Autos Made in China

China macht (E-)mobil

26.04.15 03:00 Uhr

China macht (E-)mobil | finanzen.net

Chinas Autobauer werden schon bald konkurrenzfähige Produkte auf den Weltmarkt bringen. Speziell in Sachen Elektromobilität werden sie uns alle überraschen, sagt Asien-Experte und Gastautor Thomas Welte.

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von Thomas Welte, Gastautor von Euro am Sonntag

Wer sich mit Chinas Wirtschaft beschäftigt, sollte sich eines stets vor Augen halten: In China wird nicht in Quartalen gedacht, sondern in Dynastien. Das gilt auch für die ­dortige Autoindustrie, die sich vom 20. bis 29. April in Shanghai bei der internationalen Automesse ins Scheinwerferlicht drängen wird. Als Exoten natürlich zwischen all den hoch begehrten Prachtstücken aus dem Westen.

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Noch befinden sich Chinas Autobauer in einem Dilemma. Einerseits wird das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung immer ausgeprägter. Besonders abseits der Metropolen besteht enormer Nachholbedarf. Dabei hat das Auto in China aber vorrangig die Funktion eines Statussymbols - mehr als beispielsweise Umfang und Ausstattung der eigenen Wohnung. Während der in Deutschland gebaute Maybach hierzulande ein Exot ist, sieht man ihn auf Pekings Straßen häufig. Auch bonbonfarbene Bentleys sind keineswegs selten.

Auf der anderen Seite kämpfen die chinesischen Hersteller nach wie vor um Anschluss an das Weltmarktniveau. Dabei bremst sie vor allem ein Mentalitätsproblem. Chinesen können hervorragende Qualität liefern, wenn sie von ihnen verlangt wird, etwa in Joint Ventures mit westlichen Herstellern. Sie sind aber nur bedingt fähig, sich selbst erstklassige Standards aufzuerlegen und einzuhalten.

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Dennoch wird es nicht mehr lange dauern, bis konkurrenzfähige chinesische Autos auch auf deutschen Straßen fahren werden. Es wird dabei wohl nicht viel anders laufen als vor Jahrzehnten mit der japanischen Auto­industrie. Als die ersten Modelle hierzulande auf den Markt kamen, wurden sie belächelt und rasselten durch alle Tests. Nur wenige Jahre später führten sie die Zuverlässigkeitslisten an. Und verkauften sich entsprechend.

In Sachen E-Antrieb hat China keinen
wirklichen Rückstand

Die Namen der chinesischen Autohersteller hat hierzulande noch kaum jemand gehört. Dennoch ist die Prognose keineswegs verwegen: Diese No-Names werden uns in absehbarer Zeit überraschen. Insbesondere auf einem Gebiet - der Elektromobilität. Das hat zwei Gründe: Die immer drängender werdende Umweltproblematik in den Städten des Reichs der Mitte, die von der Führung in Peking durchaus erkannt ist und in konsequenter und rigider Manier angegangen wird.
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Dazu kommen die technologischen Voraussetzungen. Westliche Hersteller beschäftigen sich traditionell intensiv mit ihren Verbrennungsmotoren. Versuchten sie früher, deren Leistung zu optimieren, so geht es seit einiger Zeit vorrangig um Verbrauchs- und Abgaswerte bei entsprechender Leistungseffizienz. Die chinesischen Pendants sind dazu verurteilt, dieser Entwicklung hinterherzulaufen. Beim E-Antrieb aber haben sie keinen wirklichen Rückstand. Hier haben alle mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau begonnen.

Die Konsequenz ist, dass es ­offensichtlich Chinas Plan ist, die technologische Stufe des Verbrennungsmotors weitgehend zu überspringen. Schon jetzt fördert Peking massiv den Elektroantrieb: dessen technologische Entwicklung, wozu sich große Hersteller wie Geely und Great Wall zusammengeschlossen haben, aber auch den Kauf entsprechender Fahrzeuge. 2020 sollen fünf Millionen E-Autos auf Chinas Straßen fahren.

Um das zu erreichen, gibt es finanzielle Anreize für jeden Käufer und obendrauf höchst verlockende Zugaben: Wer sich ein E-Auto zulegt, bekommt automatisch das Recht auf dessen Zulassung - die ist ansonsten in den Großstädten streng reglementiert. Er darf, anders als mit einem herkömmlichen Auto, natürlich auch bei Smogalarm fahren. Und ganz wichtig: Er bekommt einen Parkplatz. Der ist vielerorts mehr wert als Geld und gilt den grundsätzlich materialistisch eingestellten Chinesen als besonderes Privileg. Die Folge dieser Politik wird sein, dass in einigen Jahren prozentual mehr Elektroautos in China unterwegs sein werden als im Rest der Welt. Wo diese Art des Antriebs, seien wir ehrlich, auch nur höchst halbherzig vorangetrieben wird.

Strombetriebene Fahrzeuge sind jedoch nur sinnvoll, wenn das Gesamtkonzept stimmt. Sprich: Wenn sie unter dem Strich emissionsärmer als Verbrennungsmotoren sind. In China wird der meiste Strom nach wie vor durch Kohlekraftwerke erzeugt. Das ergibt für Elektroautos eine durchaus fragwürdige Umweltbilanz. Dem chinesischen Pragmatismus geschuldet, kann man getrost davon ausgehen, dass sich an der Stromerzeugung zwar langfristig etwas ändern wird, als Ersatz aber keineswegs nur Ökoenergie eingesetzt wird, sondern die Steckdosen vermehrt auch durch Atomenergie gespeist werden. Der Applaus der ökobewussten Europäer dürfte sich in Grenzen halten.

Deutsche Autobauer sollten sich
nicht in Sicherheit wiegen

Was bedeutet das nun für die deutsche Schlüsselindustrie, die Autoproduktion? Sitzen die hiesigen Hersteller in der Truthahnfalle, wie manche Experten bereits unken? Der Truthahn wird vom Bauern so lange gemästet, bis er glaubt, dieser meine es tatsächlich gut mit ihm. Mit diesem wohligen Gefühl wird er eines Tages zur Schlachtbank geführt. Antwort: Nein. Um im Bild zu bleiben: Die Mastphase dauert noch an. Und das wird auf lange Sicht auch so bleiben. Denn die entscheidende Frage für die Autoindustrie hinsichtlich der E-Mobilität lautet: Wird sich diese ­flächendeckend durchsetzen? Werden die Zulassungszahlen von E-Autos jemals über niedrige einstellige Prozentzahlen hinauskommen? Wieder lautet die Antwort: Nein.

Auch unter Berücksichtigung einer großen Erweiterung der E-Mobilität bleibt sie noch auf lange Sicht kein Ersatz für die herkömmlichen - und weiter zu optimierenden - Verbrennungsmotoren. Die Probleme des E-Antriebs sind bekannt: mangelnde Batteriekapazitäten, fehlende Infrastruktur, nicht wettbewerbsfähige Anschaffungspreise. Hinzu kommt vielleicht auch noch, dass die breite Masse kein Vertrauen in die neuen Fortbewegungstechnologien hat.

Nein, auf absehbare Zeit droht den deutschen Autobauern keine Gefahr von dieser Seite. Dennoch sollten sie sich nicht in Sicherheit wiegen. Sie leben vom Technologievorsprung, von der Begehrlichkeit und Emotion, die dieser weckt. Entscheidend wird sein, wie weit der noch gehen wird - und in welcher Geschwindigkeit. Werden es irgendwann nur mehr kleine Schritte sein, droht tatsächlich die Gefahr, dass China schnell aufholt. Aber noch ist im Rückspiegel nichts zu sehen.

zur Person:

Thomas Welte, Partner und Sprecher der
Wirtschafts­prüfungsgesellschaft Autaco

Der Autor begann nach dem Studium als Diplom-Finanzwirt beim Finanzministerium Baden-Württemberg in Stuttgart. Nach 1990 folgten verschiedene Stationen in Unternehmen wie KPMG oder der Taurus Holding. 2005 gründete Welte die Autaco GmbH in München und konzen- triert hier seine Tätig­keiten auf Beratung und Begleitung von großen und mittelständischen Firmen, insbesondere in steuerrechtlichen Fragen, bei Unternehmenskäufen, -reorganisationen, -sanie- rungen und -insolvenzen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung von innovativen Investitions- und Finanzierungs­modellen im Bereich der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand.

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Bildquellen: Archiwiz / Shutterstock.com, Frank Zauritz/Autaco

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