Allianz muss sich kräftig strecken

Die Münchener versuchen den Spagat, in einem zähen Versicherungsgeschäft den Gewinn zu steigern und die Kosten zu senken, ohne Mitarbeiter zu entlassen. Ein schwieriges Unterfangen. Damit dieses gelingt, muss sich der Versicherer kräftig strecken.

   Dabei müssen noch einige Hausaufgaben erledigt werden. Vor allem mit ihrem Vermögensverwalter Pimco hat die Allianz noch einiges zu tun. Ob nach den Problemen seit dem Abgang von Fondsmanager Bill Gross tatsächlich wieder normale Zeiten anbrechen, ist eine entscheidende Frage für den zukünftigen Erfolg. Ermutigend ist, dass der Tiefpunkt überwunden scheint. Das erwartet zumindest das Management, nachdem deutlich weniger Kunden ihre Gelder abgezogen haben.

   Die Lösung des Problems Pimco ist für die Allianz dringlich, da sie Einbußen in der Vermögensverwaltung nur begrenzt ausgleichen kann. Im klassische Versicherungsgeschäft sind die goldenen Zeiten, in denen die Deutschen mindestens eine Lebensversicherung haben wollten, längst vorbei. Die niedrigen Zinsen haben den Versicherern einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Seitdem die Europäische Zentralbank die Politik der Niedrigzinsen fährt, sieht es für garantierte Renditen mau aus.

   Umso stärker müssen sich Versicherer umstellen und neue Einnahmequellen finden. Dessen ist sich die Allianz bewusst. Europas größter Versicherer bietet inzwischen beispielsweise Lebensversicherungen an, die eine stärkere Beteiligung an Marktgewinnen ermöglichen.

Digitalisierung steht oben auf der Agenda

Um wie geplant innerhalb der nächsten drei Jahre mehr Gewinn zu machen, müssen die Kosten schrumpfen. Das Zauberwort heißt dabei "Digitalisierung". Eines der Vorzeigeländer der Allianz ist die Türkei. Dort boomt das Online-Geschäft. Dieses Modell soll im Konzern Schule machen, da auch in anderen Ländern immer mehr Kunden Verträge gerne gleich im Internet abschließen. Denn auch hier haben sich die Zeiten geändert. Lange Gespräche im Büro des Versicherungsmaklers sind nicht mehr gefragt. Stattdessen wird schnell im Internet verglichen, wer die besten Konditionen hat, und der Vertrag auch gleich online abgeschlossen.

   Das kommt der Branche entgegen. Auch sie will, ähnlich wie die Banken, Papierberge abschaffen und ihre Mitarbeiter besser einsetzen als für das Ausfüllen von Formularen. Um die Mitarbeiter für die neuen, techniklastigen Anforderungen fit zu machen, bietet der Versicherer Schulungen an. Bleibt abzuwarten, ob die Allianz schon 2016 von der Digitalisierung im gewünschten Maß profitieren kann.

FRANKFURT (Dow Jones)