DIW: Zweite Corona-Welle bremst Konjunktur in Deutschland erneut aus
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet für 2020 angesichts der erneuten Verschärfung der Coronavirus-Pandemie mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 5,1 Prozent.
Im kommenden Jahr könnte das BIP dann um 5,3 Prozent steigen, sagten die Ökonomen in ihrer neuen Konjunkturprognose voraus. "Das Vorkrisenniveau wäre dann gegen Ende des Jahres 2021 wieder erreicht."
All dies werde allerdings nur dann eintreten, wenn es wie in der Prognose angenommen gelinge, das Infektionsgeschehen im Laufe des Winters wieder unter Kontrolle zu bekommen, die Einschränkungen nach dem Jahreswechsel allmählich zurückgenommen würden und es zu keinen größeren Rückschlägen komme. "Die deutsche Wirtschaft setzt ihre Achterbahnfahrt fort", konstatierten die Ökonomen. "Nachdem es im Sommer unerwartet stark aufwärts ging und weite Teile der Einbußen aus dem Frühjahr wettgemacht werden konnten, wird die Erholung nun ausgebremst."
Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sei infolge der zweiten Corona-Infektionswelle erneut lahmgelegt. Zwar seien die Einschränkungen weniger gravierend als im Frühjahr, weil vor allem Schulen, Kitas und der Einzelhandel weiterhin geöffnet sind. Auch die für die deutsche Wirtschaft wichtige Industrie komme bisher besser durch den zweiten Lockdown, weil sie unter anderem auf potenzielle Lieferengpässe besser vorbereitet sei. Dennoch werde die Wirtschaftsleistung in Deutschland zum Jahresende erneut schrumpfen.
Für 2022 sagte das DIW ein Wachstum von 2,6 Prozent voraus. Im September hatten die Ökonomen mit einem BIP-Rückgang um 6,0 Prozent in diesem und einem Wachstum von 4,1 Prozent im kommenden und 3,0 Prozent im übernächsten Jahr gerechnet.
Am Arbeitsmarkt erwarten sie nun für dieses Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenzahl auf 2,703 Millionen, 2021 aber einen Rückgang auf 2,679 Millionen und 2022 eine weitere Senkung auf 2,424 Millionen. Die Arbeitslosenquote liegt nach der Prognose 2020 und 2021 bei 5,9 Prozent und 2022 bei 5,3 Prozent.
Wieder deutlich mehr Kurzarbeit
Viele Unternehmen begegneten der sinkenden Wirtschaftsleistung zum Jahresende wie schon im Frühjahr mit Kurzarbeit. In den beiden letzten Monaten dieses Jahres dürften mehrere hunderttausend Personen zusätzlich Kurzarbeit in Anspruch nehmen. Die Beschäftigung sinke in weitaus geringerem Maße. Auch deshalb sei der private Konsum ein Hoffnungsträger, zumal ein guter Teil der Einkommensverluste durch die Maßnahmen der Bundesregierung stabilisiert werden konnte. Zudem hätten die privaten Haushalte in nicht unbeträchtlichem Ausmaß Geld auf die hohe Kante gelegt.
Die wirtschaftlichen Hilfen, unter anderem auch die Kompensationen für vom zweiten Lockdown betroffene Unternehmen oder das Kurzarbeitergeld, schlügen sich deutlich in den öffentlichen Haushalten nieder. In diesem Jahr dürfte das Staatsdefizit auf den Rekordwert von 186 Milliarden Euro nach oben schnellen. Nach 146 Milliarden Euro im nächsten Jahr könnte das Defizit mit 78 Milliarden Euro auch im übernächsten Jahr noch beträchtlich sein. Gemessen am BIP sagte das DIW ein Defizit von 5,6 Prozent für 2020, von 4,1 Prozent für 2021 und 2,1 Prozent für 2022 voraus.
Werde das Infektionsgeschehen nicht im Winter wieder unter Kontrolle gebracht und zögen sich die Einschränkungen weit in den Frühling, könnte die Wirtschaftsleistung in Deutschland im Jahr 2021 nach der Prognose der Berliner Wirtschaftsforscher um 1,5 Prozentpunkte geringer ausfallen als im optimistischeren Szenario. "In der Folge würden möglicherweise viele Unternehmen und sogar Banken in erhebliche Schieflage geraten", warnten sie. Dies könnte eine noch tiefere Wirtschaftskrise nach sich ziehen. Hoffnung machten allerdings die Erfolge bei der Entwicklung von Impfstoffen.
BERLIN (Dow Jones)
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