fertigen, erwies sich zuletzt als nachteilig, räumte Wöllenstein ein.
Im zweiten Quartal verkaufte die Marke VW wegen fehlender Komponenten 16 Prozent weniger Fahrzeuge in China als im Vorjahr. Zugleich legte der Markt um 2 Prozent zu. Porsche und Audi kompensierten das Problem der Kernmarke mit überproportionalen Wachstumsraten. Inzwischen ist allerdings auch Audi von Engpässen bei den Halbleitern betroffen, weil im Lieferland Malaysia wegen Corona ein Lockdown verhängt wurde.
Mehr Sorgen macht es Beobachtern allerdings, dass Deutschlands größter Autokonzern beim Ausstieg aus der Verbrennertechnologie auf dem wichtigsten Markt Schiffbruch erleiden könnte. Bislang nämlich kommen die Elektroautos der ID-Familie in China nicht so richtig in Fahrt, wie sich kürzlich bei Vorstellung der Halbjahresabsatzzahlen zeigte.
12.000 Elektroautos aller Marken wurden zwischen April und Juni in China verkauft, ein Zehntel des weltweiten Absatzes. Das Gros ging auf den europäischen Markt. Bei Benzinern und Dieseln verzeichnet der Wolfsburger Konzern mehr als ein Drittel des Fahrzeugabsatzes in China - Volkswagen sogar die Hälfte.
China-Chef Wöllenstein stellt den langsamen Anlauf der Volkswagen-Elektroautos ID.4 (seit Ende März in China verfügbar) und ID.6 (seit Mitte Juni verfügbar) als normal dar. Neue Modelle bräuchten sechs bis zwölf Monate, bis sie sich am Markt durchgesetzt hätten, sagte er.
Beim Elektro-SUV ID.4 dürften im Juli schon 5.000 Einheiten verkauft werden, vielleicht noch etwas mehr. Im vergangenen Monat waren es knapp 3.000 Stück gewesen. "Mit Ausnahme von Tesla gibt es in China keinen Elektroautoanbieter, der mit einem Modell fünfstellige Zahlen auf Monatsbasis schafft", sagt Wöllenstein. Bis zum Jahresende sollen insgesamt fünf VW-Elektromodelle in China auf den Markt kommen, auch der in Deutschland im letzten Herbst gestartete ID.3.
80.000 bis 100.000 batterieelektrische Fahrzeuge glaubt Wöllenstein so in diesem Jahr in China verkaufen zu können. Die Fahrzeuge der ID-Familie zielen auf den Mainstream. Wöllenstein will sie als vollwertige bessere Alternative zu Verbrennern etablieren. Das große Wachstum findet derzeit aber bei kleinen, in der Anschaffung erheblich günstigeren Elektroautos von chinesischen Herstellern statt.
Die VW-Aktie notiert via XETRA zuletzt 0,19 Prozent tiefer bei 208,40 Euro.
BERLIN/WOLFSBURG (dpa-AFX) / FRANKFURT (Dow Jones)
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