Italien-Comeback: Warum sich ein Bella-Italia-Investment wieder lohnt
Mit der Hilfe vieler Milliarden Euro aus Brüssel will Premierminister Mario Draghi das Land modernisieren - eine Chance für risikobereite Investoren.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Das Schicksal ist wieder auf der Seite der Italiener. Wie ein Geschenk des Himmels wurde im tiefkatholischen Italien der glückliche Gewinn der Fußball-Europameisterschaft empfunden - erst durch zwei Elfmeterschießen im Halbfinale und im Endspiel konnten sich die Azzuri den Titel holen. Der erste EM-Sieg seit 1968 löst in dem südeuropäischen Land Aufbruchstimmung aus.
Nachdem Italien wie kein anderes Land von der Pandemie gebeutelt worden war, hoffen die Menschen, dass es nun endlich wieder aufwärtsgeht. Da passt es gut, dass seit Februar mit Mario Draghi ein Premierminister im Amt ist, der Hoffnung versprüht. Er möchte den Staat mit tiefgreifenden Reformen auf die Erfolgsspur bringen.
Manche Italiener sehen in ihm schon den Gegenpart zu Roberto Mancini, dem Trainer der Nationalelf. Der formte nach dem Scheitern der Squadra Azzurra bei der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018, als der italienische Fußball völlig am Boden lag, aus relativ mittelmäßigen Spielern einen Titelkandidaten.
Solche Wunder sind von Draghi zwar nicht zu erwarten, aber der Ex-Chef der EZB hat zumindest viel Erfahrung als Wirtschaftsfachmann. Er möchte die verkrustete Gesellschaft des südeuropäischen Staats reformieren.
Populisten sind ruhiger geworden
Politisch hat er sich bereits von Altlasten befreit. Die populistischen Parteien Fünf Sterne und Lega verfügen zwar nach wie vor über die Parlamentsmehrheit in Rom, sind aber seit Februar in die nationale Einheitskoalition eingetreten. Dort haben sie ihre Anti-System-Haltung weitgehend abgestreift.
Die vier Minister der Fünf-Sterne-Partei votierten für eine überfällige Justizreform, deren Verabschiedung eine zentrale Bedingung für den Erhalt der 191 Milliarden Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds ist. Von den 750 Milliarden Euro, die dieser Fonds ausschüttet, erhält Italien so viel wie kein anderes Euro-Mitglied. Ein Drittel davon muss nicht zurückgezahlt werden. Das Geld soll für einen Investitionsschub sorgen, der das Land digitaler, grüner und frauenfreundlicher macht. "In den kommenden Monaten haben wir einen anspruchsvollen Weg vor uns, um die geplanten Investitionsprojekte zu starten und die Reformagenda voranzutreiben", sagte Draghi. Neben der Justiz sollen die Verwaltung und das Steuersystem verändert werden. Die behäbigen Strukturen lähmen schon lange die Wirtschaft des Landes.
Mehr als ein Viertel der EU-Gelder ist für den digitalen Umbau geplant, etwa für flächendeckend schnelles Internet. Milliarden werden für erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit genutzt, angedacht sind Solar- und Wasserstoffprojekte. Viel Geld soll zudem in eine bessere Ausbildung von Jugendlichen und Frauen fließen. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 34 Prozent. Und schon vor der Pandemie war nur jede zweite Italienerin berufstätig. Jetzt haben gerade viele junge Frauen keinen Job mehr, da sie oft in Bereichen arbeiten, die von der Krise stark getroffen wurden, insbesondere im Tourismus mit seinen Hotels und Restaurants.
Italien war das erste Land Europas, das im Februar 2020 massiv von der Corona-Pandemie heimgesucht wurde. In der Folge verzeichnete es im Vorjahr mit 8,9 Prozent Minus beim BIP einen heftigen Einbruch der Wirtschaft. Die Staatsverschuldung wird Ende 2021 voraussichtlich fast 160 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen.
Die Wirtschaft erholt sich
Draghi geht wegen der angekündigten Maßnahmen und Hilfen von einer starken Erholung der Konjunktur aus. Erst danach könne Italien "aus der hohen Verschuldung herauskommen", so der Premier.
Italiens Wirtschaft zeigt Anzeichen einer Verbesserung, die Nationalbank rechnet für 2021 mit fast fünf Prozent Wachstum. Dazu trägt auch der Tourismus bei, der wieder kräftig angezogen hat. Zudem wird nach Ende des Lockdowns deutlich mehr konsumiert. Passend dazu verbessert sich die Auftragslage. So stieg der Geschäftsklimaindex den siebten Monat in Folge.
Das macht Aktionären Mut. Seit Januar kletterte der Leitindex FTSE MIB 40 um 13 Prozent. Seit dem Crash im Vorjahr hat er sich aber weit schwächer entwickelt als der DAX und noch Nachholbedarf. Das zeigt auch das Kurs- Buchwert-Verhältnis. Es liegt für 2021 bei 1,27, beim DAX dagegen bei 1,70.
Risikobereite Anleger setzen auf Italiens Comeback. Jedoch müssen sie Risiken beachten. Neben der hohen Verschuldung ist auch die Corona-Krise noch nicht besiegt, die Infiziertenzahlen kletterten zuletzt wieder. Zudem soll der Süden des Landes viel Geld erhalten. Dort sitzt die Mafia. "Wir sind wirklich sehr besorgt, dass die Kriminellen sich die vielen öffentlichen Mittel sichern, besonders in wichtigen strategischen Sektoren wie etwa im Gesundheitswesen", befürchtet daher Enza Ronda, Vizepräsidentin der Anti-Mafia-Organisation Libera.
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Defensiv, aber riskant
Die 40 Top-Firmen Italiens sind im Leitindex FTSE MIB 40 vertreten. Die größten Positionen sind Enel (Energie), Stellantis und Ferrari (Auto), Intesa Sanpaolo (Bank) und Eni (Öl). Hoch gewichtet sind neben dem Finanzsektor die Branchen Konsum, Versorger und Energie. Gerade diese profitieren vom Nachlassen der Pandemie und den vielen Milliarden Euro aus Brüssel. Technologiewerte spielen nur eine untergeordnete Rolle. Obwohl die defensiven Branchen dominieren, sollten sich nur risikobereite Anleger engagieren. Italien hat viele ökonomische und soziale Probleme. Investoren setzen darauf, dass Draghi es schafft, das Land wieder in die Erfolgsspur zurückzubringen.
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