Wirecard-Aktie: Justiz bittet anscheinend Russland um Rechtshilfe
Die Münchner Justiz hat sich einem Bericht zufolge auf der Suche nach dem flüchtigen ehemaligen Wirecard-Vertriebschef Jan Marsalek an die russische Regierung gewandt.
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Vor Ostern habe die Staatsanwaltschaft ein Inhaftnahmeersuchen an den Kreml geschickt, berichtet die "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise. Es enthält demnach die Bitte um Festnahme und Auslieferung nach Deutschland. Zudem soll auch der genaue Fluchtort aus dem Januar 2021 enthalten sein. Die Staatsanwaltschaft München I teilte auf Anfrage mit, man könne sich nicht zu Maßnahmen der internationalen Rechtshilfe äußern.
Marsalek ist seit Sommer 2020 untergetaucht und wird in Russland vermutet. Er ist eine Schlüsselfigur im Skandal um den kurz nach seinem Untertauchen zusammengebrochenen Finanzdienstleister Wirecard. Der Zeitung zufolge soll Marsalek sich in einem Versteck des russischen Geheimdienstes FSB befinden.
Laut "Bild" sollen vor Ostern auch zwei Münchner Staatsanwälte in der BND-Zentrale in Berlin gewesen sein, um dort geheime Akten zu Marsalek einzusehen. Der Zeitung zufolge soll Russland Deutschland bereits vor längerer Zeit angeboten haben, Marsalek zu verhören, das Angebot sei aber nicht bei der Münchner Staatsanwaltschaft angekommen. Laut "Spiegel" soll der BND dieses Angebot aber wegen Bedenken abgelehnt haben.
Der Zusammenbruch von Wirecard gilt als größter Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte. Inzwischen hat die Münchner Staatsanwaltschaft den ehemaligen Konzernchef Markus Braun und zwei weitere ehemalige Spitzenmanager angeklagt. Sie sollen seit 2015 die Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um insgesamt 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben - davon 1,7 Milliarden Euro an Krediten und weitere 1,4 Milliarden an Schuldverschreibungen. Brauns Verteidiger beteuern allerdings dessen Unschuld.
Laut Anklage waren die Wirecard-Bilanzen von 2015 bis 2018 falsch - eine geprüfte Bilanz für 2019 kam schon nicht mehr zustande. Im Juni 2020 meldete die einst als deutsches Technologie-Vorzeigeunternehmen geltende Wirecard Insolvenz an. Auslöser waren bis heute vermisste 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten verbucht waren.
Laut Ermittlungen waren dies jedoch Scheinbuchungen großen Stils. Wirecard wickelte als Zahlungsdienstleister Kreditkartenzahlungen an Ladenkassen und im Onlinehandel ab. Die mutmaßlich nicht existenten Milliarden wurden als Erträge von Partnerfirmen verbucht, die angeblich im Wirecard-Auftrag Zahlungen abwickelten.
Geschädigt wurden durch den Zusammenbruch nicht nur Banken und Investoren, sondern auch Zehntausende Aktionäre. Wirecard war nach dem Aufstieg in den DAX an der Börse 2018 zeitweilig über 20 Milliarden Euro wert.
/ruc/DP/jha
MÜNCHEN (dpa-AFX)
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