China: Angst vor dem Platzen einer Super-Blase
EURO-Kolumnist Arnout van Rijn über mögliche Blasen bei Finanzanlagen in China und auf welches Warnzeichen Anleger besonders achten sollten
In China wird Wirtschaftspolitik in der Regel sehr vorsichtig betrieben. Erst einmal eine kleine Dosis, um dann nachlegen zu können, wenn sich die gewünschte Wirkung einstellt. Nach diesem Muster baute die Politik das Land innerhalb von 30 Jahren von einem kommunistischen Staat zu einer Wirtschaftssupermacht um.
Im vergangenen Jahr ist China von diesem bewährten Weg abgewichen. Aus Angst vor dem Ausmaß des weltweiten Abschwungs und der dogmatischen Art, wie das Politbüro seine Bao-ba-Politik (acht Prozent Wachstum müssen sein) verfolgt, übertrieben die Politiker das Ausmaß der Konjunktur-Pakete. Als Ergebnis werden wir 2010 aller Voraussicht nach sehr hohe Wachstumsraten sehen. Gute Schlagzeilen eigentlich, aber die Befürchtungen über die Nachhaltigkeit werden nicht verstummen. Investoren haben besonders Angst davor, dass die Stimuli und das Kreditwachstum zu Blasen bei Finanzanlagen führen werden. Dabei stehen drei Bereiche im Fokus:
1.) Eine Blase auf dem Aktienmarkt
Das war vor zwei Jahren der Fall. 2007 wurde der Markt auf dem Festland mit mehr als den 30-fachen Erträgen bewertet, nun steht der Multiplikator der Erträge bei zwanzig. Die in Hongkong gelisteten chinesischen Firmen werden sogar auf Augenhöhe ihrer westlichen Wettbewerber gehandelt. Vergessen Sie nicht: China hatte keine massiven Gewinneinbrüche zu verbuchen. Ich sehe deshalb erst einmal kaum Risiken für eine Blase auf den Aktienmärkten.
2.) Eine Blase bei den Immobilienpreisen
Sicherlich ein ernstzunehmender Risikofaktor besonders in den großen Städten. Die durchschnittlichen Preise liegen zehn bis 15 Prozent höher als 2007 und mit rund 650 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu den Löhnen recht hoch. Der durchschnittliche Hauspreis liegt bei dem 7-fachen des jährlichen Haushalteinkommens. Vor zehn Jahren hatte der Wert noch beim 6,3-fachen Haushaltseinkommen gelegen.
In der chinesischen Kultur ist das eigene Heim die beste Art für die Zukunft vorzusorgen. Die Immobilienpreise werden deshalb relativ hoch bleiben, solange der Wohlstand wächst. Obwohl die Regierung sozialistisch genug ist, sich um die Preise für Wohnraum der Armen zu sorgen, kümmert sie sich nicht sonderlich um die Immobilienpreise für die Mittelschicht und die Reichen. Und es gibt für die Wirtschaft keinen besseren Multiplikator als Investitionen in Wohnimmobilien: Jedes gebaute Haus führt zu weiteren Ausgaben wie etwa die Inneneinrichtung - und das führt zu Wirtschaftswachstum.
3. Eine Blase in der Produktion
Das ist wohl das größte Risiko. So sind die chinesischen Produktionskapazitäten für Stahl mittlerweile die größten weltweit (fast die Hälfte der gesamten globalen Kapazitäten). 660 Millionen Tonnen können gefertigt werden. Das reicht um 11580 Empire State Buildings zu bauen – pro Jahr. Kann China diese Menge überhaupt gebrauchen? Wahrscheinlich nicht.
Fazit: Sicher wird das Überschießen der Politik das Wachstum irgendwann bremsen. Aber wohl nicht 2010. Man kann eigentlich nur hoffen, das Peking bald wieder zu der Politik der kleinen Schritte zurückkehrt. Ich selbst achte besonders auf die Inflationsrate. Gerät die außer Kontrolle, müssen die chinesischen Wirtschaftsplaner den Geldhahn abdrehen und die dann entstandenen Blasen platzen lassen.
Arnout van Rijn ist Senior-Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Robeco in Hongkong und managt den Aktienfonds Robeco Asia Pacific Equities